Siebente Szene

[244] Vorige. Stolzenthaler und Höller von rechts.


HÖLLER kleines, trotz großer Beleibtheit sehr bewegliches Männchen. Er spricht nicht, sondern schreit, obwohl es ihm wegen Atemnot Beschwer macht. Man hört ihn schon hinter der Szene. Alsdann heim auf a paar Stund – als solider Familienvater – haha – natürlich – aber dann treff mer sich wieder unten in dem Landkaffeehaus – in dem Schandkaffeehaus – wo s' a Nudelbrett für a Billard ausgebn! Haha!

STOLZENTHALER. Ich werd schon kommen.

HÖLLER. 's halt dich eh nit lang z' Haus, haha – kommt dir eh schwer gnug an – 'n gsetzten Ehegatten z' spieln. Haha![244]

STOLZENTHALER. Na ja, mer is halt nimmer frei, und dö Meinige, obwohl s' um ein Kopf kleiner ist, will mir doch immer über d' Achsel schaun.

HÖLLER. So duck s' halt abi zu derer Bas – wo s' d' rechte Höhen für dich hat. Haha.

STOLZENTHALER. Wär schon recht. Aber pack an, wann d' dich traust! Was wahr is, muß mer sagn: das Weib hat amal so was Nobles in ihr. Taugt mir zwar gar nit, aber was will man machen? Na, jetzt schau ich hnein. Servus!

HÖLLER. Servus! Schießt ab, noch hinter der Szene. Alsdann im Kaffeehaus! Net vergessen!

SCHALANTER hat Stolzenthaler den Weg vertreten, zieht den Hut. Ich küß d' Hand, Herr von Stolzenthaler!

STOLZENTHALER. Ah, der Schalanter! Und is dös net der Martin?

MARTIN salutiert. Ergebner Diener!

STOLZENTHALER. A schon a paar Schlachten auf der Schmelz gwonnen, was? Zu Schalanter. So habn ausgdrechselt, wie ich hör?

SCHALANTER. Mein Gott, a bissel a Arbeit reicht nit hin, und viel is net da. Mir klein Gewerbsleut sein eh aufs Betteln angwiesen, is gscheiter, man entschließt sich gleich dazu.

STOLZENTHALER. Freilich, wenn eng wer was gibt. – Was macht denn die Pepi?

SCHALANTER. Was soll s' denn machen, das arme Madl? Ah, es is traurig, wenn man sieht, wie's auf der Welt zugeht. Vertraulich näherrückend. Herr von Stolzenthaler, der waren Sie ihr erster, und es kommt auch keiner, über den s' Ihnen vergessen wird.

STOLZENTHALER. Dös glaub ich schon.

SCHALANTER. Der habn S' alles golten und gelten alles, das is aber leider nit bei alle der Fall, mit denen Sie umgangen sein und noch umgehen, Herr von Stolzenthaler! – Alle Achtung vor Ihnerer Frau Gemahlin ...[245]

STOLZENTHALER drohend. Sö! Setzen S' a bissel aus, über mein Weib wird nix gredt.

MARTIN halblaut zu Schalanter. Müssen S' denn gleich mit der Tür ins Haus fallen?

SCHALANTER ebenso. Wir habn kein Zeit, lang herumzschneiden.

STOLZENTHALER. Ich bitt mir's aus, weil amal so a dalkete Red anghobn hat, was is's mit meiner Frau?

SCHALANTER. No, keine fünf Minuten is's her, da hat s' da an der Gartentür mit ein saubern Feldwebel gredt. Wir kennen ihn, es is mein Sohn sein Feldwebel.

MARTIN. Robert Frey heißt er.

STOLZENTHALER. Mit ein Feldwebel? Wann's noch a Generalstäbler gwesen wär!

SCHALANTER. Aber aus denen Reden is hervorgangen, daß sie sich schon von früher her kennen.

STOLZENTHALER. Daß einer a Frauenzimmer anschmacht, das kann man keinm verbieten, aber dann bin ich kommen, und wie ich kommen bin, war ich da!

SCHALANTER. Heut gegen Abend sollten S' die Gnädige doch nit ausgehn lassen.

STOLZENTHALER. Warum?

SCHALANTER deutet nach links. Es soll da a Wirtshaus in der Au liegn, da will s' mit ihm zsammkommen.

STOLZENTHALER. Das is a Lug, und a breitmächtige noch dazu, dafür kenn ich mein Weib z' gut.

SCHALANTER. Ich sag ja nit, daß s' was Unehrenhafts vorhat! Brief habn sich halt die zwei amal gschriebn, und da will s' ihm die sein heimlich zruckgebn.

STOLZENTHALER für sich. Brief –?? Und dö wärn nit gleich verbrennt wordn, wie ich nur ein Fuß in ihr Haus gsetzt hab? Dö hätt sie noch in Händen? Plötzlich sich gegen Schalanter wendend. Wenn Sie in derer Sach so a ehrlichs Gwissen habn, daß Sie sich morgen früh noch zu mir traun, so können S' kommen. Verstanden? Der Stolzenthaler verlangt gar nix umsonst, er zahlt a für 'n Beweis,[246] daß er nit recht gscheit war. – Bhüt Gott! – Jetzt wolln wir der Gnädigen zeigen, daß wir doch nit so dumm sein!


Ab durch das Gittertor.


SCHALANTER ihm nachrufend. Ich küß d' Hand, Euer Gnaden! Morgen fruh werd ich so frei sein! Kommt vor. Na, was hab ich gsagt? Deutet aufs Landhaus. Heut mag's dir da drin a bissel lustig werdn!


Hinter der Szene wird auf einer Ziehharmonika mit Gitarrebegleitung ein Marsch gespielt.


SCHALANTER. Hallo, das sein die Unsrigen!


Quelle:
Ludwig Anzengruber: Werke in zwei Bänden. Band 1, Berlin und Weimar 21977, S. 244-247.
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