331.

[112] Der marschall von Turenne hatte einen cavalier an einen gewissen Churfürsten abgefertiget / allwo derselbe zur tafel beruffen wurde. Allhier fand sich nun auch ein kurtzweiliger rath ein / welcher / weil er eine arme weibes-person zu hause hatte / eine junge trut-henne unvermercket in die tasche steckete / um selbige dieser seiner vertrauten mitzubringen. Dieses merckte ein Churfürstl. Ministre / welcher es nach der mahlzeit den Churfürsten und den übrigen anwesenden heimlich hinterbrachte / nachmals aber sich öffentlich vernehmen ließ: Es sey ein vergüldeter becher vom credentz-tische hinweg kommen / darum möchten Ihre Churfürstl. Durchl. doch erlauben / daß bey allen anwesenden nachsuchung gethan würde. Als solches geschahe / und die reihe an den kurtzweiligen rath kam / zog der Ministre die truthenne aus dessen tasche hervor / und sagte: Wenn er den becher-dieb gleich nicht gefunden / so habe er doch denjenigen angetroffen / welcher die truthüner mausete. Allein der kurtzweilige rath ließ wenig scham-röthe unterm gesichte spüren / sondern sagte zum Churfürsten: Ja /genädigster herr / ich habe ein armseliges hühnlein genommen /[112] weil ich einen krancken hund habe / der sonst keinen appetit zum essen hat. Hiermit zeigete er auf den Ministre / und fuhr fort: Aber dieser nimmt euch täglich gantze ochsen /und läst es wohl bleiben / daß er euch solches anzeiget.

Quelle:
Das Buch der Weisen und Narren oder kluge und einfältige reden und tworten, welche von leuten aus allerhand nationen bey verschiedenen begebenheiten entweder im ernst oder aus schertz vorgebracht worden. Leipzig 1705, S. 112-113.
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