15.

Ein Bachesrand, ein Stamm des Weidenbaumes

Ein holder Freund, ein dichtendes Gemüth,

Ein süsser Herzensräuber als Genosse,

Ein holder Schenke, der wie Rosen blüht,

O du Begünstigter von den Gestirnen,

Der du erkennst der flücht'gen Tage Werth,

Wohl möge diese Wonne dir bekommen!

Ein holdes Leben wurde dir beschert,

Wer Liebe fühlt für einen Herzensräuber,

Und diese Bürde trägt auf seiner Brust,

Der werfe Rautenkraut in's helle Feuer,

Denn er erfreut sich hoher Lebenslust.

Mit reichem Schmuck jungfräulicher Gedanken

Ward des Gemüthes Braut geschmückt von mir,

Und ich erhalte von der Zeit Gemälden

Vielleicht dereinst ein holdes Bild dafür.

Benütze klug die nächtlichen Gespräche,

Und nimm den Zoll der Herzenswonne ein:

Denn herzerleuchtend ist des Mondes Schimmer,

Und hold auch ist der bachdurchströmte Rain.

Wein perlet in des Schenken Augenschale,

Und Gottes Name leiste Zeugenschaft

Dass den Verstand er eben so berausche

Wie er dem Haupte holde Schmerzen schafft!

Schon ist das Leben sorglos hingeschwunden;

Hafis, begleit' uns in das Weinhaus nun,

Denn holde Räuber sind daselbst zu finden,

Und holde Dinge lehren sie dich thun.

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 2, S. 119-121.
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