Frömmigkeit

[214] Frömmigkeit (abgeleitet von fromm, mhd. vrum, ahd. fruma, eigentlich = der Nutzen) heißt die durch das Gefühl der Abhängigkeit vom Göttlichen hervorgerufene Gesinnung. Diese [214] Gesinnung führt alles Sein und Geschehen in Natur, Geschichte und im persönlichen Leben, wie nicht minder alle moralischen Gebote auf Gott als das letzte Prinzip zurück. In dem religiös gestimmten Gemüte wird die Vorstellung Gottes zum Mittelpunkte aller Vorstellungen, Gefühle und Triebe und erregt im Ich, wenn dies nicht in Harmonie mit jener ist, Unlust (Furcht vor Gott), sobald es aber sich in Harmonie mit jener fühlt, Lust (Gottseligkeit). Ihrem Wesen nach kann die Frömmigkeit gleich tief und stark sein, wie man sich auch Gott dabei vorstellt: ein Buddhist, ein Jude, ein Katholik und ein Protestant können gleich fromm sein. Wahre Frömmigkeit beweist auch in milder und sanfter Gesinnung, in Taten der Nächstenliebe und in der Moral. – Frömmelei dagegen ist die aus Furcht oder Selbstsucht entspringende Affektion der Frömmigkeit. Vgl. Schleiermacher, Reden über die Religion. 1799. Ziller, Allgem. phil. Ethik. Langensalza 1880.

Quelle:
Kirchner, Friedrich / Michaëlis, Carl: Wörterbuch der Philosophischen Grundbegriffe. Leipzig 51907, S. 214-215.
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