August Macke 03.08.1911

[62]  

Bonn, 3. Aug. 1911


Lieber Franz!


Du hättest vor drei Tagen hören sollen, wie das Telephon rasselte. Du hättest sehen sollen, wie mein armes Weib dem schon erschlafften Dienstmädchen den Hörer aus den Fingern löste und ihn auf die Entfernung von einem Meter schaudernd behorchte. Entsetzt sass man in der guten Stube und vernahm das Knattern des Schallbleches: Ist Herr Macke da? – Nein – Warum nicht? – Ja darum nicht! – Aber ich muss ihn sprechen! – Können Sie mir denn nichts bestellen? – Ja, ich muss ihn aber selbst haben, ich warte schon so lange! – Was soll ich ihm denn bestellen? – Gestern Abend ist Fräulein Munter aus München, von der neuen Künstlervereinigung München, die Künstlerin, meine Schwester von der bekannten Münchener Künstlervereinigung angekommen. Wir möchten uns mal treffen ....![62]

Ha –––––––––– a ––– hhhhhh!

Er hat uns Farbentheorien beigebracht. Es war köstlich.

Fräulein Munter ist ganz hervorragend. Ich bin direkt verliebt in sie. Ich glaube übrigens nicht, dass sie eine Schwester ist von ihm.


August Macke 03.08.1911

Es ist sowas Unmögliches, dass ich träumte, es läge ein Verbrechen vor. Wir waren bei uns im Garten zusammen und sprachen von dem Eindruck der Münterschen Sammlung. Ich meinte, Herr Munter wäre ein reizender Mensch, so liebevoll bemüht, so eifrig, in jeder Weise zuvorkommend ....! – Frl. Munter: »Ja, das finde ich auch!« – Ich: »Vielleicht liegt aber gerade in seinem Übereifer etwas, was den Bildern nicht nützt etc.« Sie weiss das. Sie hat einen Brief bekommen von Kandinsky.

Sie ist überhaupt köstlich. Ich möchte mich immer mit ihr unterhalten, aber .... aber – ich trau mich nicht. Der reizende Bruder ist immer mit der Giesskanne in ihrer Nähe.[63]


August Macke 03.08.1911

Von meinen Sachen schien sie einen ganz guten Eindruck zu haben. Ich habe ihr zugeredet, doch all die Leute zu besuchen, und gehe teilweise mit ihr zusammen. Wenn aber ihr Bruder mitreisen sollte, so weiss ich nicht, ob er nicht aus dem Zug fällt.

Nun seid gegrüßt, Ihr Sindelsdörflinger, und schreibt mal,


August und Lisbeth

Quelle:
Franz Marc, August Macke: Briefwechsel. Köln: DuMont, 1964., S. 62-64.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Knigge, Adolph Freiherr von

Über den Umgang mit Menschen

Über den Umgang mit Menschen

»Wenn die Regeln des Umgangs nicht bloß Vorschriften einer konventionellen Höflichkeit oder gar einer gefährlichen Politik sein sollen, so müssen sie auf die Lehren von den Pflichten gegründet sein, die wir allen Arten von Menschen schuldig sind, und wiederum von ihnen fordern können. – Das heißt: Ein System, dessen Grundpfeiler Moral und Weltklugheit sind, muss dabei zum Grunde liegen.« Adolph Freiherr von Knigge

276 Seiten, 9.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Große Erzählungen der Hochromantik

Große Erzählungen der Hochromantik

Zwischen 1804 und 1815 ist Heidelberg das intellektuelle Zentrum einer Bewegung, die sich von dort aus in der Welt verbreitet. Individuelles Erleben von Idylle und Harmonie, die Innerlichkeit der Seele sind die zentralen Themen der Hochromantik als Gegenbewegung zur von der Antike inspirierten Klassik und der vernunftgetriebenen Aufklärung. Acht der ganz großen Erzählungen der Hochromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe zusammengestellt.

390 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon