49.

Ein Jeder, der das Glas in Händen hält,

Ist so wie Dschem ein steter Herr der Welt.

Was Chiser fand, des Lebenswassers Spur,

Im Weinhaus such's, hat's doch der Becher nur.

Der Seele Fäden stelle unbedingt

Dem Glas anheim, das sie in Ordnung bringt.

Mir ist der Wein, die Tugend Frömmlern werth:

Für was sich wohl der holde Freund erklärt?

Befriedigung auf diesem Erdenrund,

O Schenke, gibt sonst Niemand als dein Mund.

Bei deinem munter'n Auge nur allein

Borgt die Narzisse ihres Rausches Schein.

Für deine Locke und dein Antlitz fleht

Mein Herz im Abend- und im Frühgebet.

Für wunde Busen hält zu jeder Zeit

Dein Mundrubin ein heilend' Salz bereit.

In deines Kinnes Brunnen zählst gewiss

Zweihundert Sclaven du treu wie Hafis.

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 1, S. 427-429.
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