19.

Jene Rose, jung und lächelnd,

Die du, Herr, empfohlen mir,

Jedem Neideraug' der Wiese

Zu entzieh'n, empfehl' ich dir;

Hält sie sich auch hundert Meilen

Fern vom Dorf der Treue auf,

Bleib' ihr doch von Leib und Seele

Fern des Mondes Unglückslauf.

Morgenwind, kömmst du vorüber

An Sělmā's geliebtem Haus,

Hoffe ich, du richtest freundlich

Einen Gruss ihr von mir aus.

Löse jener schwarzen Haare

Moschus unbehutsam nie:

Theure Herzen wohnen drinnen:

D'rum durchwühle nimmer sie.

Sprich: »Es hat auf Flaum und Maale

Mein getreues Herz ein Recht:

D'rum behandle es mit Achtung

Dort im Ambra-Haargeflecht!«

Wo auf's Wohl man Ihrer Lippe

Wein geniesst in froher Lust,

Ist der Trunk'ne zu verachten

Der sich seiner bleibt bewusst.

Man erwirbt am Thor der Schenke

Ehr' und Reichthum nimmermehr:

Wer von diesem Wasser trinket

Wirft ja sein Gepäck in's Meer!

Dem, der sich vor Trauer fürchtet,

Ist kein Liebesgram erlaubt:

Liebchens Mund an meiner Lippe,

Liebchens Fuss auf meinem Haupt!

Als des Wissens Grundvers pranget

Was Hafis sang im Gedicht:

Wie entzückend ist sein Odem

Und wie lieblich was er spricht!

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 2, S. 127-129.
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