Pflaster

[206] Pflaster (Emplastra) sind künstliche Zusammensetzungen von fester, zäher Konsistenz zu äußerlichem Gebrauche bestimmt. Da aber diese Bestimmungen der Pflaster seit undenklichen Zeiten oft mehr durch hergebrachte Einführungen, oder egoistische blinde Vorliebe der Urheber für eine selbst erdachte Komposition geleitet wurden, so läßt sich bei der ungeheuren Zahl Pflaster von oft sehr zusammengesetzter Natur schwerlich von den meisten errathen, wozu sie dienen sollen.

Man sieht wohl, daß die meisten dazu dienen sollen, eine klebende, die äußere Luft entfernende Bedeckung für die Verbandstücken auf äußerlichen Beschädigungen, abzugeben; hiezu dient jedes klebende Pflaster, je einfacher und unarzneilicher es ist, desto besser.

Andre sollten zugleich die beschädigten Theile befestigen, und die entfernten Lefzen frischer Wunden, oder die Ränder alter Geschwüre näher an einander halten, und in Vereinigung bringen, wozu weit mehr Zähigkeit als zu erstern gehört. Die sogenannten Heft- oder Klebpflaster, deren Hauptingredienz Harze sind, dienten hiezu, wiewohl die nicht erhitzenden Thierleime hiezu tauglicher wären, Goldschlägerhäutchen, englisches Pflaster, u.s.w.

Andre Pflaster sollten tiefer und arzneilicher auf die unter der Oberhaut liegenden lebendigen Theile wirken, Entzündungen entfernen, wie die Bleipflaster, Schmerzen stillen, wie die mit Mohnsaft, Safran und Kampher vermischten, oder reitzen und entzünden, wie die mit erhitzenden natürlichen Balsamen, Harzen und Gummiharzen zusammengesetzten Eiterungspflaster, oder blos Schmerzen erregen und die Oberhaut zu einer Wasserblase erheben, wie die mit Kanthariden gemischten, oder noch tiefere, zuweilen durch das ganze lymphatische System gehende Veränderungen bewirken, wie die Merkurialpflaster, u.s.w.

Wenn sie diese und ähnliche jedesmahlige Absichten wirklich erfülleten, so wären sie allerdings wichtige äußere Mittel; aber bei sehr vielen ist dieses der Fall nicht; die Arzneisubstanz ist oft zu dicht in das Klebwerk eingewickelt, als daß sie hindurch und in die Haut wirken könnte, und die Mischung ist oft so widersprechend, daß ein Ingredienz durch das zweite, dritte, oder vierte in seiner Natur geändert, oder seine Wirkung zerstört oder doch sonst zweckwidrig wird, u.s.w.

Im allgemeinen fordert man in pharmazeutischer Hinsicht von einem gut bereiteten Pflaster, daß es in der Kälte trocken und hart sei und die Finger nicht beschmuze, bei gelinder Wärme biegsam und weich werde, daß es gehörig klebe sowohl an der Leinwand, worauf es gestrichen wird, als auf der Haut, wo es liegen soll, und daß die Ingredienzen genau und innig untereinander gemischt worden. Es muß daher durchgängig: von einerlei Farbe seyn; ein bröcklichtes, buntes Pflaster hat weder rechte Konsistenz, noch innige Mischung.[206]

Man hat die Pflaster nach den Substanzen, die ihnen die Konsistenz geben, theils in Bleipflaster (Auflösungen eines Bleikalks in fetten Oelen durch Kochen bereitet, m. Bleipflaster) theils in Wachspflaster (w.s.) eingetheilt, welche letztere ihre Zähigkeit oft durch Wachs, oft aber zugleich und hauptsächlich durch beigemischte Harze, Terbenthin und s.w. erhalten, wobei man die allzu große Bindekraft häufig durch zugesetzte Fette, Talg, u.s.w. mildert.

Reine Bleipflaster bedürfen, um zu kleben, und sich gleichförmig aufstreichen zu lassen, wenigstens eines Zusatzes von gelbem Wachse, zu 1/16 bis 1/12 des Ganzen.

Wenn, nach Entfernung der zusammengeschmolzenen Pflasteringredienzen vom Feuer, Pulver oder sehr flüchtige Substanzen genau damit vereinigt werden sollen, so geschieht die innige Mischung durch Rühren, Drücken und Reiben mittelst des Agitakels (w.s.), nach beinahe völliger Erkaltung und Abtheilung der einzelnen Stücke Pflaster aber durch Kneten und Dehnen, Malaxiren, worauf sie auf einem befeuchteten, glatten Steine in Stangen ( Magdaleo nes) ausgerollet, und (jedes besonders) in Papier gewickelt werden, worauf der Namen des Pflasters geschrieben stehet, die Verwechselung zu vermeiden.


Quelle:
Samuel Hahnemann: Apothekerlexikon. 2. Abt., 1. Teil, Leipzig 1798, S. 206-207.
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