Skamkel's Rath.

[81] Rings in dem Gau redete man bald von nichts anderem, als daß Halgjerde auf Kirkeböj gestohlen und den Speicher angezündet habe. Einst redete Kulskjäg mit Gunnar davon, und dieser[81] äußerte, er glaube selbst, daß die Sache sich so verhalte. »Doch was läßt sich dabei machen?« sagte er. »Du bist der nächste, der für Dein Weib büßen muß,« entgegnete Kulskjäg, »mir scheint, Du müßtest zu Otkel gehen und ihm gute Anerbietungen machen.« »Dein Rath ist gut,« versetzte Gunnar, »ich will ihm folgen.« Kurze Zeit nachher ritt er, von Kulskjäg, Thraen, Lambe und acht andern Männern gefolgt, nach Kirkeböj. Hier sandte er zu Otkel und bat ihn, er möge hervorkommen. Skamkel befand sich gerade bei Otkel. »Ich will mit Dir hinausgehen,« sagte er zu ihm, »jetzt nimm alle Schlauheit zusammen; Du mußt aber die Nase hoch tragen und große Worte machen.« Außer ihm nahm Otkel seine beiden Brüder Halkel und Halbjörn mit sich hinaus. Sie grüßten Gunnar und er erwiderte ihren Gruß. »Ich bin gekommen,« wandte er sich an Otkel, »um mit Dir über den großen Schaden zu sprechen, den mein Weib durch den Sklaven, den ich von Dir kaufte, Dir zugefügt hat.« »Solches konnte man von Dir erwarten,« versetzte Halbjörn. Zu Otkel gewandt, fuhr Gunnar fort: »Ich schlage Dir vor, daß die besten Männer des Gaues über unsre Sache das Urtheil sprechen mögen.« Da aber ergriff Skamkel das Wort und sagte: »Dieses Anerbieten läßt sich hören; indessen ist es doch nicht ganz billig, denn Du bist beliebt bei den Bauern, während Otkel keine Freunde unter ihnen hat.« »Dann will ich Dir anbieten,« sprach Gunnar, »daß Du mir das Urtheil zugestehst und zwar will ich es sogleich sprechen: doppelte Buße will ich zahlen und sogleich den Betrag entrichten und endlich dazu meine Freundschaft legen.« Skamkel aber sagte zu Otkel: »Auf diese Bedingung darfst Du nicht eingehen; schimpflich wäre es für Dich, Gunnar das Urtheil zuzugestehen, denn Dir kommt es zu.« Darauf sprach Otkel zu Gunnar: »Keineswegs will ich Dir das Urtheil zugestehen.« »Jetzt sehe ich schon,« erwiderte Gunnar, »wer hier Rathschläge ertheilt, jedoch magst Du das Urtheil sagen.« »Welche Antwort soll ich nun geben?« fragte Otkel auf Skamkel blickend. Dieser versetzte: »Das Anerbieten ist gut, Du magst es annehmen, allein Du mußt Deine Sache Gissur Hvide (der Weiße)[82] und Gejr Gode übertragen.« So antwortete Otkel dem Gunnar: »Du machst mir ein gutes Anerbieten, doch mußt Du mir Zeit lassen, zuerst mit Gissur Hvide zu reden.« »Thu' wie Du willst,« entgegnete Gunnar, »allein man wird sagen, Du wissest nicht, was Dir selbst zur Ehre gereicht, da Du den Vorschlag nicht annimmst, den ich Dir mache.« Damit ritt er heim. Als er aber fort war, sagte Halbjörn zu seinem Bruder, er handle übel, so gute Anerbietungen zurückzuweisen, zumal wenn sie von einem so mächtigen und braven Manne wie Gunnar gemacht würden.

Quelle:
Die Njalssaga. Leipzig 1878, S. 81-83.
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