Gmunden

[237] Plötzlich tauchst Du wieder mit melancholischer Macht in meiner verdüsterten Seele des bald 60jährigen (9./3. 1919) auf wie ein lichtes unvergeßliches rührendes begeisterndes Märchen-Land! 23 Sommer und Herbste lang, nein, kurz, zu kurz für meine in dieser »Ruhe-Idylle« sich rein badende und vom irren, ehrgeizigen, rastlosen stupiden Welt-Getümmel süß ausruhende, immerhin allzu impressionable, also für die Konstellation des gewöhnlichen unidealen, sich abhaspelnden Lebens schlecht konstruierte, also bereits kranke Lebens-Maschinerie! Nun gedenke ich Deiner fast als meiner einzigen Heimat, die ich je gehabt habe! Wie schlugen abends die Wellen melancholisch-süß ans Ufer der dunklen einsamen Esplanade, wie war der schmale Weg längs der schäumenden Traun!

Wie waren die Bootfahrten ans andere schattige Wald-Ufer (Damen ruderten mich willig), und dort die absolut friedevollsten Jausen-Plätze, wo man vom Ausruhen am anderen Ufer (Gmunden)[237] nun noch doppelt ausruhte, in frischer kühler Traunstein-Luft!

Wer wird mich noch einmal vor dem ganz großen und endlich ergiebigen Ausruhen dorthin bringen, als Mäzen, um die Begeisterungen einer alten Dichter-Seele eventuell mitzuerleben!?! Gmunden, eigentlich mein Seelen-Heimats-Städtchen (ich liebe nichts Anderes hienieden) am weiten Gmundener See, Ob.-Öst., sei bedankt und sei tief gesegnet!

Quelle:
Altenberg, Peter: Mein Lebensabend. Berlin 1–81919, S. 237-238.
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Mein Lebensabend: [Reprint der Originalausgabe von 1919]