136.

Hat mit Mond und mit Plejaden

Man verglichen dein Gesicht,

So geschah's vermuthungsweise:

Denn dein Antlitz sah man nicht.

Nur ein Theilchen jener Liebe,

Die mir ganz verwirrt den Sinn,

Sind die zärtlichen Geschichten

Von Fĕrhād und von Schĭrīn.

Schenke, gib mir Wein! Kein Sinnen

Hemmt der Ewigkeit Beschluss

Und verändern lässt sich nimmer

Was bestimmt geschehen muss.

Keine lange Augenwimper

Und kein Blick, der zaubern kann,

That was jene Moschuslocke

Und das schwarze Maal gethan.

Sieh' der Zecher ird'ne Schale

Nicht verachtend an; fürwahr

Jenem Glas, das Welten zeiget,

Dienet diese Trinkerschaar.

Ob ein Thor wohl je zum Weibe

Sich der Rebe Tochter nimmt,

Der die Barschaft des Verstandes

Ward zum Brautgeschenk bestimmt?

An der Gnadenschale Hefe

Hat nicht Theil des Staubes Mann:

Sieh was elenden Verliebten

Grausames man angethan!

Keine Krähe und kein Rabe

Ist der Jagd und Fessel werth:

Nur der Adler und der Falke

Wird auf solche Art geehrt.[655]

Staub vom Gau der Schönen hauchet

Uns mit Lebensdüften an:

Hier durchwürzen sich Verliebte

Des Verstand's Geruchsorgan.

Der Beschreibung deiner Güte

Widmete sein Lied Hafis,

Und es war, wo man's vernommen,

Echten Beifall's auch gewiss.

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 1, S. 653-657.
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