Lapis Boloniensis

[607] Lapis Boloniensis.

Lapis Boloniensis,

Chrysolapis.

[607] frantzösisch, Pierre de Boulogne.

teutsch, Bononischer Stein.

Ist ein Stein, aus dem ein Phosphorus, ein Stein der bey der Nacht gantz helle leuchtet, bereitet wird. Insgemein ist er so dick als eine Nuß, höckerigt und ungleich, breit und so gestalt, daß auf der einen Seite eine Höle, auf der anderen aber ein Buckel zu befinden ist. Im übrigen ist er schwer, grau, zart, an vielen Orten gläntzend, inwendig als wie ein Crystall, bald auf die Weise wie der Talck zu Montmartre. Er findet sich an vielen Orten in Italien, insonderheit aber unten an dem Berge Paterno, welcher ein Stücke von den Alpen giebt, und etwan eine Meile von Bologne lieget.

Wann es starck geregnet hat, und die Wasser haben sich davon ergossen, ist er leicht zu entdecken, dann da wird die Erde, mit der er sonst umgeben, daß er nicht zu erkennen war, herunter gewaschen und gespület. Durch die darauf befindlichen kleinen Funcken oder Flitterlein aber wird er von dem andern Gesteine unterschieden. Er wiegt gemeiniglich anderthalbe bis zwey Untzen. In Cabineten der Liebhaber finden sich jedannoch ihrer auch, die gerne fünff Pfund wiegen: allein, sie werden nur wegen ihrer Grösse hoch gehalten; sonst sind sie vielmehr mit Erde angefüllt, als wie die kleinen, und auch bey weiten nicht so gut zum Phosphoro.

Die allerbesten Bononischen Steine sind diejenigen, welche dergestalt gewachsen, daß sie nur eine dünne, weisse oder dunckle Schale oder Rinde um sich haben: sind aber gar sehr rar. Weil sie nun selten sind zu haben, so muß man sich der schlechteren bedienen, und diejenigen erwehlen, welche fein gläntzend sind und wenig Flecken haben. Die schlechtesten sind die, an welchen Eisen- oder Vitrioladern befindlich. Alle mit einander führen viel Schwefel und Saltz.

Der Bononische Stein wird durch ein gar gemässigtes calciniren oder brennen zugerichtet und zum Phosphorus gemacht, dadurch wird sein Schwefel weit mehr purificiret und erhöhet, als er zuvor gewesen. Diese Calcination wird auf nachfolgende Weise bewerckstelliget: nehmet sieben oder acht Stücken des Bononischen Steines, sondert die oberste Rinde mit einer Raspel oder Messer davon ab: zerstosset einen oder zwey von denenselben gantz subtil, in einem meßingenen Mörsel. Tauchet die annoch gantzen Steine, einen nach den andern, in recht hell und klares Wasser ein; ziehet sie wiederum heraus, und bestreuet sie alsofort aufs genaueste, über und über mit solchem Pulver, weltzet sie auch darinne herum, damit sie soviel möglich, wol damit bedecket werden mögen. Hierauf leget sie zum calciniren ein in einen kleinen Ofen mit einem dratenen Roste, in glühende Kohlen, die bey dem Becker ausgedämpfet worden; und zwar Schicht auf Schicht. Lasset die Kohlen ausbrennen und von sich selbsten ausgehen, und schüttet keine frischen nicht darzu: hernach nehmt eure calcinirten Steine, welche auf dem Roste liegen blieben, gantz behutsam wiederum heraus. Sondert die Rinde, welche von dem Pulver, darein ihr sie geweltzet habt, entstanden ist, davon ab, und hebet sie in einer Büchse mit Baumwolle auf: verwahret auch die Rinde, die zu einem gantz unbegreifflichen Pulver werden wird.

[608] Diese dergestalt calcinirten Steine sind nun die Phosphori, die, wann sie einige wenige Augenblicke an das freye Licht, z.E. in einem Hofe oder auf der Strasse, und darauf an einen dunckeln Ort geleget werden, in kurtzer Zeit wie glühende Kohlen scheinen, doch ohne merckliche Wärme, und erlöschen hernachmahls allgemach. Werden sie wiederum ans Licht gebracht, so überkommen sie aufs neue ihren Schein, und solches thun sie drey oder vier Jahr lang, nachdem sie oftermahls ans Licht gestellet werden. Haben diese Steine ihre Kraft verlohren, so kan man ihnen wiederum zu selbiger verhelffen, wann man sie auf ein neues brennt, und alle vorerzehlete Umstände dabey in acht nimmt: doch scheinen sie nicht weiter also starck.

Die zu Pulver gemachte Kruste, ist ebenfals einer von den schönsten und hellsten Phosphoris, wann sie gleichwie die Steine an das Licht geleget wird. Man füllet damit schöne crystallinene Fläschlein an, verstopfet sie auf das genaueste, und hebet sie auf, damit man sie, so ofte es beliebig, leuchtend machen möge; dann man darff sie nur, eben wie die Steine, an das Licht bringen. Der Crystall hindert gar nicht, daß dieses Pulver keinen Schein empfangen möge.

Es darff sich niemand einbilden, daß, alle oben bey der Bereitung des Bononischen Steines, von mir angeführte Umstände unnützlich solten seyn: sie sind vielmehr darbey so gar sehr nöthig, daß es versichert mit der operation mißlingen und der Stein gantz und gar nicht leuchtend werden wird.

Durchs calciniren überkommt der Bononische Stein einen schweflichten Geruch, fast wie das dissolvirte Operment, oder wann man dasselbige mit Kalch im Wasser sieden lassen: er führet auch ein wenig arsenicalisch Saltz bey sich.

Warum er aber leuchtend scheint, das ist die Ursach, daß das Feuer seinen Schwefel in die Bewegung gebracht, davon sich eine unzehlbare Menge sehr subtil und zarter Theilgen oben auf geleget, welche mit einander von dem Lichte können angestecket werden. Wer wegen dieser Materie weitläufftigern Unterricht begehret, der mag nachsehen, was ich in meinem Buche von der Chymie davon gemeldet habe, dann ich daselbsten nicht alleine von diesem Phosphoro gehandelt, sondern auch an vielen andern Orten mehr. Ich habe auch allda die Figur eines Ofens gegeben, der sich vortrefflich wol zur Calcinirung dieses Steins wird schicken können.

Der calcinirte Bononische Stein ist ein gar gutes Mittel die Haare ausfallen zu machen, man darff ihn nur gantz zerstossen, mit Wasser als wie einen Leimen anrühren, und auf solche Orte legen, wo es Haare giebet.

Phosphorus kommt vom Griechischen φῶς φέρον, lucem ferens, als ob es soviel heissen solte, das einen Schein oder Licht giebet.

Chrysonlapis kommt von χρυσὸς, aurum, Gold, und lapis, Stein, als ob es solte heissen, ein Stein, der einen goldfarbenen Schein von sich giebet.

Quelle:
Lemery, Nicholas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721., Sp. 607-609.
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