Leben der Schwester Caroline

[76] [76] Caroline Albertine Michaelis geb. 1862[!], ist die aelteste Tochter aus zweiter Ehe die erwachsen. Sie kam in ihren 14ten Jahre nach Gotha zu der Frau Hofräthin Schleger, geb. Schauer [?] welche eine Hannoveranerin an den berühmten Bibliothekar verheirathet ward. Eine wissenschaftlich gebildete Frau welche eben so ausgezeigent wegen ihrer feinen Lebensart u. Sitte war wie wegen ihrer Kenntnisse u. darum besucht von Gelehrten u. wissenschaftlich gebildeten Frau[en] wie Männer[n] aus den ersten Klassen. Hier war meine Schwester 2 Jahre wo sie nach Göttingen zurück kehrte um confirmirt zu werden. In Gotha hat sie sich jugendliche Freundinnen erworben u. sie lebte in Umgang mit den Fr. v. Lichtenstein, wie Studnitz, mit welcher sie auch lange corespondirte bis die aelteste ihr genauste Freundin früh starb. Diese Corenspondenz war in fr[anz.] Sprache. Besonders blib [?] sie aber bis zu ihren Tode, ja ich möchte sagen noch nachwirkend die enge Verbindung mit Louise Stieler nachher vermählte Gotter, der bekannt ist, besonders als Verfasser von Lustspielen und treflicher Gelegenheitsdichter. Das sie nicht schön war, aber doch geistvoll u. nachher bewundert u. viel geliebt, ist daraus zu merken weil meine gute Grosmutter ihr 1000Leben der Schwester Caroline vermachte da sie ihren Geist der ihr Freier erwerben würde, mehr wie villeicht je ein Mädchen oder eine junge Wittwe [ausbilden mußte?], weil sie glaubte sie würde eben wegen den eigentlichen Mangel an Schönheit unbemerkt u. ungesucht bleiben. Es waren nicht Liebhaber es waren Freunde wie Freier welche sie auf den Lebenswege gefunden.

Es war ja wohl im Jahre 76, nachdem der Bruder mit dem sie in hoher Freundschaft lebte, zurück kam, u. dessen Wiederkunft ins Elterliche Haus manche Männer ins Haus brachte, so auch Herr v. Ramdohr, der ihr auch seinen Zoll von Bewunderung brachte, dessen ich mich noch entsinne, von Strasburg wo er studirt hatte. Wie sie zurück kam aus Gotha, wo der Bruder sie auch besuchte, wurde sie bald darauf mit dem Sohn des Geheimejustitzrath Böhmer verlobt, nachdem er längere Zeit um sie geworben. [Randnotiz: Ehe sie mit Böhmer verlobt, ward sie auch von den damaligen Magister Blumenbach gesucht.] Er kam ihr an Geiste nicht gleich, war aber ein vortreflicher Arzt, u. ein Mann von feinen Gefühl, der mit vielen Männern der damaligen Zeit, wo die Freimauerei[77] noch ein Band war, u. des Iluminatenordens in Verbindung gestanden. Er bekam auch bald – er war Arzt, hatte England besucht wiederholt indem er einen alten Onkel der in der deutschen Kanzelei stand, zum Besuch seiner Verwanten u. Töchter nach Hanover holte, auch war er [der Onkel] mit der Frau Geh[eim rat] Böhmer verschwägert – ich glaube es war 1884 [!] als er eine sehr gute Anstellung in Clausthal als Bergarzt bekam, u. im Frühjahr heirathete. Ich glaube daß Caroline mehr Freundschaft u. Anhänglichkeit fühlte die ein junges Mädchen öfter für Liebe nimmt, wie gerade diese. In Clausthal lebten sie 3 Jahre in glücklicher Ehe, wo sie auch in den angenehmsten Verhältnissen lebten, in der Famille des Generalsuprintendent Dahme, eben eine Tochter von dem alten Onkel Best den Böhmer von Londen holte. Die Häuser waren neben einander u. da vervolkommente sich meine Schwester auch in der engl. Sprache eben wie sie der fr[anzösischen] mächtig war. Auch besonders hatte sie viel Kentnisse der Geschichte so das der berühmte Schlözer der sie als junges Mädchen sehr hoch stellte u. sie öfters Abend zu sich einlud u. nie verfehlte sie selbst in Begleitung eines Dieners der die Laterne vortrug zu Hause zu begleiten, den Vorschlag machte sie solle wie er seine Tochter Dorothea die nachdem beim 50. Jubileum in Göttingen promovirt ward auch ganz der Wissenschaft u. besonders der Geschichte zu weihen, ja Vorträge zu halten. Aber sie lehnte diesen Vorschlag ab, u. ging als Frau Doctorin Böhmer wo sie im Hause des G[eneral] S[uperintendenten] Dahme wo nur engl. geredet ward, in dieser Sprache vervolkomente.

Damals war auch der Oberberghauptmann von Reden, ein hoch gebildeter Mann in Amte in Clausthal, in Zellerfeld Braunsch. der Herr von Trebra Berghauptmann u. der Herr v. Praun nachheriger Minister in Braunsch. die nächsten Freunde, u. ein solcher Umgang konnte nur der Bildung der jungen Frau förderlich sein. Ihr Mann ward aber früh eine Beute seines Berufs. Er starb im Winter der dritten Ehe [!], nachdem sie zwey kleine Töchter geboren, Auguste u. Therese, u. den Sommer von einen dritten Kinde, einen Sohn entbunden ward.

Sie kam nun ins Elterliche Haus zurück u. lebte da wie Tochter im Hause so wie in dem ihres Schwiegervaters, geachtet u. geliebt, bis[78] – sie wieder durch den Tod des Knaben der erst 2 Monate alt war schwer getroffen ward. Bei den Königlichen Prinzen war als Begleiter u. Repetent ein so gebildeter Mann, wie treflich an Geist u. Gemüth. Dieser kam oefter u. oft in unser Haus [Randnotiz: 87] u. ward u. ist der Freund der Schwestern durch[s] Leben geblieben, u. es war oft eine Sache der Neugirde, welcher von ihnen er sein Herz gegeben. Dieß war wohl eigentlich Caroline, u. seine Achtung seine Liebe sprach sich villeicht auch gegen sie aus. Sie folgte indessen noch bei Lebzeiten meines Vaters den Andringen ihres ältesten Bruders in Marburg, u. zog mit ihren beiden kleinen Mädchen zu ihm, da er damals noch nicht sich mit der Frau von Malzburg verheirathet hatte, um ihm sein einsames Leben zu versüßen. [Randnotiz: Reise nach Gotha mit mir 91 Herbst. Antrag des Generalsup. Löfler, abgelehnt aber überlegt [?]. Darum wohl kein Versprechen mit Tatter.] Eine ununterbrochne Correspondenz auch mit dem Legationssek. Tatter zeigte daß sie sich nicht entfremdet hatten. Das erkranken des Vaters ließ ihre Gegenwart wünschen wie derselbe sich auch selbst nach der so geliebten u. ausgezeigneten Tochter sehnte. Sie kam daher etliche Wochen vor seinen Ende [am Rande: 91] zurück u. verlebte den folgenden Winter in Hause mit uns.

Sie hatte in Marburg den Besuch von Lotte die von da auch zur Therese Forster reiste, so wie nach Offenbach zu der Frau von Laroche, mit der beide Schwestern eng sich befreundet hatten. In Marburg fehlte es ihr nicht an Huldigung wie an einen Antrag vom Bruder der Frau von Malzburg, den Herrn von Breitenstein ich glaube diß ist der Name. Auch machte sie da viele Bekantschaften die ihr treu geblieben wie auch [mit] dem Minister von Schenck, der noch kam sie den folgenden Winter [am Rande: 87 [!?]] in Göttingen zu besuchen.

Damals war auch August Wilhelm von Schlegel in Göttingen u. huldigte ihr. Es gab da viele ausgezeigente junge Leute die sich öfter bei uns vereinten. Unter den ausgezeigenten war auch Bürger, bevor er die ihm unglückbringende Heirath machte. Doch diß war wohl den Winter vorher. – Von Seiten von Tatter war u. konnte indessen in seiner Lage die zu unbestimmt war, kein Antrag gemacht werden, u. ist[79] es in dem Sinne auch wohl nie, was mir übrigens, so vertraut ich mit ihm war, nie in der Folge klar geworden.

Den Frühjahr reiste Caroline wieder zu Ihren Bruder. Allein da sie schon bei dem ersten Besuch ihre kleine Therese verloren hatte, mochte sie nicht in Marburg verweilen, u. nahm eine Einladung an in Mainz einige Zeit neben Forsters zu leben2. Sie nahm nun Auguste mit dahin, nachdem sie auch Fr. v. Larouche besucht hatte, u. sich inniger mit ihr befreundet. Bis dahin war das Band nur durch Phillip u. den Sohn der F.v.L. geknüpft der in Marburg studirte. In Mainz gestaltete sich alles wunderbar, u. die fr. Revulution zündete auch da. Forster Wedekind u. viele andere waren thätige Anhänger u. meine Schwester wohl nicht minder. Aller Herzen waren ja bewegt, u. auch schon in Göttingen kamen Briefe an die befreundeten Franzosen, die nur zu aufregbar waren u. aller Gemüther bewegten. Indessen reiste Forster nach Paris, u. seine Frau war es wohl die ihn mit dazu trieb, denn schon wie Lotte in Mainz bei ihr war, merkte sie ein Verhältniß zwischen Huber u. Therese – allein sie war so klug alles zu ihren Gunsten zu wenden. Sie trente sich, Forster starb, u. es ist nur zu gewiß, daß sie es ist welche dieß alles herbei führte, u. was nun Caroline auch nur zu klar ward, u. sie ihr die Achtung versagen mußte die sie sonst zu ihr hatte u. die hohe Meinung verringert ja verlosch. [Am Rande: 91 Bekantschaft mit Schlegel ward [?] den Winter. Rath wegen Butterwek].

Die Belagerung von Mainz kam nun, u. meine Schwester hatte der Forster zulieb zu lange mit der Abreise gezögert. Nun wolte sie es, aber es war eine schwere Sache. Frauen, alte Leute u. Kinder konnten exportirt werden, u. so hatte sie denn mit ihren Kinde, 9 Jahre alt, sich auch auf einen solchen Wagen begeben mit den nöthigen Pässen. Es war auch die Schwester des Wedekind, nachherige Liebeskind, mit einen kleinen Sohn (sie war früher mit den Musikdirektor Forkel vermählt) auf einen der Wagen. Caroline war aus mehr wie einen Grunde nicht befreundet mit dieser Frau, ja kaum bekannt, obwohl sie auch aus Göttingen[80] war. Warum es ward nachdem sie aus der Festung waren geschossen was öfter der Fall sein soll wenn man Exportirte bemerkbar machen will und [?] schützen. Auf den Chausseen kamen sie zurückgetriebenen Truppen entgegen u. mußten wieder einen Theil des Weges zurück u. hier hatten sie die scheußliche Behandlung zu betrachten, die Klupisten zu Theil ward, Blauel u.s.w. Sie fuhren nun langsam weiter bis zum Pr[eußischen] Vorposten. Da angehalten sah man in den Pässen die verrufnen Namen Wedekind u. Böhmer, dieser Name berühmt durch den Klupisten Böhmer einen Schwager meiner Schwester. Ha ha darum ist geschossen! Wie das zusammenhängt weiß ich nicht. Die Frauen wurden ins Hauptquartir gebracht, u. General Kalkreuth hielt sie für verdächtig, da sie gleiche Namen den verpönthen führten, u. sie wurden nachdem man sich ihrer Koffer bemächtigt – die aber meine Schwester als sie frei ward in Frankfurth wieder erhielt, aber alle Sachen wie Geld herausgenommen – nach dem Königstein als Gefangne geführt, wo sie in der schrecklichsten Gesellschaft waren, u. die scheuslichsten Mißhandlungen der eingebrachten Klupisten mit anhören mußten.

Endlich kam ein Brief an welcher Durchgang gefunden hatte. Es wurde von Schlözer der so viel von meiner Schwester hielt, sie so hoch achtete alles versucht bei der hanovrischen Regirung, Caroline frei zu machen. Er schrieb selbst in seiner kräftigen Sprache darüber. Erst nach 8 Wochen ward die Freiheit bewirkt auf dem Wege wie so manches durch eine Freundin meines Bruders des Dr. Michaelis – durch Sophie Bethmann nachherige B[aronin?] v. Schwarzkopf. D. Michaelis war eben zu der Zeit in Pisa, auch der damalige Prinz August welcher in Göttingen studirte hielt sich in der Zeit da auf, u. Tatter war mit ihm. [Am Rande: Briefe v. Tatter lege ich bei an mich.] Mein Bruder wendete sich gleich an diesen. Aber Tatter hatte, so treflich er war, in der Zeit eben wo so vieles falsch ausgelegt ward, den Glauben sich in seiner Stellung nicht conprometiren zu dörfen, u. wolte weil er auch glaubte sich so für Caroline auszusprechen [hieße?] den Glauben hervor zu rufen, er stehe ihr näher wie als Freund, die Art Schwäche nicht für sie zu sprechen. – Gleichzeitig war A.W. Schlegel im Haag als Hofmeister. Er fürchtete nichts. Er hatte keine Rücksichten, u. seine[81] zurückgewißne Liebe trieb ihn dennoch nach Frankfurth. Zu gleicher Zeit kam mein Bruder Dr. Michaelis dahin, er wendete sich gleich an Sophie B. Diese sagte ihm er solle den folgenden Morgen sich in ihren Garten einfinden, der König von P. (der ihr den Hof machte) komme dahin. Er solle eine Bittschrift bei sich haben, zu ihr treten, sie ihr geben. Sie überreichte dieselbe den König u. den folgenden Tag war sie frei!!!! Was der Schlözer nicht konnte der gefürchtete u. geachtete, konnte mit einen Wort ein schönes Mädchen welche den K. verachtete u. ihn nie erhörte. –

v. Schlegel kam nun auch. Er erneuerte seine Werbung u. Dank u. Anerkenung ward ihm, wenn auch noch nicht Erfüllung u. Zusage. Meine[r] Schwester ihre Gesundheit war zerrüttet, die Sache hatte viel reden gemacht, obwohl ihr Ruf nicht gelitten hatte. Sie scheute die Menschen, sie wünschte eine Zeit lang ruhig zu leben. Schlegel schlug ihr Dreßden vor, wo er eine verheirathete Schwester hatte deren Mann Beamter war: Ernst. Dahin ging sie unter einen andern Nahmen, u. lebte stille u. nur in dieser Famille ein Jahr in einen Dorfe nahe bei Dreßden.

Indessen hatten wir unser Haus verkauft. Ich war in Hamburg bei Freunden gewesen, kam nun zurück nach G. als eben meine Schwester Lotte in Wochen gestorben; nichts hielt Mutter u. mich da, u. wir vereinten uns nachdem Caroline noch bei ihren liebsten Freunden in Gotha gelebt hatte, mit Gotters, uns in irgend einer größeren Stadt zusammen zu finden. Wir wählten Braunsch. wo wir sehr bald Freunde fanden [am Rande: 95], Campe, Eschenburg in besonders, mehr noch Männer die auch Schlegel hinzogen der einen Winter da zubrachte [am Rande: 96] in Jena sich setzen wollte um zu lesen, was er Johanis ins Werk setzte. Caroline gab ihm ihre Hand [am Rand: Vermählung Sommer 96], nicht aus Liebe aber Dank daß er in Zeit der Noth ihrer sich annahm. Auch war es wohl ein Gefühl des Hindansetzens von Tatter. Die Corespondenz hatte aufgehört. Tatter hat nie in Leben das schmerzliche Zerreissen der Bande überwunden. Ich bin mit ihm noch so lange bis er nach Petersburg als Gesandschaftss[ekretär] den Graf Münster begleitete, u. bald starb, mit ihm in schriftlicher Verbindung geblieben,[82] u. seine Briefe geben Beweiß welch ein treflicher Mann er war, welch ein treuer Freund, u. er konnte solche Rücksicht haben wie die Fr. v. Stahl in der Delphine schildert u. woran er zugrundeging.

Caroline zog nun nach Jena. Die Tochter Auguste begleitete sie. Es hat wohl nicht leicht eine Frau die nicht schön war mehr Eroberungen durch ihren Geist gemacht wie Caroline, verschieden mit dem was man jezt eine gebildete oder villeicht nur überbildete Frau nennt. Richtiger hat sie kein Mann u. höher gehalten wie Schelling was ein Brief beweist welchen er nach ihren Tode geschrieben u. worin ihr hoher Werth anerkannt (die Beilage ist hiebei). Indessen hat auch Schlegel nie ihren Werth u. ihre Würdigkeit verkannt. Allein sie stimmten eigentlich zu einen Häuslichen beisammen leben nicht genug überein. Doch würde wenn Auguste am Leben geblieben die Scheidung nicht erfolgt sein, obwohl eine Trenung schon bei ihren Tode vorbereitet ja ausgesprochen war, u. sie dieser gemeinsame Verlust wieder näher brachte, seine Liebe zu Auguste, u. ihre Gefühle dabei, wie Schlegel sich auch immer bewiesen hat, wie voller Achtung gegen Caroline, gegen uns daß heist mich u. die meinen, wie treu wie Liebevoll u. theilnehmend, bei allen Ereignissen in meinen Leben.

Wie Caroline so viele Anträge doch gehabt hat von den verschiedenartigsten Männern, ich will nur noch den Generalsuperintendenten Löfler nennen, der in Gotha wohnte u. der wie ich in Herbst nach meines Vaters Tode eine Reise mit ihr dahin machte, dieser in diesen paar Tagen um sie warb. Sie wiederstand aber den Bitten der Gothaer Freunde u. es war auch wohl das innige Verhältniß mit Tatter, was sie abhielt.

Ihre Anwesenheit in Jena gab viel Genuß u. die Jahre bis 99 auch Freuden, wenn sich gleich schon das Verhältniß gegen Schlegel nicht immer für sie erfreulich stellte. Seine viele Abwesenheit, seine mancherlei Verhältnisse mit Frauen die seiner Eitelkeit schmeichelten, wie diese Ungebundenheit die dabei sich zeigte, gaben den Ehelichen Zustande nicht die Dauer die er gehabt haben konnte wenn sie nochmals das Glück gehabt hätte Mutter zu werden. Nun lößten sich die Bande immer mehr. Caroline ward nun am Nervenfieber 99 sehr krank. Damals kam Schelling schon viel zu Schlegels. Die Bande wurden fester. Die[83] Männer waren befreundet. Obwohl Schelling nicht blind gegen Schlegel war achtete er doch was zu achten war. Im Sommer 98 war ich mit Mann u. Mutter wie mit Emma in Jena wo wir sehr glückliche Tage verlebten, mit Paulis [Paulus] die auch den Sommer mit Schelling da zu Mittag aßen, da ihre Köchin erkrankt war. Dann waren Hufelands da, sie eine Schwester von Wiedemann, Loders, sie eine mir befreundete Göttingerin, Fromans. Diese alle mit der nachherigen Döderlein u. Grißbach machte einen ebenso vertrauten wie angenehmen Kreis.

Leider lößte sich manches, die gegenseitigen Verhältnisse auch. Wir reisten zurück u. leider verlor, als Caroline nach ihrer Krankheit 99 ins Bad nach Bockled reiste dorten ihre 15 Jährige sehr liebe Tochter, besungen von Schlegel wie schön, in seinen Gedichten unter Todenopfer an Auguste Böhmer zu lesen. Schlegel war in Jena wie die Trauerpost kam, aber Schelling mit Mutter u. Tochter, u. nur zu deutlich ist es mir, das er an Augusten die jugendliche hing – diß zeigen auch Gedichte dieß leuchtet aus dem Brief über Caroline hervor, wie er schreibt das gemeinsames Unglück sie vereint hätte, vereint nach der Trenung von Schlegel, daß sie stets zusammen leben wolten. Schelling war viel aelter wie meine Schwester welche jezt das Alter von beinahe 81 Jahren haben würde. Beide waren nach Schwaben zu Sch. Eltern gereist, u. dorten den Bitten derselben nachgegeben traute er die beiden. Von nun an trennten sie sich nie wieder, sie haben so gutes wie unangenehmes getheilt; erst in Würzburg, dann die immer glänzenderen Anstellungen in München, aber auch die beschwerlichen Kriegszeiten, u. der Tod meiner Schwester auf einer Reise nach Schwaben zu den Eltern, vernichtete die vorgehabte Reise nach Italien.

Glücklich war meine Schwester, aber die Sehnsucht nach den Toden blieb bei ihr u. machte sie später oft weich. Ihre Liebe u. Teilnahme gegen mich besonders verringerte sich nie, wie mir auch Schelling bis zu dieser Stunde ein ergebner u. treuer Freund geblieben ist – den ich Gelegenheit gehabt habe 6 Monate täglich zu sprechen. Nemlich nach dem Tode von Auguste 1899 [!1800] kam meine arme Kinderlose Schwester zu mir u. lebte den Winter in unserm Hause auch mit meiner Mutter u. erfreute sich meiner lebenden Kinder Emma u. August der[84] kaum 2 Monathe alt war. In Winter kam auch Schlegel aus Berlin, nachdem er den Huldigungen der Schönen müde war, zu uns, u. bewohnte ein Zimmer in unseren Haus u. ging in Frühjahr dahin zurück wo er erst noch einmal 1800 [1801] nach Jena kam u. man sich trente. Wir verlebten mit Viewegs Himly Roose einen sehr angenehmen Winter, aber leider ward er uns auch getrübt, ich verlor meinen schönen Knaben, ein paar Wochen ehe Wiedemann nach Paris reiste. Ich sollte meine Schwester nach Jena begleiten u. indessen bis er mich im Herbst holte da bleiben, meine Mutter in Harburg. Der Tod des Kindes störte die Pläne nicht aber erschwerte mir die Trenung von Wiedemann. In Jena angekommen hatten wir ein schönes stilles Leben, Schelling immer mit uns wenn er Erholung bedurfte, meine arme Schwester aber selten wohl. Die Unzelmann kam nun zu Gastrollen nach Jena, u. Schlegel stellte sich auch ein, u. bald Wiedemann. Wir reisten um uns nie wieder zu sehen.

Nach Carolines Tode schrieb Schelling nach Jena an Carolines beste Freundin Mad. Gotter sie solle ihn in Würzburg entgegen kommen es sei ihm Bedürfniß so liebe Freunde wie sie u. ihre Töchter zu sprechen. Dorten fand er Pauline, Augustens liebe Jugendgespielin da sie bei dem Aufenthalt in Gotha alles u. jedes getheilt hatten. – Nach der Rückkehr nach München bewarb er sich um Pauline, wie Schelling darüber schreibt in den Beilagen so wie über sein ferneres Glück. Gott gebe mir noch die Freude den theuren Mann zu umarmen den ich so sehr liebe u. als Mensch achte. [Späterer Zusatz: Schellings Briefe zeigen wie hoch Er Caroline gehalten.]

Quelle:
Wiedemann, Luise: Erinnerungen von Luise Wiedemann, geborene Michaelis, der Schwester Carolinens. Nebst Lebensabrissen ihrer Geschwister und Briefen Schellings und anderer, zum ersten Mal herausgegeben von Julius Steinberger, Göttingen 1929, S. 76-85.
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