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[480] ein wenig beschäftigen.
Schon die Form des Briefpapiers und der Umschläge ist, je nachdem es geschäftliche, amtliche oder freundschaftliche Schreiben sind, verschieden und werden wir bei den einzelnen Abteilungen näher darauf zurückkommen. Jedenfalls muß das Papier, sei es nun von geringster oder bester Beschaffenheit, tadellos sauber sein. Für freundschaftlichen und Höflichkeits-Briefwechsel, ebenso für Familienanzeigen und Einladungen wählt man möglichst starkes Papier, auch Umschläge, die dicht genug sind, um nichts vom Inhalt des Schreibens[480] durchschimmern zu lassen. Am feinsten gilt weißes, gelbliches oder allenfalls sein graues Papier, die farbigen Briefbogen, namentlich die zartrosa oder eine Zeitlang beliebten knallroten sind nicht jedermanns Geschmack, denn auch im brieflichen Verkehr stört das gesucht Auffallende. Die Form des Papiers und der dazu passenden Umschläge ist – Amtsschreiben und solche geschäftlichen Inhalts ausgenommen – Sache der jeweiligen Mode und bevorzugt diese je nachdem lange, schmale oder viereckige Form für die letzteren. Ob groß oder klein, richtet sich nach dem Inhalt. Für Briefe umfassender Mitteilungen wird man große Bogen, für eine Benachrichtigung von wenigen Zeilen Papier kleineren Formats oder Karten wählen. Der Namenszug, erhaben oder in Gold gepreßt und auf Briefbogen und Umschlag übereinstimmend, wird in neuerer Zeit für Briefpapier als beliebte Verzierung angewendet, solches mit Goldschnitt sieht für gewöhnlichen Briefwechsel schon etwas anspruchsvoll aus und bleibt besser für besondere Gelegenheiten, als Glückwunschschreiben, Einladungen und dergl. aufgespart. Bei ständigem Briefwechsel bediene man sich möglichst stets Briefpapiers von gleicher Farbe und Form. – Der Empfänger muß sozusagen schon von weitem erkennen, von wem der Brief kommt; das stete Wechseln des Briefpapiers macht zum mindesten einen unruhigen Eindruck, jedenfalls keinen stetig vornehmen.
Auch leichter Wohlgeruch mag dem Briefpapier anhaften, aber nur solcher, der angenehm und kaum[481] bemerkbar des Empfängers Geruchsnerven berührt. Nur kein betäubender Duftstrom beim Öffnen eines Briefes, am wenigsten Moschus oder Patschouli, was ganz verfehmt ist und für wenig sein gilt. Man erzielt den gleichmäßig schwachen Duft des Papiers am besten durch Dazwischenlegen von Riechkissen oder getrockneten Blumenblättern.
Bei langatmiger, mehrere Bogen umfassender Korrespondenz die noch unbeschriebene Seite des letzten sparsamer Weise abzutrennen, gilt nicht für schicklich, wird aber trotzdem zuweilen geschehen müssen und zwar dann, wenn dies eine leere Blatt das Porto verdoppeln würde. Man soll in solchem Falle berücksichtigen, daß Schicklichkeit auch in kleinen Dingen zwar etwas sehr Angenehmes, aber schließlich weise Sparsamkeit auch eine Tugend ist, der man Achtung zu zollen hat, überall, wo sie nicht an falscher Stelle.
Mit peinlicher Vorsicht aber soll man auf das Gewicht des Briefes oder der Drucksache achten, welche man versendet damit der Empfänger nicht Strafporto zu erlegen hat. So ein Brief, bei dessen Empfang man zuerst nach der Geldtasche zu greifen hat, um der Lässigkeit des Absenders wegen das Doppelporto zu entrichten, wird jedenfalls mit gemischten Gefühlen geöffnet und käme er auch von lieber Hand. Es ist nicht der Verlust der wenigen Groschen, was dabei verstimmt, sondern die Rücksichtslosigkeit des Briefschreibers, welche nicht für nötig fand, sich vom zulässigen Gewicht zu überzeugen. Es sollte daher auf[482] keinem Schreibtisch die Briefwage fehlen, welche für geringen Preis anzuschaffen ist.
Daß das umständliche Versiegeln der Briefumschläge jetzt fortfällt, da deren gummierte Ränder nur zu befeuchten und übereinander zu kleben sind, ist bekannt. Nur bei amtlichen Schreiben, Geld- oder Wertbriefen kommt es noch in Anwendung, ebenso bei Paketen. Letztere müssen, besonders wo es sich um Geschenksendungen handelt, recht sicher und sorgfältig zurechtgemacht werden, damit schon der äußere Eindruck auf den Empfänger ein angenehmer ist. Man kann gewöhnlich aus der Beschaffenheit der Verpackung auf die Persönlichkeit des Absenders schließen; geschäftliche Sendungen werden immer sauber verpackt ankommen und je größer und seiner ein Geschäft, je mehr Sorgfalt wird der Verpackung gekaufter Gegenstände gewidmet sein.
Das Aufkleben der Marken rechts oben bei Briefen geschieht meist, indem das gummierte Wertzeichen mit den Lippen befeuchtet und dann an seine Stelle gebracht wird. Dieser Unsitte sollten sich wenigstens Damen entwöhnen, da es einen wenig ästhetischen Eindruck macht, sie die Marken erst an die Lippen oder gar Zungenspitze führen und danach auf den Brief pflastern zu sehen. Ein Anfeuchten mit den Fingerspitzen ist in keiner Weise umständlicher oder zeitraubender, man sollte eben nur auf sich achten und sich daran gewöhnen.[483]