44.

Jenen Knoten, schlau geschlungen

Um den Bogen deiner Brau'n,

Schlangst du nur, um mich, den schwachen

Klagenden im Blut zu schau'n.

Trunken und vom Schweisse triefend

Kamst du auf der Wiese an,

Und da warf dein Wangenwasser

Feuer auf den Ergawan.

Weil nur Einmal voll von Dünkel

Die Narcisse umgeblickt,

Hat dein Augenspiel die Erde

Hundertfach in Streit verstrickt.

Der Jasmin, beschämt darüber,

Dass man dir ihn gleich gestellt,

Hat nun, durch die Hand des Ostes,

Staub sich in den Mund geschnellt.

Als ich trunken gestern Abends

Kam vorbei am Wiesengrund,

Weckte mir die Knospe Zweifel

In Bezug auf deinen Mund.

Seine Ringellocke kräuselnd

Stand das Veilchen auf der Flur,

Und der Morgenwind erzählte

Doch von deinem Haare nur.

Eingezogen lebend, wusst' ich

Nichts vom Sänger und vom Wein;

Doch die Lust nach Schenkenknaben

Warf in Beide mich hinein.

Mit dem Wasser rothen Weines

Wasch' ich jetzt mein Ordenskleid:

Wer vermöchte abzuwerfen

Das Geschick der Ewigkeit?[159]

Noch vor Bildung beider Welten

Gab sich Freundschaftsfarbe kund,

Und die Zeit legt' nicht erst heute

Zu der Liebe Bau den Grund.

Mich zerstörte deiner Wange

Holder Flaum. Erhab'ner Gott!

Wessen Pinsel ist's gewesen,

Der dies schöne Bild uns bot?

Liegt nicht etwa für Hafisen

Glück in der Zerstörung Schooss,

Da für Wein nur und für Schenken

Ihn bestimmt das ew'ge Loos?

Ganz in meine theuren Wünsche

Fügt von nun an sich die Welt,

Da dem Herrn der Welt zum Knechte

Mich der Zeiten Lauf bestellt.

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 1, S. 157-161.
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