Bleipflaster

[136] Bleipflaster (Emplastrum saturninum), eine Auflösung irgend eines Bleikalks in Baumöl, bis zur Konsistenz eines Pflasters. Seine Bereitung erfordert Behutsamkeit. Wo es dem Verfertiger[136] frei steht, irgend ein Bleipräparat dazu zu wählen, da ist die Glätte vorzuziehen, da sie wohlfeiler und am gewissesten rein ist; ausserdem bestimmt Hagen das Verhältniß des Bleiweißes zum Oele wie 2 zu 1, und das der Mennige zum Baumöle wie 2 zu 3.

Man wählt einen kupfernen Kessel mit rund ausgetriebenem Boden (damit der Bleikalk wohl aufgerührt werden könne), schüttet zwei Theile Baumöl mit Einem Theile recht fein geriebner Bleiglätte zugleich hinein, giebt ein Feuer, wodurch das Oel bald ins Aufwallen geräth, und rührt mit einem hölzernen Spatel den Bleikalk unaufhörlich vom Boden auf von Anfange bis zu Ende der Bereitung, damit er immer schwebend zwischen dem Oele erhalten uns so leichter aufgelöset werde.

Von Zeit zu Zeit gießt man etwas weniges, etwa eine Unze, Wasser hinzu, wodurch das Braunwerden des Pflasters verhütet und die Hitze gemäsigt wird. Ehe das zugegoßne Wasser verdampft ist, muß schon wieder frisches Wasser zugegossen seyn.

Da aber das kalt hinzugegossene Wasser ein großes Geräusche, ein Umherspritzen und gar leichtes Uebersteigen des Oels verursacht, wenn der Kessel über dem Feuer steht, so muß der Kessel ehe man das Wasser zugießt, jedesmal abgenommen werden.

Dieser Umständlichkeit und mühsamen Vorkehrung kann man überhoben seyn, wenn man einen Topf mit heißem Wasser, an dessen Boden eine kleine mit einem Hölzchen leicht verstopfte Oefnung befindlich ist, dicht an den Kessel setzt, so daß aus der kleinen Oefnung nicht allzu häufige Tropfen Wasser nur ein Paar Zoll hoch in den Kessel fallen, und so das auf dem Oel nöthige Wasser unvermerkt erneuern.

Daß das Wasser meistentheils oder gänzlich verdampft sey, kann man daraus schließen, wenn der Dampf von der Mischung nicht gebogen oder wolkicht, sondern gerade in die Höhe steigt, die Masse nicht aufwallt, und ein auf glühende Kohlen gefallener Tropfen kein Knistern verursacht. In diesem Falle dreht man den kleinen nicht völlig passenden Stöpfel am Topfe etwas lockerer auf, daß die Tropfen geschwinder auf einander folgen.

Während der Arbeit entstehen beim Aufrühren zum Zeichen der Auflösung häufige Luftblasen, das Baumöl verliert seinen Geruch, und die Bleikalke ihre hohe Farbe.

Ist nun nichts mehr von dem Bleikalke in dem Oele zu erkennen, ist die zähe Flüssigkeit eine gleichförmige Masse geworden, von der etwas in kaltes Wasser oder auf einen kalten Stein getröpfelt, sich wie ein weiches Wachs ziehn und rollen läßt, ohne an den Fingern zu kleben, so ist das Pflaster fertig gekocht.

So lange mit dem Kochen anzuhalten, bis eine Probe davon unter dem Wasser ganz hart wird, ist nicht rathsam, weil die Bleipflaster ohnehin mit der Zeit von selbst härter werden. Dieses Sprödewerden wird verhütet, wenn man, sobald die Auflösung vollendet ist, auf jedes Pfund Pflaster etwa ein Loth Wachs zusetzt. Um diese Zeit setzt man auch die andern Harze und Gummiharze hinzu, oder man[137] löset sie in Terbenthin auf, und mischt sie dann zu, wenn das Pflaster schon im Verkühlen ist.

Gewürzhafte Dinge, die ätherischen Oele und den Kampher (in Weingeist aufgelöst) setzt man nicht eher zu, als bis die vom Feuer genommene Pflastermasse schon einigermasen verkühlt ist.

Das übrige Pflaster.

Bleipflaster dienen den Verband auf Wunden und Geschwüren fest zu halten, den Zugang der freien Luft zu verwehren, und eine kühlende und adstringirende Wirkung auf der Haut auszuüben. Auf andre Weise gebraucht schaden sie häufig.


Quelle:
Samuel Hahnemann: Apothekerlexikon. 1. Abt., 1. Teil, Leipzig 1793, S. 136-138.
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