|
[335] 1. Nun wölt jr hören newe mär,
vom puxbaum und vom felbinger,
Sie zogen mit einander über feld,
und kriegten wider einander.
2. Der puxbaum sprach ich bin so kün,
ich bleib sommer und winter grün,
Das thust du leidiger felbinger nicht,
du verleurst dein besten zweyge,
felbinger wie gefelt dir das.
3. Der felbinger sprach, ich bin so fein,
aus mir macht man die langen zeun,
Wol umb das korn und umb den wein,
davon wir uns ernehren.
puxbaum wie gefelt dir das.[335]
4. Der puxbaum sprach ich bin so fein,
aus mir macht man die krentzelein,
Mich tregt auff manche schöne jungfraw
mit freuden zu dem tantze.
felbinger wie gefellt dir das.
5. Der felbinger sprach ich bin so fein,
aus mir macht man die mülterlein,
Mich tregt manche schöne jungfraw
die metzger auff die bäncke.
buxbaum wie gefellt dir das.
6. Der puxbaum sprach ich bin so fein,
aus mir macht man die löffelein,
Mit silber und rotem gold beschlagen,
thut mich für die besten tragen.
felbinger wie gefellt dir das.
7. Der felbinger sprach ich bin so fein,
aus mir macht man die fässelein,
In mich thut man den besten wein,
rot welsch und malvasire.
puxbaum wie gefellt dir das.
8. Der puxbaum sprach ich bin so fein,
aus mir macht man die becherlein,
Aus mir trinckt manche schöne jungfraw
mit jrem roten mündlein.
felbinger wie gefelt dir das.
9. Der felbinger sprach ich bin so fein,
aus mir macht man die sättelein,
Auff mir reut mancher guter gesell
wol durch den grünen walde.
buxbaum wie gefellt dir das.
10. Der puxbaum sprach ich bin so fein,
aus mir macht man die pfeiffelein,
Mich pfeipfft mancher guter gesell
im feld wol in den kriegen.
felbinger wie gefelt dir das.[336]
11. Der felbinger sprach ich bin so dratt,
ich steh dort mitten in der matt,
Und halt ob einem brünlein kalt,
daraus zwey hertzlieb trincken.
puxbaum wie gefelt dir das.
12. Der puxbaum sprach bistu so recht,
so bistu mein herr, und ich dein knecht,
Der sach gib ich dir aller recht,
das spiel hastu gewunnen.
Buchempfehlung
Seine naturalistische Darstellung eines Vater-Sohn Konfliktes leitet Spitteler 1898 mit einem Programm zum »Inneren Monolog« ein. Zwei Jahre später erscheint Schnitzlers »Leutnant Gustl" der als Schlüsseltext und Einführung des inneren Monologes in die deutsche Literatur gilt.
110 Seiten, 6.80 Euro
Buchempfehlung
Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Michael Holzinger hat für den zweiten Band eine weitere Sammlung von zehn romantischen Meistererzählungen zusammengestellt.
428 Seiten, 16.80 Euro