Chibou Gummi

[299] Chibou Gummi.

Chibou Gummi, frantzösisch, Gomme de gommier, ist ein weisses Gummi oder Hartz, dem Galipot nicht ungleich, auch nicht so gar stinckend. Es rinnet in häuffiger Menge aus einem grossen Baume in den Amerikanischen Inseln, welchen sie Gommier, den Gummibaum, zu nennen pflegen, dieweil er eine aus dermassen grosse Menge Gummi giebet. Sein Holtz ist hart und weiß: das Laub gleichwie die Lorbeerblätter, nur daß sie um ein gutes grösser.

Seine Blüten sind klein und weiß, stehen Büschelweise an den Spitzen der Zweige. Die Frucht ist so dicke, wie eine Olive, beynahe dreyeckigt und dichte, anfangs grün und hernach braunroth: ihr Fleisch ist mürbe, und gantz voll weißlichtes und leimig Hartz. Es wird uns in kleinen Fäslein zugeführet, die sind in grosse, breite Blätter eingeschlagen, welche an einem grossen Baume wachsen, Cachibou genannt, der in dem Lande wächst, daher dann dieses Gummi seinen Titel hat bekommen. Die Leute in America und die Wilden, brauchen diese Blätter zu allerley; insonderheit legen sie dieselbigen in ihre Gewürtzkörbe, damit die Luft nicht dazu kommen möge; unterweilen verbrennen sie dieses Gummi an statt des Oels.

Ein und andere betrügliche Handelsleute verkauffen dieses Gummi an statt des Gummi Elemi, andere für das Gummi Anime, andere für Tacahamaca: allein vor solchem Betruge kan sich einer leichtlich hüten, wann er es nur ein wenig kennt.

Dieses Gummi vom Gummibaum, ist trefflich dienlich wider das Hüfftenweh, wider den Sand und Gries, wider die rothe Ruhr, und das allzu starcke Bluten, wann es, gleichwie der Terpentin, in Form eines boli, mit einem Löffel Wasser eingenommen wird. Die dosis ist von einem Scrupel bis auf ein gantzes Quintlein. Es wird auch äusserlich gebraucht, zum erweichen, zum zertheilen, und zu Stärckung der Nerven.

Die Blätter von diesem Baume sind gut zu den Wunden.

Auf Guadalupa findet sich noch ein anderer Gummibaum, Gommier rouge, der rothe Gummibaum genannt. Das ist ein Baum, dessen Holtz gar mürbe ist und weißlicht: er ist mit einer dicken grünlichten Rinde, und diese mit einer dünnen, sehr zarten, braunrothen Haut, die sich leicht löset, überzogen. Seine Aeste strecket er weit aus, bey nahe wie bey uns die Fichten, die bringen oben gantze Büsche Blätter, die wie das Eschenlaub aussehen, glatt sind, nicht ausgezackt und dunckelgrün. Die Blüten wachsen Büschelweise an der Aeste Spitzen, sind klein und weiß. Nach denenselben kommen die Früchte, welche fleischig und den Pistacien gleich, braunroth, voll mürbes, hartziges und schleimiges, weißlichtes Fleisch, in dessen Mitten ein harter und zu beyden Seiten etwas eingedrückter Kern befindlich, der schier so groß, als wie ein Mays- und türckisches Weitzenkorn. Dieser Baum wird gerissen, und giebet ein flüßiges Hartz, dem Terpentin gleich.[299] Er wächst auf allen Inseln in America, hauptsächlich aber an dürr- und trocknen Orten, wird aber nicht so sehr geacht, als wie der weisse Gummibaum. Sein Holtz ist von keiner Dauer, sondern faulet bald; sein Hartz hat eben solche Kraft, als wie der Terpentin.

Der P. Plumier will haben, daß diese Gummibäume, davon allhier die Rede ist, von unsern Terpentinbäumen blos durch die Blüte unterschieden wären, dieweil dieselben nicht aus Fäslein oder auch Staminibus bestünden.

Quelle:
Lemery, Nicholas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721., Sp. 299-300.
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