2. Kapitel.

In der Schule.

[14] »Griffel, Feder, Tintenfaß,

Geh in Schul' und lern' etwas«.


Es sprach das dumme Hänscheneinst:

»Wie haben's gut die Hafen!

Sie brauchen nicht zur Schule gehn,

Sie tummeln frei im Rasen«.

Der kluge Karl sprach: »O wie dumm!

Zur Schule geh' ich gerne.

Ich lerne gern und freue mich,

Daß ich was Rechtes lerne«.


Von Ehrfurcht sei erfüllt dein Sinn

Vor Lehrer und vor Lehrerin.


Sei dankbar für den Unterricht,

Das Wissen ist des Geistes Licht.
[14]

Das Lehramt ist gar mühevoll,

Das Kind es nicht erschweren soll.


An Fleiß sowie Aufmerksamkeit

Laß fehlen es zu keiner Zeit!


Schabernack und losen Streichen,

Ob in Thaten oder Wort,

Bleibet ferne; zu dergleichen

Ist die Schule nicht der Ort.

Witzig, meint ihr, wäre das?

Nein, es ist ein dummer Spaß!

Auf dem Feld und auf den Gassen

Seid mutwillig, ausgelassen.

In der Schule aber – nein;

Da ist's albern und gemein.


Ist auch der Lehrer manchmal streng

Und giebt dir eine Tatze,

So sollst du drum ihm grollen nicht

Und schneiden keine Fratze.

Zu deinem Besten straft er dich,

Will deinen Eifer spornen.

Der Schatten ist dem Licht gesellt,

Und Rosen haben Dornen.
[15]

Gegen Mitschüler.

Friedfertig und gefällig seid,

Ohne Hochmut und ohne Neid.

Der Armen und der Schwachen

Dürft ihr nicht spotten und lachen.

Niemand sollet ihr kränken

Und stets an das Sprüchlein denken:

»Was du nicht willst, daß man dir thu',

Das füg' auch keinem andern zu!«


2. Kapitel: In der Schule

Hurrah! Die Schul' ist aus.

Jetzt geht's nach Haus.[16]

Jetzt geht's ins Freie,

Unter Himmels Bläue,

Auf grüne Wiesen,

Wo Blümlein sprießen

Und Bächlein fließen;

Hinaus in den Wald,

Wo der Ruf des Kuckucks erschallt.

Ha, welche Lust!

Wie sie jauchzen aus jubelnder Brust.

Durch Bein und Mark

Es hallet und gellt.

Treib's, junges Volk, nur nicht zu arg!

Ihr seid nicht allein auf der Welt.
[17]

Quelle:
Adelfels, Marie von: Des Kindes Anstandsbuch. Stuttgart [1894], S. 14-18.
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