CCXVIII.

[282] 1. Ich verkünd euch newe märe,

und wolt jr die verstan,

Zu Rom da saß ein herre,

ein graff gar wol gethan,

Der war gar reicher habe,

was mild und tugenthafft,

er wolt ziehen zum heiligen grabe,

nach ehr und ritterschafft.


2. Sein fraw erschrack der märe,

sie blickt den graffen an,

Genad mir edeler herr,

darzu mein ehelich man,[282]

Mich nimpt doch wunder sehre,

was euch die ritterschafft sol,

habt jr doch gut und ehre,

alls was jr haben solt.


3. Er sprach zu seiner frawen,

nu spar dich Gott gesund,

Als wil ich dir vertrawen

allhie zu dieser stund.

Also scheid er von dannen,

der edle graff so zart,

gros kummer stund jm zu handen,

eins königs gefangner er ward.


4. Er möcht jhm nit entfliehen,

das was sein gröste klag,

Am pflug da must er ziehen,

viel lenger denn jar und tag,

Er leid viel hunger schwere,

war jhm ein grosse buß,

der könig reit für jm here,

der graff fiel jm zu fuß.


5. Der könig sprach mit züchten,

wol zu dem graffen schon,

So hilfft dich doch kein bitten,

schwer ich bey meiner kron,

Und fielestu alle morgen

teglich auff deine knie,

du möchtest nit ledig werden,

dein fraw wer denn selber hie.


6. Der graff erschrack der märe,

gros leid er jm gedacht,

Brecht ich mein frawen here,

so wird sie mir geschwecht,

Sol ich denn hie bleiben,

so gilt es meinen leib,

darauff so wil ich schreiben,

wil schicken nach meinem weib.[283]


7. Einer was an dem hoffe,

der hett die gefangenen in hut,

Mit dem vertrugs der graffe,

er verhies jm hab und gut,

Ein brieff schrieb er behende

an seine frawen klar,

sein kummer möcht niemand wenden,

denn sie kem selber dar.


8. Der bott zog ohne trawren

wol uber das wilde meer,

Zu rom fand er die frawen,

den brieff den gab er jr,

Den thet sie selber lesen,

gar heimlich und gar bald

sie verstund jhrs herren wesen,

ihr hertz war jr gar bald. (so)


9. Ein brieff schrieb sie widerumb

so gar behendiglich,

Und wie sie nicht möcht kommen,

es wer jhr unmüglich,

Das ein fraw möchte fahren

wol uber das wilde meer,

kein gut wolt sie nit sparen

an jhrem graffen herr.


10. Der bott der thet sich eilen

wol wider heim zu land,

Die fraw die stund in leide,

gar wol sie das empfand,

So gar in stiller sachen,

thet sie das alles gern,

sie lies jr ein kutten machen,

und jr ein blatten scheren.


11. Die fraw kundt lesen und schreiben,

und andere kurtzweil viel,

Darzu kundt sie harpffen und geigen

und andere seytenspiel,[284]

Da hieng sie an jhr seiten

harpffen und lauten gut,

dem boten thet sie nach reiten

uber meer da man fahren thut.


12. Sie zog drey tag oder viere,

die fraw gar wunesam,

Auff dem meer hub sie an zu hofieren,

jederman das wunder nam,

Der bott saß zu jhr here,

so gar in guter pflicht,

den der graff hett gesandt here,

sie kandt jn wol und er sie nicht.


13. Der bott sprach mit sinnen

wol zu dem mönchen fein,

Herr wollt jhr gut gewinnen,

so ziehet mit mir heim,

Zu einem könig reiche,

da habt jr reichen sold,

er helt euch erbarlichen,

als lang jr bleiben wolt.


14. Der bott lies nicht darvone,

wie fast der mönch bath,

Sie zogen mit einander

wol an des meeres stath,

Sie zogen alle beyde

viel berg und tieffe thal,

die fraw in mönches kleider,

wol für des königs saal.


15. Der könig kam gegangen,

mit rittern und knechten viel,

Die fraw ward schön empfangen

mit jrem seytenspiel,

Da schlug sie auff der lauten

gar freudenreiche wort,

die heyden sprachen alle uberlaut,

sie hettens nie besser gehört.[285]


16. Den mönch satzt man oben an den tisch,

sie hetten jn lieb und werd,

Man gab jm wilbret und fisch,

und was sein hertz begert,

Da sie das ane sahe,

dacht sie in jrem mut,

da jr so gütlich geschahe,

mein sach wird werden gut.


17. Da schlug sie auff der harpffen,

und macht ein frisch gesang,

Gar höfflich und gar scharffe,

das in dem pallast erklang,

Die heyden wurden springen,

darmit so ward es nacht,

wol unter denselben dingen

ward dem graffen die botschafft bracht.


18. Dem graffen kamen die märe

von seinem schönen weib,

Wie sie nit kem dahere,

es wer jr unmüglich,

Sie würd geschendt von den heiden,

und kem in grosse not.

der graff gedacht jm leide,

erst mus ich leiden den todt.


19. Die fraw was an dem hofe

bis an den andern tag,

Sie sah umb nach dem graffen,

es war jr gröste klag,

Da gieng sie an die zinnen,

gar heimlich unvermeldt,

sie ward jrs graffen jnnen.

dort ziehen in dem feld.


20. Wol zu derselben stunde,

hub sie zu weinen an,

Da sie nit helffen kundte,

als sie gern hett gethan,[286]

Sie was gar unverdrossen,

sagt uns das buch gar schon,

sie was vier wochen auff dem schlosse,

ehe sie da urlaub nam.


21. Dem mönch dem wolt man lohnen,

und wolt jm lohnen wol,

Man trug jm her ein gülden kron,

viel gelds ein schüssel vol,

Ziehet hin mein lieber herre,

last euch verschmehen nicht.

der mönch der wehrt sich sehre,

es ist meins ordens sitt.


22. Der mönch sprach mit sitten,

ich beger kein solchen sold,

Umb ein gab wil ich euch bitten,

ist nicht umb rotes gold,

Weder umb edelgesteine,

noch sonst kein anderen rath,

denn umb den menschen alleine,

der am pflug umbziehen gaht.


23. Der könig sprach mit fuge,

herr habt euch den gewalt,

Man bracht den graffen vom pfluge

wol für den könig bald,

Da sprach der könig mit trewen,

und gab dem graffen rath,

danck du dem abendthewer,

der dich erlöset hat.


24. Die fraw stund an dem meer,

wol an den andern tag,

Der graff lies nicht darvone,

wolt ziehen zum heiligen grab,

Wiewol er hett nit mehre

in hab und auch in gut,

noch halff jm gott der herre

uber meer da man fahren thut.[287]


25. Der graff kam heimgegangen,

also armiglich,

Er ward gar schön empfangen

von seiner frawen seuberlich,

Ein brieff hab ich dir geschrieben,

mein kummer und grosse not,

da bistu daheim blieben,

du achtest nicht wer ich todt.


26. Die fraw sprach mit züchten,

herr das ist alles war,

Ein brieff habt jr mir geschrieben,

des ewers kummers gar,

Da lasset euch nit rewen,

drawt lieber herre mein,

dem botten dorfft ich nicht trawen,

ich förcht der ehre mein.


27. Der graff der was daheimen

biß an den andern tag,

Sein freund wolten jm schencken,

führten uber die frawen grosse klag,

Wie sie umbzogen were,

beyde früh und auch spatt,

eins hin das ander here,

niemands weis was sie zu schaffen hat.


28. Die fraw sprang auff gar schnelle,

wol von dem tische tratt,

Sie gieng in jr kammer bald,

sie nam der kutten war,

Sie hieng an jr seiten

lauten und harpffen gut,

rechtsam sie war gestanden

wol vor dem könig hoch gemut.


29. Sie trat hinein mit schalle

wol durch die thür geschwind,

Sie thet sie grüssen alle,

die hie gesessen sind[288]

Der graff erfrewet sich gar bald,

da er sie ansach,

der ist der ebenthewer,

der mich erlöset hat.


30. Da ward die fraw bald jnnen,

herr das ist alles war,

Ir habt mich wol gesehen,

vor dem könig gar offenbar.

Der könig der thet sprechen,

wol zu derselben fahrt,

du gefangener und gebundener,

geh aus von ungemach.


31. Die freund erschracken gar sehre,

was jhn ein schwere buß,

Sie stunden auff vom tische,

und fielen der frawen zu fuß,

Sie theten fast bitten,

da sie jn das vergeb,

also wird mancher frawen abgeschnitten

jr trew und auch jr ehr.


Quelle:
[Anonym]: Das Ambraser Liederbuch vom Jahre 1582. Stuttgart 1845, S. 282-289.
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