Oefen

[145] Oefen (Furni, Fornaces). Vorrichtungen, das Feuer zu verwahren, seine Grade zu regieren, und seine Hitze möglichst zur Bearbeitung arzneilicher Substanzen zu verwenden, nennt man gute pharmazeutische Ofen. Fast für jede durch Hitze zu vollführende Arbeit in der Offizin läßt sich ein besondrer, vorzüglich angemessener Ofen denken. Aber mehrere Rücksichten gebieten, die Zahl der pharmazeutischen Oefen dergestalt einzuschränken, daß die vorräthigen zu jeder gewöhnlichen Arbeit so eben hinreichen, dabei aber nur mäßigen Raum einnehmen, zur Anschaffung nur mäßige Kosten erfordern, und doch dauerhaft, bequem, leicht regierbar, und so eingerichtet sind, daß Aufsicht und Feuermaterial möglichst erspart werde. Mit einem Worte, es wird nöthig, solche Oefen im Laboratorium zu haben, welche zu gleich zu mehrern verschiednen Arbeiten dienen oder doch leicht dazu eingerichtet werden können.

Doch auch hier giebt es einen Abweg, den man zu vermeiden hat. Ich meine jene künstlich ausgesonnenen Sparöfen, in denen man alle Arten sehr abweichender Arbeiten (von der Digestion an bis zum Glasschmelzen) zugleich vollführen und keinen Hauch von Wärme, den das Feuermaterial von sich giebt, unbenutzt vorüber gehen lassen will. Wer hat aber täglich Arbeiten in jedem Wärmegrade? Wie leicht geräth ein so künstliches Wesen ins Stocken, in Verfall? Wie kostbar ist die Anlage, und die Unterhaltung in gutem Stande? Wer rechnen kann, wird solche Unternehmungen nicht allgemein empfehlen.

Unter pharmazeutischen Oefen im engern Verstande kann ich auch nicht jene besondern Vorrichtungen zur fabrikmäßigen Bereitung einiger einzelnen Artikel mitnehmen, welche gewöhnlich vom Apotheker nicht bereitet, sondern gekauft werden. Z.B. Scheidewasserbrennerei, Kampherraffinerie, Bereitung des blauen Vitriols, des Sublimats, des Salmiaks, des Zinnobers, der Mennige, u.s.w. Hierüber findet man in andern Schriften Auskunft; m.s. Laborant im Großen.

Man pflegt die Arbeitsöfen gewöhnlich in drei Theile, so zu sagen, in drei Stockwerke abzutheilen, in das unterste, den Aschenherd (Cinerarium, Conisterium) den Sammelplatz der durch den Rost (Crates, craticula) fallenden Asche – in das mittlere, den Feuerherd (focus) welcher das über dem Roste liegende Feuermaterial aufnimmt – und in den obern Theil, den Arbeitsort (Ergastulum, Operarium) über dem Feuerherde, um da die zu bearbeitende Materie in ihrem Gefäße hinzustellen, in Destillirgefäßen, in Kapellen, u.s.w. Diese[145] Unterschiede lassen sich aber nicht überall anwenden, und oft fallen zwei dieser Theile in eins zusammen, so wie die Umstände es besser heißen. Ehedem pflegte man auch in allen pharmazeutischen Oefen drei Thüren anzubringen, in den Aschenherd eine, in den Feuerherd eine und in den Arbeitsort eine. Aber auch hieran kann man sich nicht genau binden.

Die Aschenthüre soll (außer der Bequemlichkeit, die Asche dadurch ausleeren zu können) auch zum Eindringen der freien Luft zur Unterhaltung des Feuers dienen. Diese einzelne Oefnung giebt aber gewöhnlich einen nur einseitigen Zug, welcher nur in einer geraden Linie (von der Aschenthüre bis zur obern Rauchröhre gezogen) die meisten Kohlen zerstört und was in dieser Linie liegt mehr erhitzt, als die außer dieser Linie stehenden Theile des Arbeitsgefäßes. Soll es ja eine einzelne Oefnung seyn, so ist ein Schieber vorzüglicher, durch den man die Grade des Feuers besser regieren kann.

Die Thüre zum Feuerorte suche man ja ebenfalls zu ersparen, wo es sich nur thun läßt. Das Feuer wirft sie schief; sie paßt dann nicht genau, und verkürzt dadurch mehr oder weniger den Zug, der am besten allein unter dem Roste herauf kommen sollte. Steht sie überdieß hoch über dem Roste, so dringt bei jeder Oefnung kalte Luft an das Arbeitsgefäß, die es leicht zersprengt. Steht sie tiefer, so kann man durch sie die Kohlen nicht wohl bis zu der nöthigen Höhe anhäufen, ohne daß sie durch die Thüröfnung wieder herausfielen. Ein Schieber statt dieser Thüre giebt keine Verbesserung.

Die Thüre zum Arbeitsorte sollte bei pharmazeutischen Arbeiten fast allemal wegfallen. Bei weitem leichter, bequemer und sichrer arbeitet sichs, wenn man sein Werk von oben einsetzen, von oben herab besichtigen, und handhaben kann, und Arbeiten, die die Lage seitwärts durchaus erfordern, wie die in der Muffel, das Probiren und das Feinbrennen des Silbers in großen Massen, kommen ja eigentlich in der Pharmazie nicht vor.

Der Rost ist eine sehr wichtige Erforderniß für die meisten pharmazeutischen Oefen, selbst für die, welche mit Holze geheitzt werden. Er trägt das Feuermaterial so, daß es von untenher überall Zugang von der freien Luft haben und so völlig verbrennen, nicht aber (wie bei denen ohne Rost) unverbrannt in die Asche versinken kann, welche durch den Rost, wie durch ein Sieb durch eigne Schwere, abgesondert wird. Damit aber die Asche und die kleinen Köhlchen leicht durchfallen können und so der Luftzug ungehindert bleibe, dürfen die Roststäbe nicht zu enge beisammen stehen, aber auch nicht allzuweit von einander, daß nicht auch die größern Kohlen ungenutzt in den Aschenherd fallen. Drei achtel Zoll bis einen halben Zoll Entfernung bildet den rechten Zwischenraum. Das Durchfallen der Asche noch mehr zu erleichtern, kehren die viereckigen Roststäbe sämmtlich eine ihrer scharfen Kanten in die Höhe.

Bei größern viereckigen Oefen, welche oben mit einer Kapelle oder[146] einem Destillirgefäß bedeckt sind, pflegt man obenherum, vier Zuglöcher (Spiracula) anzubringen, die, wenn sie durch Schieber verenget werden können, Register genannt werden. Bei kleinern Oefen geht dieß nicht an, der Raum wird zwischen diesen Zuglöchern zu enge, als daß man ohne Gefahr, sich zu verbrennen, den Arbeitsgefäßen sich nahen könne, und die Löcher blos an einer Seite anzubringen, giebt einen unvollkommnen, blos einseitigen Zug.

Die Oefen, welche zu größern, oft vorkommenden Arbeiten gebraucht werden, müssen fest, von Steinen aufgemauert werden (furni stabiles), indeß die zu kleinern Arbeiten bequemer aus andern Materien verfertigt, und tragbar (furni portatiles) gemacht werden.

In Absicht des verschiednen Zugs entweder blos an oder über die zu bearbeitende Substanz theilt man die Oefen auch ein in den einfachen (furnus simplex) (Taf. I, A) wo die Hitze des brennenden Feuermaterials nur so eben die Gegend des Arbeitsgefäßes, ohne verstärkten Zug, erreichen soll (man nennt ihn auch das Feuer- oder Kohlenbecken) – in den Windofen (furnus anemius) wo der Feuerzug über das Arbeitsgefäß hinaus durch obenangebrachte Zugröhren erhöhet und verstärket wird (Taf. I, A, mit dem Aufsatze D) – und in den Reverberirofen (furnus reverberii), wo der Feuerzug nicht nur über den Körper des Ofens erhöhet, sondern auch so geleitet wird, daß die Glut um das Arbeitsgefäß herüberspielen muß durch eine darüber gesetzte Kuppel (operculum, turris) dazu genöthigt; m.s. Taf. I, G, F, A, H.

Zu den gebräuchlichsten pharmazeutischen Arbeiten reichen folgende Oefen hin. Taf. I. A, ist der obere Theil eines einfachen Ofens von ovalem Durchschnitte aus starkem Eisenbleche verfertigt, und inwendig, in d, d, d, d, schief zu mit einem Teige, aus Lehm, Hammerschlag und Ochsenblut zusammengeknetet, ausgeschlagen, ein Beschlag, der von den an der innern Seite des Ofens angebrachten eisernen gekrümmten Stiften noch fester gehalten, und durch ein jählinges Feuer getrocknet wird. Dieser Obertheil A ist der Behälter des Feuermaterials, und steht eingefalzt auf dem Aschenbehälter H, welcher, um den Zutritt der freien Luft von allen Seiten nach innen zu verstatten, ringsum mit einer Reihe Löcher a, a, a, u.s.w. besetzt ist, die (mehr oder weniger) mit thönernen Stöpseln verschlossen werden, wenn man den Zug mindern oder hemmen will. Wo der Auf- und Untersatz zusammenpaßt (in g, g) liegt querüber der ovale Rost B. Nimmt man den Aufsatz A ab, und legt den Rost heraus, so darf man den Untertheil H nur umstürzen, um alle Asche auszuleeren. So fällt denn die (in e) angedeutete Aschenherdsthüre als gänzlich überflüssig hinweg.

Was die Anwendung dieses einfachen Ofens betrifft, so darf man blos, wenn der Ofen mit angezündeten Kohlen gefüllet ist, zwei eiserne Stäbe obenherüber legen, um Geschirre zu gewöhnlichen Dekokten, oder Pfannen darauf setzen zu können, zu Abdampfungen,[147] bei denen es nicht so genau auf einen bestimmten Hitzgrad, oder auf Abhaltung der etwa hinein fliegenden Loderasche ankömmt. Einige Arbeiten im Schmelztiegel, die nicht allzuheftiges Feuer erfordern, vollführet man in diesem Ofen, wenn man den Ring des aus Eisenstäben verfertigten Einsatzgestells (C) oben auf den Rand des einfachen Ofen passet, so daß der Schmelztiegel (x) auf der kleinen eisernen Platte (i) tief genug in dem Ofen zu stehen kömmt, um ihn um und um in glühenden Kohlen erhalten zu können.

Zu Arbeiten, welche bestimmtere, auch wohl erhöhetere Hitze, und sorgfältigere Reinlichkeit verlangen, nimmt man den Aufsatz D, eine in der Mitten f ausgeschnittene Platte von gegossenem Eisen, an beiden Seiten mit einer mehr oder weniger langen blechernen Röhre von zwei Zoll im Durchschnitte, besetzt, durch welche der Zug verstärket und die nöthigen Kohlen eingetragen werden. Ist nun der einfache Ofen (A, H) mit dieser Platte (D) bedeckt und in der Fuge mit Lehm verstrichen, so wird er zu einer Art Windofen. In diesen zirkelförmigen Ausschnitt (f) der Platte (D) setzt man nun genau passende Geschirre zu Abdampfungen, freies Feuer erfordernde Sublimirgefäße, und Retorten (indeß die übrig bleibenden Räume mit Scherben und Lehm verdichtet werden), vorzüglich aber die eiserne Kapelle (Catinus. Taf. I. E) die man entweder mit Wasser oder mit gesiebtem, und geglühetem Sande anfüllt, um so entweder aus dem Wasserbade oder aus dem Sandbade destilliren, oder darin digeriren zu können.

Will man aber im Reverberirfeuer destilliren, so stellt man auf den einfachen Ofen (A, H) noch den eisernen Reif mit seinem Ausschnitte (m) worin der Schnabel der Retorte liegt, welche in dem obbeschriebnen eisernen Hanggestelle (C) ruht, und setzt die Kuppel (G) darüber mit ihrer, noch durch mehrere Aufsätze zu erhöhenden Zugröhre (n), wodurch die nöthigen Kohlen von Zeit zu Zeit nachgeschüttet werden. So entsteht aus dem einfachen Ofen (A, H) der Reverberirofen G, F, A, H.

Zu großen, gangbaren Destillationen bedarf man eines eignen Blasenofens (furnus vesicae) Taf. II. dessen beste und einträglichste Bauart, wie man gezeichnet findet, in dem schlangenförmig um die Blase sich windenden Feuerzuge besteht. Dieser Feuerzug wird von Backsteinen (P, P, P) gebildet, die aus dem Ofengemäuer in spiralförmigen Windungen hervorragen und so die Blase (N) umfassen. Oben endigt sich dieser Feuerzug (bei y) in eine gemauerte Rauchröhre (Q). So von allen Seiten mit Glut umspühlt, kann die Blase bei geringer Feuerung weit mehr leisten, als sie bei vielem Feuermaterial thun könnte, wenn sie so frei in einem hohlen Gemäuer steht, wo die Glut des Feuers schnell die Rauchröhre ungenutzt erreicht, ohne der Blase viel Hitze mitzutheilen und doch nur einseitig, da wo die Flamme in der geradesten Linie nach der Rauchröhre zueilt. Um diese Spiralgänge von Zeit zu Zeit von Ruß zu reinigen, sind äußerlich[148] auf drei Seiten des Ofengemäuers leicht verstrichene Einsetzsteine mit Ringen angebracht, die man nur herausnehmen darf, um zu den Gängen gelangen zu können.

Eben so bedarf man, wo häufige und anhaltende Digestionsarbeiten vorkommen, eines eignen Ofens dazu, des Digestoriums (Tafel. III). Ist der Thurm I. einmal mit Kohlen angefüllt und seine obere Mündung (o) luftdicht verdeckt, so verzehren sich letztere, je nachdem man den Zug durch den Aschenherdsschieber (s) gestellt hat, in so abgemessener Art und wenn man will, so allmählich, daß man zwei und mehrtägige Digestionen ohne sonderliche Aufsicht beendigen kann. Vom Roste (r, r, r, r, r, r,) aus, geht der Feuerzug o bei t, t, t, t, hin und zum Schlotte q heraus. Am wohlfeilsten wird der Sandkasten an den Wänden p, p von Backsteinen aufgemauert, die Platte von gegossenem Eisen dient zum Boden des Kastens, und giebt von untenher erhitzt dem Sande im Kasten die nöthige Wärme; oder der ganze Kasten p, p, u, u ist von gegossenem Eisen.

Wird der Sand aus dem Kasten genommen, so können seine aromatische Kräuter oder andre Gewächssubstanzen darin getrocknet werden, welche an der Luft nicht wohl trocknen, und leicht in Verderbniß übergehen. Da aber überhaupt alle arzneilichen Gewächssubstanzen, deren Kraft in einem geruchvollen oder sonst flüchtigen Wesen liegt, allemal viel leiden, wenn sie zum Aufbewahren langweilig an der Luft, oder zum Pülvern schädlicherweise in oder auf Bäckeröfen getrocknet werden, wo die Hitze bald zu schwach bald zu stark, überhaupt aber unbestimmt ist, so thun wohleingerichtete Offizinen gut, sich eine ähnliche Vorrichtung zum Trocknen nach Art des Digestoriums anzulegen, nur so daß die eiserne Platte u, u möglichst groß und nicht mit Sande beschüttet sei. Wollte man die Vorrichtung auf der andern Seite des Digestoriums anlegen, so könnte der Thurm des Digestoriums damit verbunden und die Trockenplatte dann geheitzet werden, wenn man die Digestionen beiseite setzen kann. Dann käme ein Schieber zwischen u und r, um die Feuerflucht t, t, t, t so lange zu schließen, als man die Hitze unter der Trockenplatte braucht.

Ein für feine Arbeiten, z.B. die Destillation und Rektifikation des Vitrioläthers, des Weingeistalkohols, des Salpeteräthers, des versüßten Salpetergeistes, und in der Stube vorzunehmende Digestionen u.s.w. ungemein bequemer Ofen, ist der Lampenofen (Taf. III. L, M); ein hohler Zylinder (L) von Eisenblech, gegossenem Eisen, oder, am besten, von gebranntem Thone, welcher unten in y einen, das Drittel des Umkreises betragenden Ausschnitt hat, das Lampennäpfchen w aufzunehmen, oben aber offen ist, um die Sandkapelle von Eisenblech z einzulassen, welche an der Seite einen Ausschnitt hat, für die Aufnahme eines Retortenhalses. Je nachdem man mehr oder weniger Hitze nöthig hat, zündet man mehr oder weniger Dochte im Näpfchen w an, deren jeder, wie man sieht, aus einem kleinen beweglichen Trichter von[149] Zinn hervorragt, um nach Gefallen ihrer mehr oder weniger in das Näpfchen setzen zu können, welches so wie der ganze Lampenapparat x, v, w von reinem Zinne ist; die in x umgestürzte mit Baumöl gefüllte gläserne Flasche M ausgenommen. Letztere läßt immer nur so viel Oel ausfließen und durch den Kanal v in w übergehen, als eben zur Benetzung der Dochte zureicht.

In dieser Vorrichtung kann man zwölf- und sechszehnstündige Destillationen und Digestionen vornehmen, ohne für eine Minderung der Hitze besorgt zu seyn, da völlig reines helles Baumöl (von dem dickern, leicht gerinnbaren untern Theile aus großen Standflaschen abgegossen) die Flamme eines Dochtes von feiner Baumwolle recht wohl zwölf bis sechszehn Stunden unterhalten kann, ohne daß man die Schnuppe indeß hinweg zu nehmen nöthig hätte. Dieß ist aber auch die einzige Oelart, welche diese Forderung zu leisten vermögend ist; man müßte denn den weit kostbarern Weingeist brennen wollen.

Der Ausschnitt y im Ofenkörper L ist völlig hinreichend, die nöthige Luft zur Unterhaltung der Flamme darzureichen; es bedarf keines Ausgangszugs obenher.


Tab. I
Tab. I

Tab. I


Tab. II und III
Tab. II und III

Tab. II und III


Quelle:
Samuel Hahnemann: Apothekerlexikon. 2. Abt., 1. Teil, Leipzig 1798, S. 145-150.
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