Venusfrauenhaar

[345] Venusfrauenhaar, Adiantum Capillus veneris, L. [Zorn, pl. med. tab. 332] mit zwiefach zusammengesetzten Blattzweigen, deren wechselseitig stehenden Blättchen in keilförmige, gelappte und gestielte Queerstücke getheilt sind; ein im wärmern und gemäsigtern Europa, auch in der Schweitz, Tyrol, Görz, u.s.w. an beschatteten, feuchten Felsen, innerhalb der Brunnenmauern, u.s.w. einheimisches perennirendes Farnkraut, dessen etwa spannenlanges, schwarzstenglichtes Kraut (Hb. Capilli veneris, Adianti, Adianthi nigri) einen schwachen, aber angenehmen Geruch und einen süßlichtzusammenziehenden, gelindbitterlichen, nicht unangenehmen Geschmack hat. Man bedient sich desselben fast einzig, um aus dem mit kochendem Wasser bereiteten, (etwas schleimichten, und viel adstringirendes Wesen verrathenden) Aufgusse mit Zucker einen Sirup (Sirop capillaire, Syrupus capillorum veneris) einzukochen, den man noch heiß mit gröblich zerstoßenem Kraute infundirt, und nach der Erkaltung durchseihet. Einige erhöhen auch seinen Geruch mit etwas wenig Pomeranzenblüthwasser. Dieser Syrup wird wenig in unsern Apotheken bereitet; öfter aus Montpellier eingeführt. Fast blos zum Luxus scheint er unter Arzneien genommen zu werden, da man wenig von den dem Kraute (ob mit Grunde?) zugeschriebenen Tugenden in Husten, Anfüllung der Brust mit Schleim und in Heiserkeit in dem Sirupe zu erwarten hat, zumahl da die Gewinnsucht öfters blosen Zuckersirup an seiner Stelle verkauft.

Oft wird an der Stelle dieses Krautes Fußfrauenhaar (w.s.) oder auch Frauenhaarmilzfarn (w.s.) genommen.


Quelle:
Samuel Hahnemann: Apothekerlexikon. 2. Abt., 2. Teil, Leipzig 1799, S. 345.
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