[19. Kapitel]

Wie der Schultheiß Lale seiner Schultheissin einen newen Beltz kramet / vnnd was jhm damit widerfahren seye.

[76] Vnser gnedige Fraw die Schultheissin / vergasse nit jren verheissenen Beltz offt zufordern. Welches dann nichts vnbilliches gewesen / in betrachtung / daß wa sie nicht gewesen / er noch viel jar lang hette der Säwen hüten müssen: wie sie dann auch eben so lang hette müssen Säwhirtin bleiben.[76] So wolte sichs gepühren in all wege / daß er / als welcher fürohin die Gerechtigkeit fürdern sollen / sein Verheissen halten /vnd seiner Frawen das / so jhren von Rechts wegen gepührt / widerfahren lassen.

Deßhalben als mein Herr der Schultheiß bald nach antrettung seines Dienstes / wider ein mal / nach dem er schon im Bad gewesen / wichtiger geschefften halb in die Statt wolt gehn / vergasse mein Fraw die Schultheissin (wie vorgemelt) nicht / jhn fleissig an den Beltz zumahnen / dieweil er jhren denselben verheissen hette zukramen / so sie jhm hülffe daß er Schultheiß wurde / inmassen sie gethan. Auß welchem dann zusehen / daß es viel besser seye / den Weybern zukramen / damit man jhres gutzelns vnnd bettelns ledig werde: als jhnen etwas verheissen. Dann sie haben ein sehr gu gu gute Gedächtnuß: wie jener Lale / welcher begeret Schreyber zu werden / konte doch weder schreyben noch lesen / sonder sagt / er hette ein sehr gutes Marmorium oder Gedächtnuß. Aber verzeihet mir jhr liebe Lalen / ich hab den Hu hu husten / vnd fahret im lesen fort.

Ehe der Schultheiß gar in die Stat kam / fraget er also bald vnterm Thor den Thorwarten / wa eines Kürßners Hauß seye? Der Thorwart weiset jhn. Mein Herr der Schultheiß fragt weiter: Ob es der seye / bey welchem die Schultheissen jhren Frawen newe Beltze kauffen: dann er seye Schultheiß zu Laleburg worden / erst gestern. Da vermercket erst der Thorwechter /daß er etwas zu viel oder zu wenig gebachen / vnd in dem er durch ein Mülen geloffen vielleicht mit dem Sack geschlagen were: gedacht derowegen er wurde gut sein / nach der Holtzschär / wie man sagt /vmbzujagen. Darumb weiset er jhn an das eusserste ende der Statt / zu einem Kübler / so ein rechter[77] Fatzmann gewesen / bey demselben solt er nach Schultheiß Beltzen fragen.

Der gute Schultheiß gieng in aller Erbertet / dahin er gewiesen worden / fragt bey dem Kübler nach Schultheiß Beltzen / er seye der Schultheiß Lale von Laleburg. Der Kübler mercket bald was die Kreyden gelte / sagt deßhalben zu jhm: es seye jhme sehr leid /daß er jhr E.W. nicht fürdern vnnd wie er gern wölte versehen könne / dann er eben den tag zuvor / so ein Marckt tag gewesen / alle die er gehabt hinweg gegeben. Damit aber jhme geholffen wurde / weiset er jhne in ein andre Vorstat / zu einem Wagner / daselbsten verhoffe er werde er Beltz finden nach seinem begeren.

Mein Herr der Schultheiß Lale kam zum Wagner /fragt ob er kein Beltz hette / er were der Schultheiß von Laleburg. Der Wagner / so auch ein Spottvogel /weiset jn zu einem Schreyner: der Schreyner / zu einem Sporer: der Sporer / zu einem Sattler: der Satler / zu einem Organisten: der Organist / zu einem Staudenten: der Staudent / zu einem Stubenkautzen: der Stubenkautz / zu einem Buchbinder: der Buchbinder /zu einem Fischer: der Fischer / zu einer alten Vettel: die alte Vettel / zu den Truckergselln / da er recht empfangen worden: die Truckergselln / zum Buchführer / vor welchs Laden offt mancher Lale zufinden: der Buchführer / zu einem Leckzeltner / da finde er sie / dz ers fressen möchte / wie ers nur haben wölte.

Als mein Herr der Lale Schultheiß auch daselbsten nach Beltzen gefragt hette / antwort jhme der Lebküchler: Er habe zwar dißmals keine: wann er aber wolle ein kleine zeit geduld haben / wölle er jhm von Lebkuchen einen anmessen / anschneyden vnd bachen / den könne er / wann er[78] seinem Weib nicht gefiele /mit jhren fressen / alle morgen ein mümpffelin darvon. Dessn bedancket sich der Herr Schultheiß auffs höchste: sagt doch / er were nun so lang nach dem Beltz herumb gelauffen / daß er zuwarten nicht zeit gnug habe / er müsse wider heymb zu / sein Ampt zuverrichten / dann er seye Schultheiß zu Laleburg. Der Leckzeltner / so etwz frummer gewesen als die obgemeldten / vnnd gedacht der Herr Schultheiß were lang gnug nach der Holtzschär herumb geloffen / erbarmet sich vber sein Eynfalt / weiset jhn derowegen recht /zu einem Kürßner / da er Beltz fande aller gattung /wie er die nur begeret.

Der Kürßner fragt jhn bald / was er für einen Beltz begere / wie / wie groß / wie lang er sein solle? Der H. Schultheiß antwortet: Wann er mir gerecht ist / so gibt er meinem Weyb / der Frau Schultheissin zu Laleburg / auch warm. Dann mein Hut ist jhren auch recht / vnd der jhre mir: ist deßhalben der Beltz / so mir gerecht / auch jren recht. Daselbsten kauffet er gewißlich einen stattlichen Beltz auffs Dorff hinauß /dessen sich auch ein Fraw Schultheissin in der Statt nicht hette beschämen dörffen / denselbigen zutragen.

Da nun mein Herr der Schultheiß heimb kame /empfieng denselben Beltz die Fraw Schultheissin mit Frewden (wer weist wie der Herr Schultheiß empfangen worden) versuchet jhn gleich / vnd ließ sich darinnen besehen / hinden / vornher / vnd neben zu auff beiden seiten / oben vnd vnden / jnnen vnd aussen. Vnd als sie jhn gnugsamlichen probiert vnd approbiert oder gut geheissen hette / begeret der Herr Schultheiß an sie / sie solte jm Küchlin bachen / so wölle er ein Wurst darzu geben / vnd ein Maß Wein bezahlen: welches geding anzunemmen sie jhme zusagte. Da sie jhm aber wolte grobe dicke Schnitten bachen / wie sie jhm vor zeiten / da er noch ein Säwhirt gewesen / gebachen[79] hatte / sagt er gantz vnwürß: Wafür hastu mich angesehen? meinstu ich seye ein Säwhirt? weistu dann nicht / daß ich nicht der Schnittenbacher / sondern der Herr Schultheiß Lale allhie zu Laleburg bin? Also muste sie jhme Sträublin bachen: die zecheten sie mit einandern auff /schmeckten jhnen wol / vnnd theten vnterweiln auß der Weynkrausen einen guten schlaputz darzu.

Die Fraw Schulthessin hette gern öffter getruncken / muste sich doch etwas schämen vor jhrem Herrn dem Schultheissen: darumb erdacht sie folgenden list. Du glaubst nicht / sagt sie / wie mich dieser Beltz frewet. Ist es wahr / sagt er? Ja / sagt sie / wans nicht wahr ist / so stosse mir diser Trunck das Hertz ab. Hiemit trancke sie ein guten schluck. Bald sagt sie wider: Vnsers Nachbawrn Knecht ist bey der Magd gelegen. Ey ja wol / sagt der Schultheiß / ist es müglich? Ja / sagt die Schultheissin / wanns nicht wahr ist / so stosse mir dieser Trunck das Hertz ab. Hiemit gab sie der Fleschen ein truck. Abermaln sagt sie: Vnser Greta vnds Clausen Tochter haben einandern geschlagen. Ey / sagt der Schultheiß / was sagst? Ja /sagt sie / wanns nicht wahr ist / so soll diser Trunck Gifft werden in mir. Hiemit trancke sie aber ein / daß jhren das Wasser zun Augen außlieffe. Solches triebe sie so lang / biß sie der Fleschen alle Rhiemen abgetretten hette / hatte auch nicht ruhe / biß sie gantz lähr ware. Were ich darbey gewesen / ich hette gewißlich auch mit geessen: vnd du Gauch gewißlich auch / hettest ehe zu beiden Backen eyngeschoben / damit du deiner rechnung zukämest / vnd dein gut Geld nicht vergebens außgebest.[80]

Quelle:
[Anonym]: Das Lalebuch. Stuttgart 1971, S. 76-81.
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