9.

Ostwind! Jenem schlanken Rehe

Sage du mit Gunst und Huld:

»Durch die Berge und die Wüsten

Irre ich durch deine Schuld.«

Zuckerhändler, dessen Leben

Lange währe! Warum, ach,

Frägt er nie dem Papageie,

Der da Zucker kauet, nach?

Wenn du bei dem Freunde sitzest,

Einen Becher in der Hand,

So gedenke der Geliebten,

Die da irren durch das Land!

Stolz, auf Schönheit hat vermuthlich

Es, o Rose, dir verwehrt,

Nach des Sprossers Thun zu fragen.

Den der Liebe Gram verzehrt.

Durch die Macht der schönen Sitte

Fängt man auch den weisen Mann,

Während der verschmitzte Vogel

Jedem Netz und Garn entrann.

Wesshalb wird man nie die Farbe

Der Vertraulichkeit gewahr

An der schlanken, schwarzbeaugten,

Mondgesicht'gen Liebchenschaar?

Mehr als eines einz'gen Fehlers

Zeih' ich deine Reize nicht:

Dass es nämlich einem Schönen

Stets an Lieb' und Treu' gebricht.

Dankbar für der Freunde Umgang

Und des guten Glück's Gewinn.

Wolle du der Fremden denken,

Die durch Feld und Wüste zieh'n!

Ist's zu wundern, wenn am Himmel,

Durch Hafisens Wort erregt,

Der Sŏhrē Gesang zum Tanze

Den Messias selbst bewegt?

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 1, S. 25-27.
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