2 [17] Brief an Otto Schlier

25.3.1898


... Was tue ich? Dies ist für mich heute äußerst schwer zu sagen. In erster Linie: Ich bin Künstler. Was ich betrachte, gilt mir notwendig gut oder bös nach der Betrachtungsweise eines Künstlers ... Jeder Künstler ist in irgendeinem Sinne Selbstschöpfer, weil er seine Persönlichkeit herausarbeitet, in einen besonderen harmonischen Klang bringt mit der ihn umgebenden Welt ... Wie ich denke, was ich denke, das kann ich Ihnen heute nicht sagen, denn das frage ich mich selber Tag um Tag, und ich bin auf den letzten, den selbstliebenden Grund meiner Betrachtungen noch lange nicht gedrungen, und ich habe darum zu keinem Menschen noch davon gesprochen. Ich habe oft das Gefühl, ich wanderte rüstig einen, d.i. meinen Weg, ohne ihn zu kennen, noch seiner Fährte mir allzeit bewußt zu sein ...

Quelle:
Franz Marc: Briefe, Schriften, Aufzeichnungen. Leipzig: Gustav Kiepenheuer, 1989, S. 17.
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