Spongia

[1074] Spongia.

Spongia. Fungus marinus.

frantzösisch, Eponge.

teutsch, Schwamm, Seeschwamm, Meerschwamm.

Ist ein leichtes, weiches Gewächs, welches sehr löcherig und einem Erdschwamm oder Biltz gar ähnlich ist: es wächset auf den Klippen in der See. Es giebet seiner zweyerley Arten: feine, welche Männleinschwämme heissen, und grobe, welche Weibleinschwämme genennet werden. Es sollen ihrer viel aus einer Insel in Asien, Icaria oder Nicaria genannt, herkommen, allwo die Junggesellen gehalten sind, sie mitten und aus dem Grunde in der See herauf zu hohlen, wann sie heyrathen wollen. Dann die Jungfern sind der Preiß und die Belohnung für diejenigen, welche am längsten in der See verbleiben und die meisten Schwemme herauf bringen. Die Ursache dieses Verfahrens soll seyn, weil die Einwohner dem Großtürcken den Tribut mit Schwämmen bezahlen.

Die besten Schwämme sind die allerfeinesten, die Männleinschwämme: und man soll diejenigen nehmen, welche nicht zu dicke sind, leichte und voll kleiner Löcher, von Farbe aschengrau oder gelblicht.

Unterweilen finden sich in den Schwämmen kleine harte Cörper, als wie Steine oder grober Sand: wann man dieselbigen aber durch ein Vergrösserungsglas betrachtet, so wird man gewahr, daß es den meistentheil kleine Muscheln sind. Wann nun diese kleine Muscheln, woran dann nicht zu zweiffelen, ein oder anderes Seegewürm beschlossen haben, so müste solches nicht viel grösser gewesen seyn, als wie eine Reitliese.

Es giebet auch Schwämme, die als wie Aeste haben, oder, welche auf Art anderer Gewächse, junge Sprossen treiben: welche Aeste oder Sprossen insgemeine Fleur d'Eponge, die Blüte von Schwämmen, genennet wird.

Die Naturerforscher haben die Schwämme unter die Zahl der Zoophytorum, der Thierpflantzen, das ist, solcher Gewächse, die gleichwie andre Thiere ein Leben haben sollen, gestellet. Allein, dergleichen Thier ist keines in der Welt zu finden; und, wann ja der Schwamm im Meere sich beweget, so kommet das vom Wasser her, welches in seine Löchlein hinein tringt, und weil es drinne hie und da herumlauffen muß, kan aber nicht so balde einen Ausgang finden, dahero treibet es des Schwammes kleine Fäslein auf und zieht sie wiederum zusammen, so daß sie sich bewegen oder regen müssen.

Wann der Schwamm angezündet wird, so reucht er wie verbranntes Horn; wird er in einer[1074] Retorte destilliret, so giebet er schwartz und stinckend Oel, und viel wie Urin riechend, flüchtig Saltz, dem flüchtigen Hirschhörner saltze nicht ungleich, jedoch, wann eines gegen das andere gehalten wird, in grösserer Menge.

Die Schwämme sind gut, die saltzigen Feuchtigkeiten in den Wunden oder Schäden aufzuschlucken, wie auch den Schleim dererselbigen zu verzehren und sie zu reinigen, wann sie drauf geleget werden. Sie werden auch mit Wachse zugerichtet, wie ich in meiner Pharmacopœa universali erinnert habe.

Die in den Schwämmen befindlichen Steine oder kleinen Muscheln sollen gut seyn, die groben Feuchtigkeiten in dem Leibe dünne zu machen, zu zertheilen und zu zertreiben, desgleichen zum Steine, zu den Kröpfen, auch die Verstopfungen zu heben. Siel werden zerstossen, mit noch einmahl soviel arcanum duplicatum vermischet, und ein Quintlein davon auf einmahl alle Tage, vier Wochen hinter einander eingegeben. Dieses Mittel ist viel kräftiger als wie der Stein aus den Schwämmen, der so groß ist als wie eine Mandel, und von dem, an seinem Orte, unter dem Titel Lapis Spongiæ ist gehandelt worden.

Die Schwämme werden verbrannt und die Asche davon wider die Kröpfe und wider den Skorbut gebraucht. Auf einmahl wird ein halber Scrupel bis auf ein halbes Quintlein eingegeben.

Spongia kommt vom griechischen σπόγγος, das bedeutet eben soviel.

Spongia pyrotechnica, teutsch, Feuerschwamm, Zunderschwamm, wird eine Art schwartzer Lunte auf die Feuerröhre genennet, deren sich die Teutschen zu gebrauchen pflegen: sie wird von den grossen schwärtzlichten oder röthlichten Schwämmen bereitet, die an den alten Bäumen in Teutschland zu befinden sind, zum Exempel an Eichen, an Eschen, an Fichten: die werden geschlagen, bis sie breit sind worden, hernach in Wasser gesotten, darinne sie Salpeter zergehen lassen, und alsdann beym Ofen getrocknet, daraus wird ein schwammiges und schwartzes Wesen, das leichtlich Feuer fängt: dann, da die Schwämme vor sich selbsten schon sehr leichtlich Feuer fangen, so hilfft der Salpeter, dessen sie sich voll gezogen haben, noch dazu, damit es desto leichtlicher geschiehet.

Diese Lunte ist dessentwegen Spongia genennet worden, dieweil sie eben so, als wie der Schwa, voll kleiner Löcher ist, und pyrotechnica kommt von πῦρ, ignis, Feuer, und τεξνὴ, ars, Kunst, als ob man wolte sagen, ein Schwamm, der künstlich zubereitet worden, damit er Feuer fasse, oder, ein Schwamm, der leichtlich anzuzünden ist.

Quelle:
Lemery, Nicholas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721., Sp. 1074-1075.
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