Neuntes Buch.

[212] Also bewaffnete der verfluchte Schinder seine gottlosen Hände gegen mich. In so dringender Gefahr galt kein Säumen, ich entschloß mich kurz, durch die Flucht mich vor dem nahen Verderben zu retten. Stracks reiße ich den Halfter ab, woran ich angebunden war, und renne, was nur das Zeug hält, davon; nicht ohne zur größeren Sicherheit öfters hinten auszuschmeißen. Ich sprenge wild durch das Vorhaus hindurch und geradenwegs in den Speisesaal hinein, wo der Herr des Hauses mit den Priestern das Opfermahl hielt. Ich war so im Schuß, daß ich beim Hereinprellen Tisch, Teller, Schüsseln und Geräte und alles, was mir nur im Wege stand, um und um stieß, daß es mit entsetzlichem Gepolter durcheinanderstürzte.

Unser Wirt erschrak und ließ mich flugs greifen und von einem seiner Leute an einem sicheren Ort wohl einsperren, damit ich ihn, wenn ich etwa wieder rappelköpfisch würde, durch meine freche Zwischenkunft nicht noch einmal in der Ruhe des Gastmahls stören möchte.

Da ich durch meine verschmitzte Flucht also in Sicherheit gestellt und den Händen des barbarischen Koches entrissen war, freute ich mich ordentlich meines Gefängnisses. Aber, wo nur das Glück nicht mit uns ist, was hilft uns da all unsere Klugheit und all unser Witz! Das, was die göttliche Vorsehung über uns verhängt hat, geschieht darum nicht weniger! Ich dachte, wie schlau ich der Gefahr entronnen sei, und war nun eben erst recht tief hineingeraten. Denn, zitternd wie ein Espenlaub, kam plötzlich ein Kerl in den Speisesaal gerannt, ich erfuhr es[213] nachher aus den Gesprächen der anderen Bedienten, und meldete dem Herrn:

Eben sei aus der nächsten Gasse ein toller Hund zur Hintertüre hereingekommen und habe mit blinder Wut die Jagdhunde angefallen; darauf sei er in die Ställe gelaufen und habe da alles gebissen, und als er endlich wieder herausgekommen, auch selbst der Menschen nicht geschont. Der Eseltreiber Myrtil, der Koch Hephästion, der Kammerdiener Hypatius und Apollonius der Arzt, und noch andere mehr, die denselben hätten wegjagen wollen, wären alle lästerlich zugerichtet. Bei verschiedenen von den Tieren, die sich in den Ställen befanden, finge auch schon die Tollheit sich zu äußern an.

Diese Nachricht setzte die ganze Tischgesellschaft in Schrecken: Jedermann hielt augenblicklich auch mich für toll. Man nimmt, was man an Gewehr nur vorfindet, ermuntert sich gegenseitig, die Gefahr gemeinschaftlich zu bestehen, und somit Jagd auf mich gemacht! nicht anders, als wären sie insgesamt selbst rasend geworden.

Es ist wohl kein Zweifel, daß sie mich mit ihren Spießen, Fangeisen, Äxten, Beilen und was sie sonst noch für Mordgewehre hatten, in Kochstücke zerstochen und zerhackt haben würden, wenn ich der Gefahr nicht noch zur rechten Zeit inne geworden wäre und mich in das Zimmer, welches meinen Herren zur Wohnung angewiesen worden, geflüchtet hätte. Da schloß und riegelte man mich ein und besetzte die Türe. Ehe man sich selbst bloßstellte, wollte man dem Gifte lieber Zeit lassen, völlig zu wirken, um mich aufzureiben.

Als ich mich im Zimmer so frei und allein sah, machte ich mir die Wohltat des Glückes zunutze und streckte mich der Länge nach auf ein dastehendes, gemachtes Bett und schlief nach geraumer Zeit zum ersten Male wieder als ein Mensch.[214]

Bereits war es heller Tag, als ich mich von meinem weichen Lager ganz munter wieder erhob und draußen vor der Türe meine Wächter um mich zanken hörte.

›Ich kann's nimmermehr glauben,‹ sprach einer, ›daß der arme Esel drinnen toll sein sollte! Eher wollt ich sagen, daß das Gift bei ihm schon ausgetobt habe und bereits wieder verflogen sei!‹

Die Meinungen waren geteilt. Man schritt zu einer genaueren Untersuchung und guckte durch eine Ritze in der Stubentüre; da sah man mich denn ganz fromm und ruhig stehen. Nun wurde die Türe geöffnet und man kam und beobachtete näher, ob ich mich wirklich besänftigt hätte. Und einer, den mir der Himmel zum Retter gesandt, tat den übrigen folgenden Vorschlag, meine völlige Wiederherstellung zu erproben. Nämlich, man solle mir einen Eimer frisch Wasser zu saufen hinhalten, bezeugt' ich davor nicht den geringsten Abscheu und tränke wie gewöhnlich, so könne man sicher sein, daß mir nichts mehr fehle. Hingegen, schauderte ich davor zurück und trüge Scheu zu trinken, so wäre es nicht richtig mit mir. Dies wäre schon eine sehr alte Erfahrung, die man noch täglich bewährt fände.

Auf den Rat wurde gleich aus dem nächsten Brunnen ein Kübel frischen, klaren Wassers geholt und mir, wiewohl mit einigem Zagen, hingehalten. Ich aber trat ohne Anstand hinzu, ja ich ging demselben noch einige Schritte entgegen, steckte, als ob ich noch so durstig wäre, den ganzen Kopf hinein und soff auch alles Wasser, im eigentlichsten Verstande ein Lebenstrunk für mich, bis auf den letzten Tropfen rein aus. Auch litt ich geruhig, daß man mich streichelte und mit Händen klopfte, die Ohren mir kraute und bei dem Halfter mich herumführte, kurz alles, was sie mit mir nur versuchen mochten, bis sie endlich ihr rasendes Vorurteil gegen mich abgelegt hatten und von[215] meinem völligen Wohlbefinden überzeugt waren. Also entrann ich dieser doppelten Lebensgefahr.

Folgenden Tags ward ich wiederum mit dem heiligen Geräte behangen und unter Krotalen- und Zimbelklang aufs Almosenbetteln ausgeführt. Nachdem wir durch allerhand Dörfer und Flecken gezogen, blieben wir endlich in einer Burg stilleliegen, die nach dem Berichte der Einwohner auf den Trümmern einer ehemaligen reichen Stadt erbaut war.

In der Herberge, wo wir gastfreundlich aufgenommen wurden, erfuhren wir eine lustige Geschichte von einem armen Zimmermann, dem seine Frau auf die schnurrigste Weise von der Welt Hörner aufgesetzt hatte. Sie sei hier zum Besten gegeben:

Ein armer Zimmergeselle, der nur kümmerlich sein Brot mit Tagelöhnern verdiente, hatte ein Weib, die, aller Armut ungeachtet, wegen ihres Hanges zur Üppigkeit übel berüchtigt war. Eines Tages, als er früh auf seine Arbeit ging, huschte flugs zu ihr ein flinker Galan ins Haus. Kaum sind aber beide zusammen und fangen in voller Sicherheit an, der Liebe zu pflegen, siehe, da kehrt der Mann schon wieder heim, ohne daß er jedoch um etwas gewußt oder dergleichen sich versehen hätte; vielmehr, da er die Türe dicht und fest verschlossen und verriegelt fand, freute er sich in seinem Herzen über die strenge Eingezogenheit seines treuen Weibes. Er klopft an und gibt durch Pfeifen das Zeichen, daß er da sei. Wie der Blitz hat sich das verschmitzte und auf solche Fälle ausgelernte Weib aus ihres Liebhabers Armen losgeschlungen und denselben in einem großen Fasse versteckt, das halbverschüttet und leer in einem Winkel dastand. Nun machte sie dem Manne auf; gleich in der Türe aber läßt sie ihn böse an.

›Wie?‹ keift sie, ›leer und müßig kommst Du wieder nach Hause? Pfui über Dich Erzfaulenzer! Du magst nur immer die[216] Hände in den Schoß legen und nicht einmal so viel arbeiten, daß wir unser elendes Leben erhalten können, da ich armes betrübtes Weib mich doch Tag und Nacht mit dem Wollespinnen plage und mich abarbeite, damit wir nur in der Kiffe hier nicht im Finstern sitzen dürfen! Wie weit glücklicher Nachbarin Daphne dagegen lebt! Vom frühen Morgen bis in die sinkende Nacht zecht, schlemmt und buhlt sie nach Herzenslust mit jungen Kerlen!‹

Verblüfft über den Willkommen, begann der Mann gar glimpflich: ›Nu, nu, gutes Weibchen, laß nur gut sein! Hat mir der Meister gleich keine Arbeit gegeben, weil er vor Gericht zu tun hatte, so ist heut darum doch für unser Sattwerden gesorgt. Denk! das alte Faß da, was uns nur überflüssig ist und im Wege steht, hab' ich für fünf Denare verkauft! Der Käufer wird das Geld dafür den Augenblick herbringen und es abholen. Komm, Schatz, und hilf es mir aus dem Wuste da hervorziehen, damit wir es ihm überliefern können.‹

Da galt Besonnenheit, und sie fehlte der Abgefeimten nicht. Sie schlug ein spöttisches Gelächter auf und rief: ›Nu, das ist wahr, ein gar vortrefflicher Handelsmann bist Du! Eine Sache, die ich dummes Weib, ohne einen Fuß vor die Türe zu setzen, soeben für sieben Denare verkauft habe, die weißt Du doch noch für weniger los zu werden!‹

Wer war froher wie der Mann über den unerwarteten Profit! Hastig fragte er: ›I, wer ist denn das, der es sich so teuer hat anschmieren lassen?‹ ›St!‹ sprach sie, ›dort steckt er drinnen und untersucht, ob's auch ganz ist!‹

Der Galan trat vortrefflich in die Lüge ein. Ganz unbefangen reckte er den Kopf aus dem Fasse und sprach: ›Die Wahrheit zu sagen, Mutter, Euer Faß ist doch schon ziemlich wandelbar; es hat hin und wieder ansehnliche Risse.‹ Darauf richtete er[217] sich an den Mann und sagte ganz fremd zu ihm: ›O guter Freund, holt mir einmal eine Lampe, ich will doch innen den Schmutz abkratzen und zusehen, ob das alte Ding wohl noch zu gebrauchen ist; denn wegwerfen möcht ich mein Geld auch nicht!‹

Der arme Tropf, ohne daß ihn die Stirn juckt, geht und zündet unverzüglich die Lampe an, kommt dann damit und spricht: ›Laßt mich lieber das machen, Kamerad! warum wolltet Ihr Euch bemühen? Wann ich fertig bin, könnt Ihr's besichtigen!‹ Damit zieht er sich aus und kriecht, die Lampe in der Hand, an dessen Statt in das Faß und pocht, scharrt und schrappt es aufs emsigste aus. Unterdessen schmiegt sich der leichtfertige Buhle über seine Frau Zimmermannin hin, welche sich auf das Faß gebückt hatte und bezimmert sie nach Herzenslust. Kopf und Arm in das Faß gehängt, zeigte sie dabei mit schamloser Verschlagenheit ihrem Manne bald hier, bald dort noch etwas zu säubern an; bis endlich Mann und Liebhaber beide ihr Werk vollendet. Da zahlte dieser seine sieben Denare und der arme Hahnrei mußte noch obendrein seinem Hörnerpflanzer das Faß auf dem Nacken nach Hause tragen.

Nach einem Aufenthalt von etlichen Tagen in dieser Burg, während desselben sie sich auf öffentliche Kosten weidlich mästeten, auch ihre Sache durch Weissagen nicht übel machten, fielen die frommen Priester noch auf eine neue Art, Geld zu verdienen. Sie erteilten einen Orakelspruch, und durch künstliche Auslegung paßten sie denselben allen möglichen vorgelegten, noch so sehr voneinander verschiedenen Fragen an. Ungefähr so. Das Orakel lautete:

›Darum reißen zusammengespannte Stiere das Land auf,

Daß in der Zukunft die Saat sprieße gesegnet hervor.‹

Fragte nun ein verliebtes Paar, ob es sich heiraten solle, so[218] sagten sie: es läge ausdrücklich in der Antwort; sie sollten sich unter dem Joche der Ehe zusammen vereinen, und eine Saat von Kindern würde aus ihnen entsprießen. Wollte jemand wissen, ob er gewisse Besitzungen kaufen sollte: allerdings! es würde ihm ja ein Joch Ochsen verheißen und Felder mit blühenden Saaten. Erholte ein anderer sich Rats wegen einer bevorstehenden Reise, über die er in Sorgen stand – er sollte damit nicht zaudern, die Ochsen, das allerfrömmste Vieh, ständen schon angespannt und fertig; die Reise würde für ihn auch ersprießlich sein, das kündige der sprießende Boden an. War die Frage, ob es ratsam sei, ein Treffen zu liefern oder Räubern nachzusetzen? – Höchst ratsam! Das Schicksal verheiße Sieg, denn gleich den Stieren würden die Feinde den Nacken unter das Joch schmiegen, und gesegnet würde die Raubernte sein, die man von den Banditen einsammeln würde.

Mit dieser spitzfindigen Betrügerei scharrten sie kein kleines Geld zusammen, bis sie endlich wegen des beständigen Fragens des Antwortens müde waren und weitergingen.

Der Weg, den wir machten, war ärger denn alles, was ich die Nacht durch ausgestanden hatte. Bald versank ich in grundlose Wasserrinnen, bald blieb ich in zähem Moraste stecken, bald glitt ich mit allen Vieren auf schlüpfrigem Boden. Endlich und endlich geriet ich, nach langem Stolpern und Stürzen, auf eine ebene Straße; meine Füße aber waren ganz morsch und ich so abstrapaziert, daß ich kaum noch fort konnte.

Siehe da! Plötzlich kam ein Trupp bewaffneter Reiter in so gestrecktem Galopp hinter uns hergesprengt, daß sie kaum die Pferde anhalten konnten, als sie bei uns ankamen. Sie fielen hitzig über den Philebus und seine Confratres her, faßten, sie bei der Gurgel, schimpften sie gottlose Kirchenräuber, schlugen sie mit geballten Fäusten und legten ihnen Handfesseln an.[219]

›Gebt heraus, Ihr Spitzbubenpack,‹ schrien sie immer, ›gebt gleich den goldnen Kelch heraus, den Ihr von den heiligen Polstern der Mutter der Götter heimlich entwendet habt! Ihr habt ihn gestohlen, als Ihr vorgabt, geheime Feierlichkeiten im Verborgenen zu begehen, und bloß darum habt Ihr Euch auch in aller Stille noch vor Anbruch des Tages weggemacht! Aber Ihr irrtet Euch sehr, wenn Ihr glaubtet, der Strafe für eine solche Schandtat entrinnen zu können.‹

Einer derselben tappte mir unterdessen auf dem Rücken herum, visitierte alles durch, was ich trug, und zog endlich aus dem Schoß der Göttin selbst vor aller Augen den goldenen Kelch hervor.

Indessen selbst die Überweisung der gräßlichsten Gottlosigkeit schlug das unverschämte Priestergesindel noch nicht nieder. Fingen sie nicht gar noch zu lachen an und wollten sich weißbrennen?

›Es ist doch himmelschreiend,‹ riefen sie, ›wie unverdienterweise man in Gefahr gerät! Um eines Kelches willen, den die Mutter der Götter ihrer Schwester, der syrischen Göttin, zum Gastgeschenke gegeben, sollen wir armen unschuldigen Vorsteher ihrer Religion mit Leib und Leben zur Verantwortung gezogen werden, als ob wir uns an so heiligen Sachen vergreifen könnten!‹

Allein sie redeten nur in den Wind. Die Reiter nahmen sie mit sich zurück und warfen sie geschlossen in den ärgsten Kerker. Den Kelch brachten sie wieder in den Schatz des Tempels und meine Göttin alldazu. Mich aber führten sie folgenden Tages auf den Markt und ließen mich wiederum zum Verkaufe ausrufen.

Ein Bäcker aus dem nächsten Städtchen bezahlte mich noch um sieben Nummen teurer, als Philebus vorher für mich gegeben[220] hatte. Er belud mich mit Getreide, das er aufgekauft, und trieb mich einen rauhen, steinigen Weg, voller Stürze und Wurzelenden, zu sich nach Hause. Viele Pferde und Esel in beständigem Kreislaufe trieben da Mühlen von allerhand Größe, nicht allein bei Tage, sondern auch die Nacht durch bei Lichte.

Mein Herr hatte anfangs ungemein viel Gütigkeit für mich, vermutlich, um mir von meiner neuen Lage einen desto günstigeren Begriff beizubringen. Er ließ mich den ganzen ersten Tag feiern, und meine Krippe war immer vollauf mit Futter angefüllt. Aber länger dauerte auch die Flitterzeit nicht.

Den folgenden Tag wurd' ich mit dem Frühesten an eine der größten Roßmühlen angespannt. Man verkappte mir das Gesicht und trieb mich an, in die Runde, innerhalb der gezogenen Schranken, herumzugehen und einen und denselben und immer wieder von neuem anzufangenden Umlauf zu beginnen. Um es, meinen Gedanken nach, recht klug zu machen, bezeigte ich zu der leichten Kunst so wenig Gelehrigkeit als nur möglich. Zwar hatt' ich, wie ich noch als Mensch unter den Menschen lebte, dergleichen Maschinen wohl tausendmal herumdrehen sehen; demungeachtet stellt' ich mich ganz neu und fremd dazu an. Ich stand wie in den Boden gewurzelt da und ging nicht von der Stelle. Ich bildete mir ein, ich würde zu solcherlei Verrichtungen für unnütz und unbrauchbar erklärt und lieber zu irgendeiner leichtern Arbeit bestimmt oder auch gar aus Gnaden in Müßiggang ernährt werden. Ach, wie weit schoß ich vom Ziele!

Ich war bald von einem Haufen Leute, mit Prügeln bewaffnet, umgeben, und indem ich so mit verbundenen Augen, in der schönsten Hoffnung versunken, dastand, ließen die auf ein gegebenes Signal mit einmal, unter gräßlichem Geschrei, unzählige Streiche hageldicht auf mich einfallen.[221]

Denkt Euch den Schreck!

Vergessen waren da augenblicklich meine geklügelten Anschläge, und fix legte ich mich aus allen meinen Kräften ins Zeug und trollte lustig umher in die Runde. Allesamt wollten sich über eine so schnelle Sinnesänderung zu Tode lachen.

Bereits war der größte Teil des Tages verstrichen. Kaum konnt' ich noch fort, als man mich wieder abkappte, ausspannte und an die Krippe stellte. So müde ich indessen auch war, so sehr ich eines Ersatzes an Kräften bedürftig, und so laut sich auch in mir mein Magen meldete, dennoch hing ich lieber meiner geliebten, nie mich verlassenden Neugier nach, als daß ich das im Überfluß mir vorgeschüttete Futter ruhig ausgefressen hätte. Mit großem Behagen erforschte ich das ganze Wesen und die innere Beschaffenheit eines so unseligen Aufenthaltes, als eine Stampfmühle ist.

Ihr gütigen Götter! wie viele Menschen gab es da, über und über mit Blutstriemen bezeichnet, den Rücken zerbläut, mit Lumpen mehr beschattet als bedeckt! Einige hatten noch einen geringen Fetzen um die Scham geworfen; die meisten aber waren so bekleidet, daß sie darum nicht weniger nackend gingen.

Was für Gebrandmarkte, für Halbgeschorene, für Geschlossene sah ich da nicht! Fahl zogen sie einher wie Schatten. Die Augenwimpern waren ihnen vom Rauch und Dampf des Backofens abgesengt; sie konnten kaum aus den Augen sehen. Und wie im Kampfe die Fechter mit Staub, so waren sie vom Kopf bis zu den Füßen mit Mehl und Asche gepudert und gar unkenntlich vor Schmutz.

Allein das ist alles noch nichts gegen den Zustand, worin ich meine Gespannschaft, die Pferde, Mäuler und Esel, antraf; der ist fast nicht zu schildern. Fürs erste waren es lauter[222] uralte Tiere, lauter Schindkraken, die vor Schwäche schwindelten. Die standen nun mit festgeschlossenen Augen, den Kopf zur Erde gesenkt, da an der Krippe und kauten schläfrig Spreu; der ganze Hals ein Eiterfraß, die Nüstern vom unaufhörlichen Prusten schlaff und weit offen, die Vorderblätter vom ginstnen Zugseile durchgerieben und schwärig, die Rippen bloß vom beständigen Gepeitsche, die Hufe breit voneinander gelaufen, und endlich das äußerst dürre Gerippe über und über mit bösem Grinde überzogen!!

Wie ein schneidend Schwert fuhr es mir durch die Seele, als ich bedachte, daß ich mich wahrscheinlich in kurzem in dem nämlichen Zustande befinden würde. ›Wehe!‹ seufzt' ich bei mir selbst, ›so überschwenglich elend sollst Du noch werden, armer Lucius!‹ Und schwermütiglichst ließ ich den Kopf hängen.

In meiner angeborenen Neugierde fand ich noch den einzigen Trost bei so jammervollem Leben. Sie fand beständig Nahrung, da man sich um meiner Gegenwart willen keinen Zwang antat, sondern frei sprach und handelte, wie man nur wollte.

In der Tat, der göttliche Sänger der Griechen hat recht, wenn er von seinem Helden singt: Nur dadurch habe er die höchste Staffel menschlicher Weisheit erreicht, daß er vieler Menschen Städte gesehen und Sitten gelernt hat und so viel unnennbare Leiden erduldet. Auch ich habe in der Rücksicht meinem Esel viel zu danken. Unter seiner Hülle bin ich in so mancherlei Leiden geübt und, wo nicht mit Weisheit, doch wenigstens mit Wissenschaft bereichert worden. Vorzüglich verdanke ich ihm ein gar allerliebstes Histörchen, welches ich Euch unmöglich vorenthalten kann. Hier ist es!

Der Bäcker, dem ich zugehörte, war ein sehr guter und überaus bescheidener Mann, hatte aber den Ausbund aller argen, garstigen Weiber von der Welt zur Frau. Er stand bei ihr alles[223] nur ersinnliche Hauskreuz aus. Ich hatte wahrhaftig selbst manchmal Mitleiden mit ihm in meinem Herzen. Dem abscheulichen Weibe fehlte keine Untugend, kein Laster; alle insgesamt waren in ihrer scheußlichen Seele, wie der Unrat in einem Pfuhle, zusammengeflossen. Sie war boshaft, grausam, mannsüchtig, dem Trunk ergeben, hartnäckig, zänkisch, geizig in schnöder Anmaßung des Gutes anderer Leute, höchst verschwenderisch in schändlicher Verbringung des Ihrigen, der Ehrlichkeit gram, der Zucht feind. Dabei verachtete und verspottete sie die Götter samt der wahren Religion. Sie bekannte sich zu einer lästerlichen Lehre von einem Gott, den sie für den Alleinigen ausgab, und unter dem Vorwande allerlei zu beobachtender, nichtiger Gebräuche hinterging sie die Welt, betrog den Mann, soff vom frühen Morgen an und hurte ohne Unterlaß.

Dieser grimmige Drache von Weib hatte einen Pik auf mich; ich weiß nicht, warum? Noch vor Tage, wenn sie noch lange auf dem Ohre liegen blieb, schrie sie schon: ›Spannt doch den neuen Esel an die Mühle!‹ Sobald sie aber aus dem Neste gekrochen, war ihre erste Sorge, daß mir in ihrer Gegenwart das Fell tüchtig ausgegerbt wurde, und zur Abfutterungszeit, wenn schon alles ausgespannt war und fraß, durft' ich doch ganz spät erst an die Krippe gelassen werden. Diese ihre Strenge machte mich desto aufmerksamer auf ihre Sitten.

Ich hörte beständig einen jungen Menschen bei ihr ein- und ausgehen. Für mein Leben gern hätt' ich ihm ins Gesicht gesehen; nur konnte ich nicht vor der Kappe über den Augen. Ich hätte dann schon alles anwenden wollen, die garstige Aufführung des bösen Weibes an den Tag zu bringen.

Ferner stak sie tagtäglich vom Morgen bis auf den Abend mit einer alten Vettel zusammen, welche die Unterhändlerin[224] zwischen ihr und ihren Galanen abgab. Wenn sie miteinander gefrühstückt und ein gutes Schlückchen zu sich genommen hatten, dann ging's an ein Beratschlagen, wie dem guten, ehrlichen Manne wieder auf eine listige Art eine Nase zu drehen sei.

So böse ich auch der Fotis ihres Versehens wegen war, daß sie mich in einen Esel, anstatt in einen Vogel verwandelt hatte, so kamen mir dennoch die großen Ohren, wie schlecht sie auch ins Gesicht fallen mochten, außerordentlich zustatten. Ich konnte alles und jedes wörtlich hören, was auch noch so weit von mir gesprochen wurde. Eines Tages belauscht' ich die beiden Sibyllen bei folgendem Gespräche:

›Ja, Madamchen,‹ sprach die getreue Vertraute, ›von dem sag' ich mich los! Haben Sie sich für ihren eigenen Kopf eine solche Matztasche von Liebsten auserkoren, der gleich vor Furcht vergehen möchte, wenn Ihr herzlieber Mann nur ein wenig das Gesicht verzieht, und so kraftlos ist, daß er schon nicht weiter kann, wenn Ihr Verlangen erst recht belebt zu werden anfängt, so mögen Sie auch sehen, wie Sie mit ihm auskommen! Dafür lobe ich mir den Philesietärus! Das ist ein anderer Kerl! Jung, schön, freigebig, brav, schiert der sich viel um die Wachsamkeit der eifersüchtigen Männer! So wahr ich bin! Der Junge wäre wert, daß ihm alle Weiber ihre beste Gunst schenkten! Er wäre wert, eine goldne Krone zu tragen; wäre es auch nur um des meisterhaften Streiches willen, den er neulich einem solchen abgünstigen Ehekrüppel gespielt hat. Hören Sie denn einmal an, Madamchen, und urteilen Sie selbst, was zwischen Liebhaber und Liebhaber für ein Unterschied ist! Sie kennen doch hier in der Stadt den Ratsherrn Barbarus? Weil er eine so giftige Zunge hat, nennen die Leute ihn immer den Skorpion, und er hat ein so überaus feines, allerliebstes Weibchen, das er wie Argus bewacht und stets unter Schloß und Riegel hält.‹[225]

›Wie sollt' ich ihn nicht kennen?‹ versetzte die galante Bäckerin, ›seine Frau Arete ist mit mir in die Schule gegangen.‹

›Oh, so werden Sie auch schon,‹ sprach jene wieder, ›die ganze Geschichte mit dem Philesietärus wissen!‹

›Nein! nicht ein Wort davon,‹ war die Antwort; ›aber ich möchte sie wohl wissen. Erzählt sie doch von Anfang an, Mütterchen, ich bitte Euch!‹

Darauf hub das alte Plappermaul folgendermaßen zu erzählen an:

›Dieser hochgelahrte Herr Barbarus hatte vor kurzem eine notwendige Reise zu tun. Er wußte sein geliebtes Weib unterdessen nicht besser aufzuheben, als daß er ihr einen von seinen Leuten, mit Namen Mirmex, den er immer vorzüglich treu befunden, zum Keuschheitswächter bestellte. Ewiges Gefängnis in Ketten und Banden und bei Wasser und Brot war das Geringste, was er demselben androhte, wo er seine Frau von einer Mannsperson auch nur mit einem Finger im Vorbeigehen würde berühren lassen. Er schwur bei allen Göttern, das Leben würde er ihm nehmen, und das auf die jämmerlichste, schmählichste Art! Nach solcher nachdrücklichen Installation trat er seine Reise ruhigen Herzens an; desto unruhiger aber hinterließ er den armen Mirmex. Dieser lebte in tausend Ängsten. Keinen Schritt durfte Arete ohne ihn tun, wie ihr Schatten verfolgte er sie; zu Hause beim Wollespinnen wich er ihr nicht von der Seite. Ging sie abends, was nicht zu ändern war, in das Bad, so saß er ihr immer auf den Hacken und haftete wie eine Klette an einem Zipfel ihres Kleides. So gewissenhaft versah er sein aufgetragenes Ehrenwächteramt.

Inzwischen war die Schönheit der Frau Ratsherrin zu groß, als daß sie der wachsamen Aufmerksamkeit des Philesietärus lange hätte verborgen bleiben können, und alles, was er von[226] ebendieser gepriesenen strengen Zucht und Hut hörte, das reizte und feuerte ihn nur um so mehr an, alles in der Welt zu wagen und zu dulden, um ein solches Kleinod zu erobern.

Er kannte die Zerbrechlichkeit menschlicher Tugend und wußte, wie vor dem Golde alle Hindernisse weichen und selbst diamantene Tore aufspringen. Er trat also einmal den Mirmex an, als er ihn eben allein fand, entdeckte ihm seine Liebe zur Arete und flehte aufs rührendste, seiner Qual Linderung zu verschaffen. Er könnte sein Leben nicht länger ertragen, wo er nicht bald der Erfüllung seiner Wünsche teilhaftig würde; er müsse sterben. Was er fordere, sei auch nur eine Kleinigkeit; Mirmex habe nicht das Geringste dabei zu befahren; er wolle nur abends, unterm Schutze und Schleier der Finsternis, sich allein bei ihm in das Haus einschleichen, keine sterbliche Seele solle ihn sehen, und nicht länger als einen Augenblick wolle er sich aufhalten.

Bei diesen und ähnlichen flehentlichen Bitten aber ließ es der feine Zeisig nicht bewenden; sondern er fügte noch ein Überredungsmittel hinzu, das da fähiger als alles war, die mauerfeste Treue des Kerls in ihrem tiefsten Grunde zu erschüttern. Er hielt ihm nämlich die Hand hin und ließ ihm daraus den Glanz schöner neugeprägter Goldstücke ins Gesicht blitzen, wovon zwanzig der Dame, ihm aber zehn mit tausend Freuden bestimmt wären.

Entsetzen ergriff den Mirmex bei dieser Zumutung des Philesietärus, und er lief, als ob ihm der Kopf brennte, mit verschlossenen Ohren davon. Allein der Sonnenglanz des Goldes hatte ihn einmal verblendet und verfolgte ihn überall! So weit er auch auf seinen Beinen davor rannte, so fest er sich auch dagegen in dem Hause verschanzte, dennoch stach er ihm beständig in die Augen. Immer schwebten die blanken Goldstücke[227] vor seinem Gesicht, immer überrechnete er den reichen Gewinn. Mit sich selbst in unaufhörlichem Zwiste, schwankte wie ein Nachen sein Sinn bald hier-, bald dorthin. Ein Gedanke, ein Vorsatz verdrängte, verjagte den andern. Jetzt hielt ihn Treue, jetzt zog ihn Habsucht; dann schreckte ihn Marter, dann lockte ihn Wollust. Bis zuletzt Gold über Todesfurcht obsiegte; denn selbst die Zeit verminderte die schnöde Begierde nach dem schimmernden Metalle nicht! Nicht Tag, nicht Nacht fand der Arme Ruhe. Trotz der abscheulichsten Drohungen seines Herrn war er seiner selbst nicht mehr Meister; es ängstigte, es drängte, es zwängte ihn innerlich. Er mußte endlich Scham und Verzug verbannen und seiner Gebieterin den Antrag ihres Liebhabers hinterbringen.

Dame Arete fiel nicht ab von dem angebornen Leichtsinn unseres Geschlechtes. Sofort war der Handel mit ihr geschlossen und ihre Keuschheit für das verfluchte Gold verpfändet.

Niemand war nun froher als Mirmex, war es gleich auf Kosten seiner Treue. Er konnte den Augenblick nicht erwarten, das Geld, das er zu seinem Unglücke gesehen hatte, nur zu berühren, geschweige in Empfang zu nehmen. Er flog zum Philesietärus, berichtete ihm voller Freuden, wie sein geäußertes Verlangen mit großer Mühe bewerkstelligt sei, forderte auf der Stelle seine versprochene Belohnung und sah sich denn endlich so glücklich, goldene Münzen in einer Hand zu halten, die kaum noch eherne berührt hatte.

Jetzt war es stockfinstere Nacht; jetzt nimmt er den wackeren Liebhaber, das Haupt wohl verhüllt, allein mit sich nach Hause und führt ihn in Aretes Schlafzimmer.

Kaum hatten sich beide Liebenden voller Entzücken umarmt und jeglicher Hülle entledigt ihrer Liebe mit aller Inbrunst lechzender Begier die ersten Opfer gebracht, als wider aller Vermuten der Herr Gemahl, der die Nacht durch gereist war, vorm[228] Hause anlangt. Er klopft, er ruft, niemand will hören; er wird ungeduldig, schmeißt mit Steinen wider die Haustür; es kommt noch niemand. Nun gerät er in Zorn und schimpft und flucht auf den Mirmex und bedroht denselben mit der schrecklichsten Strafe, wo er nicht unverzüglich aufmache.

Der arme Teufel, über die unglückliche Überraschung in der äußersten Verwirrung, wußte vor Bestürzung seinem Leibe keinen Rat. Doch besann er sich noch so viel, daß er sagte, er habe den Hausschlüssel mit so großer Sorgfalt verwahrt, daß er ihn nun in der Dunkelheit selbst nicht wieder zu finden wisse. Unterdessen hörte Philesietärus den Lärm, warf hurtig sein Kleid über und, ohne an seine Schuhe zu denken, barfuß zur Kammer hinaus!

Nun kam mein Mirmex gemach mit dem Hausschlüssel angestochen und schloß auf. Donnernd und wetternd stürzte sein Herr zum Hause herein und gleich in die Schlafkammer; Philesietärus aber husch! hinter ihm weg und unbemerkt und glücklich davon!

Solchergestalt von seiner Angst gerettet, schloß Mirmex ruhig sein Haus wieder ab und legte sich schlafen, sonder Ahnung von dem, was ihm andern Tages bevorstand. Denn als der Herr Ratsherr Barbarus morgens beim Erwachen die Schuhe entdeckte, welche der flüchtende Philesietärus unter dem Bette hatte stehen lassen, verspürte er mit einmal ein so gewaltiges Jucken vor der Stirn, daß er flugs aus den Umständen die Wahrheit mutmaßte. Indessen fanden Sie Wohlweisen nicht für gut, Dero Herzeleid weder Ihre Frau Gemahlin noch jemand von den Leuten merken zu lassen, sondern Sie versteckten die Schuhe heimlich unter Ihrem ratsherrlichen Kleide und gaben Befehl, den Mirmex sogleich zu binden und nach dem Gerichtsplatz zu schleppen. In hoher eigener Person begaben Sie[229] sich auch dahin, stillschweigend Ihren Gram unter Ihrer Würde verbergend; aber fest überzeugt, durch Hervorweisung der Schuhe Dero Ehrenschänder genau auf die Spur zu kommen.

Aber was geschah?

Eben wie Barbarus, das Gesicht von verbissener Wut aufgeschwollen, mit dem geschlossenen Mirmex in Prozession die Straße hinanzog und dieser, weil sein Gewissen ihn verklagte, durch Heulen und Lamentieren alle Leute zu vergeblichem Mitleid bewegte, so kam Philesietärus in Geschäften die Straße herunter und ihnen gerade entgegen. Der erste Blick erinnerte ihn sogleich an sein gestriges Vergessen; er zweifelte nicht, daß dies die Folgen davon seien. Augenblicklich rüstet er sich mit seiner ganzen Entschlossenheit und Gegenwart des Geistes und, wie ein Pfeil unter die Sklaven, und dem Mirmex mit großem Geschrei und nicht anders, als ob er ihn auf der Stelle erdrosseln wolle, zu Halse!

»Ha!« ruft er, »treff' ich Dich, Du Erzschandbube? Daß Dein Herr und alle himmlischen Götter Dich doch für die falschen Schwüre, die Du da ausstößest, in den Abgrund vertilgten! Du bist ein Dieb! Du hast im Badehause mir gestern meine Schuhe gestohlen! Du solltest krumm zusammengeschlossen in den finstersten Kerker geschmissen werden, und wie einen Hund sollte man Dich da ohne Erbarmen verrecken lassen!«

Der Ton der Wahrheit, womit er dies hervorbrachte, und die Keckheit, mit welcher er seinen vorgeblichen Dieb behandelte, übertölpelten richtig meinen Barbarus. Flugs machte er linksum und kehrte wieder nach Hause. Er krümmte dem Mirmex kein Haar; mit lachendem Herzen gab er ihm die Schuhe und hieß ihn, sie ihrem Herrn wieder zuzustellen.‹

Noch redete das Mütterchen, so hub Madame Bäckerin mit einem tiefen Herzensseufzer an:[230] ›Ach! glücklich, wem solch braver Liebhaber beschert wird! Mir armen Frau ist leider nur eine feige Memme zuteil geworden. Es braucht nicht einmal des Geklappers der Mühle, der verkappte, schäbige Esel da macht ihn schon zittern und beben.‹

›Nun,‹ antwortete die Alte wieder, ›so geben Sie sich nur zufrieden Madamchen! Noch heutigen Tages sollen Sie selbst so glücklich sein, jenen wackern Jungen in Ihre Arme zu schließen. Da! ich verspreche es Ihnen mit Hand und Mund. Auf diesen Abend! Sie können sich darauf verlassen!‹

›Topp!‹ versetzte jene, und die Kupplerin trippelte fort.

Unterdessen war die tugendsame Bäckerin nicht faul. Sie richtete ein köstliches Mahl zu; sie schafft herrlichen Wein an, bäckt, siedet, bratet, deckt den Tisch aufs stattlichste. Kurz, hätte sie einen Gott zu bewirten gehabt, sie hätte sich darauf nicht besser vorbereiten können als auf die Ankunft ihres Buhlen. Ihr Mann war just bei einem Walker in der Nachbarschaft zu Gaste.

Wie es Mittag ward und ich ausgespannt wurde, um gefüttert zu werden, freute ich mich bei weitem nicht so sehr, daß ich nun meiner Arbeit quitt war, als daß mir die Augen wieder aufgebunden wurden, damit ich frei dem schändlichen Wesen des garstigen Weibes zusehen konnte.

Bereits hatte sich die Sonne in den Ozean getaucht und erleuchtete die unterirdischen Gegenden, als die Alte, den feinen Liebling am Arm, anmarschiert kam. Es war ein blutjunges Bürschchen, noch glatt ums Kinn und selbst noch fähig, statt eines Mädchens zu dienen. Er ward mit den zärtlichsten Küssen empfangen und mußte sogleich bei Tische Platz nehmen; aber kaum daß er von Speise und Trank zu kosten anfing, hörte man auch schon unvermutet den Mann wieder nach Hause kommen. Sein Herzensweibchen hätte ihn lieber, ich weiß nicht[231] wohin? gewünscht, oder daß er Hals und Bein möchte gebrochen haben! Allein was half's? Er war einmal da. Hurtig war sie also mit ihrem vor Furcht leichenblassen Liebsten unter eine hölzerne Wanne, worin man das Getreide zu schwingen pflegte, und die von ungefähr dastand. Nachdem er also versteckt, geht sie mir nichts dir nichts unverzagt ihrem Manne entgegen und fragt ihn, wie er denn schon so früh wieder von dem Gastmahle seines Busenfreundes heimkehre? Wehmütig und seufzend gab dieser ihr zur Antwort:

›Aus Ungeduld über die schändliche, niederträchtige Aufführung seines verruchten Weibes bin ich davongelaufen. Ihr gütigen Götter! wer hätte sowas von einer so braven, nüchternen Hausfrau denken sollen? Ja, ich schwöre es bei der heiligen Ceres, noch jetzt, da es meine Augen gesehen, kann ich's kaum über das Herz bringen, es zu glauben!‹

Neugierig gemacht durch die Worte, hörte das freche Weibsstück nicht auf, ihrem Manne mit Bitten anzuliegen, ihr den ganzen Vorgang von Anfang zu erzählen, bis er ihr endlich nachgab und also, seiner eigenen unkundig, die Schande seines Freundes ausschwatzte:

›Stelle Dir vor, mein Kind, Freund Walkmüllers Frau, die immer so züchtig und ehrbar tat und überall im Ruf einer treuen Ehegattin und trefflichen Haushälterin stand, dies Weib hatte insgeheim einen Liebhaber, mit dem sie Ehebruch trieb. Immer steckte sie heimlich mit ihm beisammen und hurte, und wie wir beide aus dem Bade zu Tische kamen, war sie gerade auch mit nichts anderem beschäftigt. Unsere plötzliche Ankunft überraschte sie; indessen wußte sie sich zu helfen. Sie steckte ihren Liebhaber unter einen geflochtenen weidenen Korb, mit Tuch behangen, unter welchem Schwefeldampf angemacht war, um ihm die gehörige Weiße zu geben, und wie sie denselben[232] also ihrer Meinung nach sehr sicher untergebracht hatte, ging sie ruhig mit uns zu Tische. Allein, gar übel war mein Herr Urian da in dem Schwefelgewölke aufgehoben. Er erstickte schier und fiel in Ohnmacht. Der scharfe Schwefel versetzte ihm den Atem und kribbelte ihn so heftig im Gehirn, daß er einmal über das andere zu niesen anfing. Mein Freund, der sich einbildete, es sei seine Frau, denn der Korb stand gerade hinter ihr, rief erst immer: »Prost!« Aber, wie das Ding zu oft kam und gar nicht aufhören wollte, so ging ihm ein Licht auf. Zurück stieß er den Tisch, sprang auf, nahm den Korb weg. Da fand er den Galan, keuchend, in den letzten Zügen!

In der äußersten Wut, worin er über den ihm angetanen Schimpf geriet, wollte er ein Messer nehmen und die halbe Leiche noch ermorden. Allein, das hätte uns böse Händel übern Hals ziehen können; ich gab es nicht zu. Ich versicherte ihm, der Kuckuck würde solange nicht mehr rufen, wir brauchten uns gar seines Todes nicht schuldig zu machen; er wurde sogleich von selbst am Schwefel krepieren. Doch all mein Zureden hätte nichts geholfen, wäre die Sache selbst nicht sprechend gewesen. Kaum, daß sich der Kerl noch regte! Dadurch ließ sich der Walkmüller besänftigen, und bevor der Sterbende gänzlich verschied, lud er ihn auf und trug ihn in das Gäßchen daneben.

Unterdessen riet ich seinem Weibe wohlmeinend, sich aus dem Staube zu machen und so lange irgendwo bei einem Freunde zu bleiben, bis sich erst der Zorn ihres Mannes ein wenig gelegt hätte. Wo sie wartete, bis er zurückkäme, so stände ich nicht dafür, daß er nicht in der Hitze sowohl ihr als auch sich selbst ein Leid zufügte.

Sie folgte dem Rat. Und weil ich voraussah, daß nun weiter an kein Essen würde gedacht werden, so ging ich auch fort.‹[233]

Wie der Bäcker auserzählt hatte, da hätte man Madame hören sollen, wie Sie mit namenloser Gleisnerei auf das Unbarmherzigste und in den niederträchtigsten Ausdrücken auf ihr Ebenbild, auf die Frau Walkmüllerin, loszogen! Wie sie Sie heruntermachten!

›Oh, das ehrlose, das unzüchtige Mensch!‹ hieß es, ›die ist ja die Schande unsres ganzen Geschlechts! So mit Hintansetzung aller Tugend, aller Scham, aller ehlichen Treue aus dem Hause ihres Mannes einen Hurenwinkel zu machen! Nein, die verdient nicht mehr den ehrenvollen Namen einer Frau, einer Gattin; eine Dirne ist sie! ein Nickel!‹

›Ja,‹ fügte sie gar hinzu, ›dergleichen Weiber sollten lebendig verbrannt werden!‹

Indessen, aus Besorgnis, nicht auch noch entdeckt zu werden, wenn sie ihren Herzgeliebten noch länger in der unbequemen Lage unter der Wanne ließe, legte sie es sehr darauf an, daß ihr Mann recht früh zu Bett gehen möchte. Nur glückte es ihr nicht. Da er von seinem Gastmahle hungrig nach Hause gekommen war, so bat er sich von ihr erst noch was zu essen aus; und zu ihrem größten Leidwesen mußte sie ihm das auftischen, was für einen ganz andern bestimmt war. Hurtig war sie dennoch damit da.

Das Herz tat mir im Leibe weh, als ich des garstigen Weibes vorhergehende Aufführung mit ihrer gegenwärtigen Gleisnerei verglich. Ich sann unaufhörlich hin und her, ob es denn nicht möglich wäre, die Betrügerin zu entlarven und meinem Herrn behilflich zu sein, das saubere Bürschchen, das wie eine Schildkröte unter seiner Wanne lag, zu entdecken. Endlich, mitten in meinem Leide über die meinem Herrn angetane Schmach, ward es von der göttlichen Vorsehung verhängt, daß uns unser alter lahmer Wärter hinaus an den See zur Tränke treiben[234] mußte. Dadurch gewann ich die erwünschteste Gelegenheit zur Rache. Ich merkte, als ich mich der Wanne näherte, daß sie zu schmal war und die Finger des Galans darunter hervorragten. Unvermerkt tat ich einen Seitentritt und stellte und stemmte einen meiner Hufe mit solcher Gewalt auf die hervorstehenden Spitzen, daß ich sie völlig zermalmte, und daß der liebe Buhle gleich vor unerträglichem Schmerz jämmerlich zu krähen anfing, die Wanne von sich abwarf und aufsprang. Somit war die ganze unzüchtige Szene aufgezogen!

Der Bäcker ließ sich seine Hahnreischaft eben nicht zu Herzen gehen; sondern mit heiterm, freundlichem Gesicht redete er das zärtliche Herzblatt seiner Frau; das wie eine Milchsuppe blaß und zitternd und bebend vor ihm stand, also an:

›Fürchte nichts Böses von mir, mein Söhnchen! Ich bin weder ein grausamer Barbar noch ein ungeschliffner Bauer. Fern sei es von mir, daß ich Dich in Schwefeldampf erstickte, wie dort der Walkmüller, oder daß ich die Strenge der Gesetze gegen Dich anrief und auf Leib und Leben Ehebruchs halber Dich anklagte. Mit einem so schmucken Jungen als Du bist, weiß ich schon besser umzugehen! In Frieden will ich Dich mit meiner Frau, und Du sollst unser Bett mit uns beiden teilen. Meine Frau und ich haben von jeher in jener vollkommenen Einmütigkeit miteinander gelebt, wovon die Weisen schwatzen. Was ihr gefällt, gefällt auch mir. Nur hab' ich, wie billig, als Mann allemal den Vorrang.‹

Auf diese hämische Spötterei führte er das Bürschchen, sehr wider seinen Willen, zu Bett, schloß sein keusches Weib unterdessen anderswo ein und, allein mit ihrem Liebsten, übte er an demselben die ganze Nacht hindurch die süßeste Rache für die ihm zugedachten Hörner. Sobald aber der lichte Sonnenwagen den Tag gebar, so ließ er zwei von den stärksten Bäckerknechten[235] hereinkommen, das Knäblein hoch von ihnen in die Höhe halten, und nun ihm brav den Hintern ausgepeitscht!

›Wie?‹ sprach er dabei, ›ein solcher Gelbschnabel, ein so rotzigen Bübchen, das noch selbst gemißbraucht wird, will mit seiner unreifen Mannheit schon den Menschern nachlaufen? will freie, durch das heilige Band der Ehe gebundene Weiber verführen? und so frühe sich den Schandnamen eines Ehebrechers erwerben? Nein, solchem Mutwillen muß gesteuert werden!‹

Unter diesen und ähnlichen Reden strafte er ihn tüchtig ab und warf ihn darauf zum Hause hinaus. Tausend, wie trollte sich mein Abenteurer; nur froh, daß er mit dem Leben davonkam, so übel sein Steiß auch bei Nacht und bei Tage mochte zugerichtet sein!

Seiner teuren Hälfte aber schrieb der Bäcker auf der Stelle den Laufpaß und jagte sie von sich.

Dieses ohnehin erzböse Weib ward durch diesen gerechten Schimpf dermaßen aufgebracht und wild, daß sie ihre ganze Verruchtheit aufbot und keinen weiblichen Kniff unversucht ließ, sich zu rächen. Sie gatterte eine alte Hexe aus, welche den Ruf hatte, durch Beschwörungen und Schwarzkünsteleien alles in der Welt ausrichten zu können, und sparte weder Bitten noch Geschenke, dieselbe dahin zu bewegen, ihren Mann entweder wieder gutzumachen und mit ihr auszusöhnen oder, wo sie das nicht könnte, wenigstens ein Gespenst oder sonst einen bösen Geist zu bannen, um denselben totzuquälen.

Die geistermächtige Zauberin versuchte erstlich die leichten Waffen ihrer entsetzlichen Kunst und bemühte sich, des Mannes tiefverwundetes Herz zu heilen und wieder zur Liebe zu bewegen. Allein da ihr dies nicht so wohl als sie es dachte, gelang, so ward sie böse auf die Geister und, nicht weniger von der ihr versprochenen Belohnung als von der erlittenen Verachtung[236] angereizt, fing sie an, dem armen Manne nach dem Leben zu trachten, und schickte den Schatten eines gewaltsam umgekommenen Weibes über ihn, um ihn zu töten.

Aber vielleicht tadelt mich hier ein krittlicher Leser und spricht:

›Aber, wie ging es denn an, daß Du einfältiger Esel bei Deiner Mühle alles erfahren konntest, was doch die Weiber, nach Deinem eigenen Geständnisse, insgeheim vernommen haben?‹

Er lasse sich dienen und höre, wie es möglich war, daß ich erzneugieriger Mensch unter meiner Eselsmaske alles haarklein erfuhr, wie es mit meines armen Herrn Tode zugegangen!

Es war so um Mittag herum, als plötzlich in der Bäckerei ein altes, höchst betrübtes Mütterchen erschien, halb behangen mit einer elenden Kutte, barfuß, bleich wie ein Tuch, hundsmager und das Gesicht größtenteils verdeckt von struppigem, gräulichem, zerrauftem und von Asche schmutzigem Haar. Sie nahm den Meister freundlich bei der Hand, ging mit ihm in die Stube hinein und schloß die Tür ab, als ob sie etwas Geheimes miteinander zu sprechen hätten. Sie blieben selbander eine geraume Zeit drinnen. Endlich war das Getreide auf den Mühlen alle geworden, und da des Zwiegesprächs noch kein Ende war, so traten die Bäckerknechte an die Tür und riefen dem Meister, wieder frisches zum Aufschütten herauszugeben; aber sie mochten rufen, so laut sie wollten, kein Meister antwortete! Nun klopfen sie, nun donnern sie an die Tür; es rührt und regt sich nichts! Da ahnet ihnen nichts Gutes; sie sprengen die Tür mit Gewalt auf. Als sie in die Stube treten, wo ist das Weib? Den Meister aber sehen sie tot an einem Balken hängen. Da war Klagen und Leidwesen! Man knüpfte endlich, die Schleife auf, nahm den Toten ab, wusch ihn noch zu guter Letzt, und als alle gehörigen Leichenanstalten gemacht, trug man ihn unter zahlreicher Begleitung zu Grabe.[237]

Andern Tags kam seine Tochter aus dem nächsten Städtchen, wo sie vorlängst verheiratet war, in großer Betrübnis gerannt, zerraufte sich das fliegende Haar und zerschlug sich die Brust mit vollen Fäusten. Zwar hatte ihr niemand das Unglück ihrer Familie hinterbracht; sie wußte aber alles. Nachts im Traume war ihr das traurige Bild ihres Vaters, einen Strick um den Hals, erschienen und hatte ihr ihrer Stiefmutter schändliches Betragen, von dem Ehebruch und den versuchten Beschwörungen an, bis auf die Art, wie sie ihn durch ein Gespenst hatte erwürgen lassen, entdeckt. Als sie es schluchzend in der Bäckerei erzählte, hörte ich's mit an. – Sind Sie nun zufrieden, Herr Splitterrichter?

Das arme Weib wollte im Leide vergehen, so sehr schmerzte sie das Unglück ihres Vaters! Doch durch das Zureden ihrer Freunde tröstete sie sich endlich, verrichtete am neunten Tage, nach Sitte und Brauch, das gewöhnliche Opfer am Grabe des Verstorbenen, und dann stellte sie von den ererbten Sklaven, Möbeln, Pferden und Eseln eine Auktion an. Alles, was bis dahin nur einem einzigen zugehört, ward von dem mutwilligen Glücke nun unter vielerlei Besitzer verteilt. Mich erstand ein Gärtner für fünfzig Nummen. Freilich sagte er, wäre das teuer; aber er rechne auch darauf, sich sein Brot mit mir zu erwerben.

Ich muß hier schon beschreiben, wie es mir wieder in diesem neuen Dienst erging.

Morgens früh pflegte mich mein Herr mit allerhand Gartengewächs zu beladen und nach der nächsten Stadt zu führen. Wenn er allda seine Ware verkauft hatte, so setzte er sich auf meinen Rücken und ritt mit baumelnden Füßen gemach wieder nach seinem Garten heim. Nun ging er an seine Arbeit; er grub, er pflanzte, er goß und was er all mehr mit gekrümmtem Rücken zu tun hatte! Ich aber blieb müßig und pflegte unterdessen[238] der Ruhe. So ging es einen Tag wie den andern, bis endlich das kreisende Jahr nach der Ordnung alle Zeichen des Himmels bis zum Steinbock durchlaufen, und nun, nach den Freuden des mostreichen Herbstes, kalter Reif herabsank. Dann war schlechte Zeit für mich! ich hatte beständig von Nässe und von Frost zu leiden. Mein Stall war unbedeckt; ich stand unter freiem Himmel. Mein Herr war so arm, daß er nicht so viel Stroh hatte, sich selbst, geschweige mir, eine Streu oder ein schlechtes Obdach zu machen; er mußte sich mit einer elenden Laubhütte behelfen.

Überdies hatte ich auch des Morgens nicht wenig auszustehen, wenn ich so mit nackten Füßen durch den gefrorenen Kot oder auf den spitzen Holpern marschieren mußte; und hätte ich dabei nur noch den Abgrund meines Bauches mit gewöhnlicher Kost ausfüllen können! Aber leider! so gut ward's mir nicht! Meinem armen Herrn und mir diente zwar dieselbe, aber doch die allerelendeste Speise zur Nahrung. Ach! nichts denn schlechter, kraftloser, in den Samen geschossener Lattich, halb verwest vor Alter, hart wie Besenreis und von faulem gallenbittern Geschmacke war unser einziges Gericht.

Eine Nacht, da der Mond nicht schien und es pechfinster war und regnete, als ob es mit Mulden gösse, hatte sich ein Herr aus der Nachbarschaft von seinem Wege verirrt, und, weil er ganz durchnäßt und sein Pferd nicht weiter konnte, war er in unsern Garten eingekehrt. Aus Erkenntlichkeit für die gute Aufnahme, die er in unsrer freilich schlechten, bei solchen Umständen aber, zum Schutz und zur Ruhe herrlichen Wohnung, gefunden hatte, versprach er bei seiner Abreise seinem gütigen Wirte, ihm etwas Korn und Öl, auch zwei Faß Wein zu schenken; er solle nur nach seinem Gute kommen und es abholen. Mein Herr vergaß das nicht; sobald er abkommen konnte, nahm[239] er einen Sack und ein paar leere Schläuche, schwang sich auf meinen bloßen Rücken, und damit den angewiesenen Gütern zu, die sechzig Stadien von uns lagen. Als wir hinkamen, empfing meinen Herrn sein vornehmer Gastfreund sehr höflich und bewirtete ihn aufs vortrefflichste; indem sie aber noch zusammen beim Weine guter Dinge waren, ereignete sich ein großes Wunder.

Eines von den vielen Hühnern auf dem Hofe lief mit lautem Gackern umher, als ob es legen wollte. Der Herr sah es und rief: ›Seh man nur einmal die treffliche Leghenne. Tag für Tag ein Ei! Alleweile wird sie wieder legen. He, Junge! setze doch gleich dort in den Winkel den Korb hin, in den die Hühner legen!‹

Ungeachtet der Junge sofort den Befehl ins Werk richtete, so ging die Henne doch nicht auf das gewöhnliche Nest; sondern brachte dicht vor den Füßen ihres Herrn, zu seiner nicht geringen Bestürzung, eine zu frühzeitige Geburt hervor. Ihr denkt etwa ein Windei? – Nein! ein völliges, förmliches Küchlein, mit Flügeln, Füßen, Augen, das sogleich piepend hinter seiner Mutter herlief.

Hierbei blieb's nicht. Noch ein weit größeres Wunder geschah, worüber jedermann mit allem Rechte in Schrecken geriet.

Gerade unterm Tische, worauf noch die Überbleibsel der Mahlzeit standen, tat sich die Erde auf und sprang ein reicher Blutquell hervor, der die Tafel über und über bespritzte. Und in dem nämlichen Augenblick, da alle dornsteif vor Erstaunen dastanden und voller Furcht die göttliche Vorbedeutung anstaunten, kam jemand aus dem Weinkeller herbeigestürzt und meldete, daß aller Wein, den man vorlängst auf Fässer gezogen, darin nicht anders gäre und brause, als ob Feuer darunter wäre. Auch wurden zu derselbigen Zeit verschiedene Wiesel gesehen, die eine tote Schlange mit den Zähnen herumzerrten, und ein[240] lebendiger Laubfrosch, der dem Schäferhunde aus dem Halse gesprungen kam, worauf der Widder, der daneben gestanden, über den Hund hergefallen sei und denselben mit einem Biß erwürgt habe.

Herr und Gesinde waren über diese so vielerlei außerordentlichen Ereignisse ganz weg; sie wußten nicht, was sie zuerst oder zuletzt tun sollten, den Zorn der himmlischen Mächte zu besänftigen.

Noch war alles in der ersten schrecklichen Erwartung irgendeines großen Unglücks, als ein Bedienter vollen Laufs ankam und dem Gutsherrn die Nachricht hinterbrachte, daß soeben alle seine Kinder jämmerlich ermordet worden wären. Der gute Mann hatte ihrer drei gehabt, schon erwachsene Söhne, die er mit solcher Sorgfalt unterrichtet und erzogen, daß sie ihm Freude und bei aller Welt die größte Ehre machten. Diese Jünglinge waren Herzensfreunde mit dem Inhaber eines kleinen Gütchens, an welches zum Unglück die schönen weitläufigen Besitzungen eines jungen reichen Edelmanns anstießen. Des Adels seiner Ahnen sich überhebend, hatte dieser Junker sich einen so großen Anhang in der Stadt gemacht, daß er tun konnte, was er wollte. Er griff also um sich wie ein Feind und plünderte anfangs die Armut seines ohnmächtigen Nachbars, erwürgte dessen Schafe, trieb die Ochsen weg und trat die Saat nieder, bevor sie reif war. Bald, so war er nicht mehr mit der Ernte zufrieden, er wollte auch das Land haben. Er zettelte einen Grenzprozeß an und nahm das Gut in Anspruch.

Hatte bis dahin der arme Nachbar zu allem stillgeschwiegen, so konnte er doch nicht zugeben, daß man ihn gänzlich auszöge und von seinen väterlichen Grundstücken nicht so viel übrig ließe, wohin sein Haupt zu legen. Bei so bedrängten Umständen berief er alle seine Freunde zusammen, um Zeugen[241] abzugeben bei Anzeigung seiner Grenze. Unter diesen waren nun vorzüglich jene drei Jünglinge, die ihres Freundes Unglück wie ihr eigenes empfanden.

Der hochadlige Tollkopf ließ durch die Gegenwart so vieler Bürger sich weder furchtsam noch irre machen; nicht ein Haarbreit wollt' er von seinen Anmaßungen ablassen. Dabei mäßigte er sich nicht einmal in Worten. Als jene mit der äußersten Höflichkeit seine Ansprüche widerlegten und geflissentlichst sich in acht nahmen, sein Ungetüm auf keinerlei Weise zu reizen, fuhr er jählings auf und tat, seiner Gewohnheit nach, einen großen Schwur, bei seiner teuren Ahnen und seiner eigenen Seligkeit: ›Er schere sich viel um alle die Hundsfötter von Mittelsmännern! Seine Leute sollten den Augenblick, ihnen zum Trotz, den ruppigen Nachbar bei den Ohren von dem Gute herunterwerfen!‹

Die schimpfliche Rede verdroß jedermann, und ganz frei versetzte darauf einer der Jünglinge: ›Er solle nur auf seinen Reichtümern nicht zu sicher fußen und gar zu sehr den unumschränkten Tyrannen spielen! Noch gäb' es für die Armen bei den Gesetzen Schutz und Gerechtigkeit gegen den Übermut der Reichen‹.

Das hieß Öl ins Feuer gegossen! Schwefel in die Glut geworfen! die Furie gepeitscht!

Der wilde Mensch schnappte über in seiner Wut. Er rief: ›An den Galgen sollten sie alle mitsamt ihren Gesetzen gehen‹! und gab Befehl, auf sie die Hirten-und Bauernhunde zu hetzen; böse, große Bestien, die sich vom Aase auf dem Felde nährten und recht dazu abgerichtet waren, jeden Vorübergehenden zu zausen und zu beißen.

Sobald die abscheulichen Biester durch das Hetz! Hetz! der Hirten angefeuert und angereizt sind, stürzen sie in wildem[242] Grimme und mit fürchterlichem Gebelle auf die armen Leute ein und beißen, zerfleischen und zerreißen sie aufs allererbärmlichste. Wehe! wen sie gleich fassen, aber weher noch, wen sie erst nach langem Verfolgen erhaschen!

In dem Gewirre und Getümmel der Flucht geriet der jüngste der drei Brüder ins Gedränge, stieß an einen Stein und stürzte zu Boden. Gleich hatten die Hunde den Unglücklichen unter und fingen an, ihn in Stücke zu reißen. Sein Sterbegeschrei hörend, erkennen die Brüder die Gefahr; sie eilen herbei zu Hilfe. Sie wickeln die Röcke um ihre Linke und suchen durch Steinwürfe ihren Bruder zu verteidigen und die Hunde von ihm abzujagen; allein umsonst! Es war der grausamen Blutgier derselben kein Einhalt zu tun; der Arme verschied unter ihren Bissen! Seine letzten Worte waren: ›Brüder, laßt an dem reichen Bösewicht Euern jüngeren Bruder nicht ungerächt!‹

Nun drangen die beiden übrigen Brüder blindlings, nicht aus Verzweiflung, sondern aus Verachtung ihres Lebens auf den reichen Wüterich ein und schleuderten in der äußersten Bosheit Steine über Steine nach ihm. Allein ohne allen Anstand schwang dieser seine Lanze und warf sie dem einen mitten durch die Brust. Augenblicklich verließ den Getroffenen das Leben, dennoch fiel er nicht zur Erde; denn es fuhr das Eisen der Lanze, nachdem es Brust und Rücken durchbohrt, so tief in den Boden, daß der schwingende Schaft den Leichnam in der Schwebe emporhielt.

Nach dem andern Bruder schleuderte ein großer, starker Kerl von Bedienten, der seinem Herrn zu Hilfe kam, einen gewichtigen Stein; doch, anstatt den rechten Arm zu zerschmettern, auf den er gerichtet, streifte der mattgewordene Wurf nur die äußersten Fingerspitzen desselben und fiel unschädlich zur Erde. Der Jüngling bediente sich listig dieses glücklichen Zufalls zur[243] Rache; er tat, als sei von dem Wurfe ihm die Hand zerquetscht, und sprach also zum grausamen Reichen:

›So freue Dich denn, Du raubsüchtiger Bluthund! freue Dich des Untergangs einer ganzen Familie! weide Deine unersättliche Grausamkeit am Blute dreier Brüder! und triumphiere frohlockend über den Mord Deiner Mitbürger! Aber wisse! so sehr Du auch die Armen um das Ihrige betrügst und je weiter und weiter Deine Grenzen hinausrückst; dennoch wirst Du immer einen Nachbar haben! Und hätte mir nur des Geschickes Mißgunst meine Rechte nicht gelähmt, Du solltest jetzt Dein Haupt vor deinen Füßen suchen!‹

Durch diese höhnische Rede noch mehr erbost, zog mein Meister Bandit das Schwert, und damit in blinder Wut gegen den Jüngling an, um denselben eigenhändig darniederzurennen. Allein, da kam er blind an! Der Jüngling, der zu seinem Erstaunen nicht so wehrlos war, als er's sich eingebildet, fing ihm die geschwungene Rechte auf, bemächtigte sich seines Schwerts und erschlug den Nichtswürdigen mit mehreren Streichen. Dann richtete er das vom Blute seines Feindes rauchende Eisen, um sich vor dessen Bedienten zu retten, gegen sich selbst und durchhieb sich die Kehle.

Dies war es, was die schrecklichen Wunderzeichen vorbedeuteten! Dies war es, was man dem unglücklichen Vater berichtete!

Vor Leid konnte der arme Greis weder ein einziges Wort hervorbringen noch auch eine stumme Träne weinen. Er ergriff das Messer, womit er vorgelegt hatte, und schnitt sich damit nach seines Sohnes Beispiele mehrmals in die Gurgel, bis er vorwärts tot auf den Tisch hinsank und mit dem Strome seines Blutes die Flecken des Wunderbluts hinwegspülte.

Nachdem der Gärtner das Schicksal dieses so im Hui erloschenen Hauses genugsam beklagt hatte, seufzte er schmerzlich[244] über sein eigen Mißgeschick und rang die Hände, nach einer teuer mit Tränen bezahlten Mahlzeit so weiten Weges mit leeren Händen wieder heimziehen zu müssen. Er setzte sich auf mich und ritt voller Trübsinns fort.

Allein auch sein Heimzug fiel unglücklich aus.

Es begegnete uns ein großer Kerl, der dem Kleide und Ansehen nach ein Soldat aus einer Legion war; er fragte in seiner Sprache, auf Lateinisch, ziemlich trotzig: ›Wo willst Du mit dem leeren Esel hin?‹ Der Gärtner verstand kein Latein, war auch viel zu sehr in Traurigkeit vertieft, als daß er auf die Anrede hätte achten sollen; ohne zu antworten, ritt er also vorbei. Dadurch fand der grobe, übermütige Soldat sich so beleidigt, daß er gleich zu schimpfen anfing und meinen Herrn mit seinem Stocke von mir herunterprügelte. Demütiglich antwortete ihm mein Herr da:

Er verstehe ja seine Sprache nicht; unmöglich könne er also wissen, was er von ihm haben wolle!

Nun wiederholte der Soldat seine vorige Frage in gebrochenem Griechisch: ›Ik sak, wo Du hinwollen mit Dein leere Esel?‹

›Nach der nächsten Stadt,‹ antwortete der Gärtner.

›Nu, glüklik Reis‹! versetzte der Soldat, ›aber Deine Esel ik hierbehalten, sie solle helf aus der nächsten Schloß des Hauptmanns Bakasch hole!‹

Somit fiel er mir in den Zügel und zog mich zu sich.

Der Gärtner wischte sich das Blut ab, das ihm von den empfangenen Schlägen übers Gesicht lief, und bat flehentlich, ihm doch aus Erbarmen seinen Esel zu lassen.

›Kamerad!‹ sprach er, ›bei allem, was Euch je lieb und wert gewesen ist und noch sein wird, verfahrt glimpflich mit mir armem Manne, raubt mir meinen Esel nicht! Es ist so nur ein faules, hartschlächtiges Tier, das wahrlich Euch zu nichts dienen[245] kann! Kaum, daß er mir eine Handvoll Gemüse aus meinem Gärtchen nach der Stadt hineinträgt, so liegt er schon keuchend darnieder, geschweige, daß er irgendeine schwere Last fortbringen könnte!‹

Aber das half alles nichts! der Grobian ward nur noch wilder und kehrte gar seinen Stock um, meinem Herrn mit dem Kolben eins auf den Kopf zu versetzen. Wie dieser das merkt, tut er, als wolle er ihm zu Füßen fallen und, um sein Mitleid zu erregen, die Knie ihm umfassen; allein im Bücken zieht er ihm behend beide Füße unterm Leibe weg, daß jener die Längelang, plump, auf die Erde schlägt, und nun über ihn her und ihm Gesicht, Hände, Rippen wacker mit Zähnen, Nägeln, Fäusten, Ellbogen, ja mit einem Steine, den er von der Straße aufnahm, zerbissen, zerkratzt, zerfäustelt, zerbleut!

Der Soldat, der ausgestreckt, so lang er war, am Boden dalag und sich weder zu helfen noch zu wehren vermochte, schrie nur immer: Wenn er wieder aufkäme, solle es dem Hunde von Gärtner dafür übel ergehen! Mit seinem Seitengewehr wolle er ihn in tausend Kochstückchen zerhacken!

Mein Gärtner ließ sich das fein gesagt sein, nahm die Blutpritsche, schleuderte sie weit weg, und hast du nicht gesehen? wieder von neuem auf den Kriegsknecht losgepaukt!

Dieser, über und über zerschlagen, braun und blau und blutrünstig, wußte sein Leben nicht mehr anders zu retten, als daß er sich tot stellte. Darauf sprang der Gärtner auf, holte sich das Seitengewehr, schwang sich auf mich und jagte spornstreichs in die Stadt. Seinen Garten ließ er Garten sein! und begab sich lieber zu einem seiner Freunde, erzählte demselben sein Abenteuer und bat, ihm in der Gefahr beizustehen und ihn samt seinem Esel auf ein paar Tage zu verbergen, damit er der Todesstrafe entginge. Aus alter Freundschaft schlug dieser ihm seine[246] Bitte nicht ab, sondern nahm uns willfährig auf. Mir banden sie die Füße und schleppten mich die Treppe hinauf in ein oberes Kämmerchen; der Gärtner aber kroch unten in einen Kasten, der einen Deckel hatte, welcher zugemacht wurde. Und so hielten wir uns verborgen.

Mittlerweile war, wie ich nachher erfahren, der Soldat wieder aufgestanden und hatte sich, von allen empfangenen Schlägen taumelnd, als ob er betrunken wäre, und morsch und lendenlahm, an seinem Stocke mit Mühe und Not nach der Stadt geschleppt. Allein, da er sich schämte, von seiner Impertinenz und Bärenhäuterei irgend jemand von den Stadtleuten etwas merken zu lassen, so verbiß er so lange stillschweigend die erlittene Schmach und Beleidigung, bis er sich einigen von seinen Kameraden anvertrauen konnte. Diese rieten ihm, weil er außer der Schande über den ihm angetanen Schimpf auch noch die Regimentsstrafe wegen des eingebüßten Seitengewehres zu scheuen hätte, so solle er sich nur im Quartier verstecken; sie wollten sich derweile alle ersinnliche Mühe geben, uns nach den angegebenen Abzeichen ausfindig zu machen, um ihn zu rächen.

Leider! hielten sie Wort. Ein hundsföttischer Nachbar verriet unsere Herberge. Gleich gingen die Schurken zum Magistrat und gaben vor: ›Auf dem Marsche sei ein silbernes Gefäß von großem Werte ihrem Hauptmann verloren gegangen, ein gewisser Gärtner habe es gefunden, wolle es aber nicht wieder herausgeben, sondern verberge es bei einem seiner Freunde.‹

Der Magistrat hatte nicht sobald den Verlust und den Namen des Hauptmanns vernommen, als er in selbsteigener Person vor unsrer Tür war und unserm Wirte mit lauter Stimme anbefahl: Unverzüglich uns herauszugeben, man wisse zuverlässig, daß wir in seinem Hause verborgen wären; wo nicht, so würde man ihn für straffällig ansehen.[247]

Doch unser Wirt, dem es ernst war, seinen in Schutz genommenen Freund zu retten, ließ sich nicht ins Bockshorn jagen, sondern verleugnete uns keck.

Es wären schon verschiedene Tage, sagte er, daß er den Gärtner nicht mit Augen gesehen hätte.

Die Soldaten widerstritten es ihm und schwuren beim Kaiser: Bei ihm und nirgend anders sei derselbe verborgen.

Demungeachtet beharrte jener auf seiner Aussage; also beschloß der Magistrat, durch Haussuchung hinter die Wahrheit zu kommen. Pedelle und andere Gerichtsdiener wurden ins Haus geschickt, mit Befehl, alle Winkel geflissentlich zu durchsuchen. Diese kehrten aber nach einer Weile zurück und referierten, es sei im ganzen Hause weder Mensch noch Esel anzutreffen.

War vorher schon gestritten worden, so ging es nunmehr auf beiden Teilen noch heftiger los.

›Es ist nicht wahr!‹ schrien die Soldaten, ›Sie haben nicht recht zugesehen! Der Spitzbube muß drinnen stecken, wir beschwören es beim Kaiser!‹

›Bei allen Göttern! er ist nicht bei mir!‹ gab's unser Wirt zurück; ›wenn er da wäre, würde ich ihn gewiß nicht verleugnen!‹

Über dem lauten Gezänke ward ich neugierig, zu sehen, was es denn unten gäbe, und machte einen langen Hals und steckte die Nase zum Fenster hinaus. Unglücklicherweise mußte sich in dem Augenblick eben einer von den Soldaten umsehen und meinen Schatten in die Augen kriegen.

›Ha, was seh' ich denn da?‹ rief er sogleich seinen Kameraden zu, ›schaut des Esels Schatten! Guck, Esel!‹

Damit sprangen flugs einige nach mir die Treppe hinauf, packten mich an und schleppten mich wie einen Gefangenen hinunter.[248]

Nun hatte aller Streit ein Ende.

Ein jeder ging und suchte im Hause herum, ob er den Gärtner nicht auch entdecken könnte, bis man denselben endlich, in seinem Kasten fand. Der arme Teufel ward sehr unsanft aus seinem Schlupfwinkel gezogen, sofort dem Magistrate überliefert und auf Leben und Tod ins Gefängnis geführt.

Jedermann wollte sich über mein possierliches Herausgucken zum Kappfenster totlachen, und ›Guck, Esel!‹ und ›Schaut des Esels Schatten!‹ wurden von der Zeit an als sprichwörtliche Ausrufungen gebraucht, wenn jemand sich irgendworin aus Vorwitz oder Einfalt selbst verriet.

Quelle:
Apulejus: Der goldene Esel. Berlin 1920, S. 212-249.
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Flucht in die Finsternis

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Robert ist krank und hält seinen gesunden Bruder für wahnsinnig. Die tragische Geschichte um Geisteskrankheit und Tod entstand 1917 unter dem Titel »Wahn« und trägt autobiografische Züge, die das schwierige Verhältnis Schnitzlers zu seinem Bruder Julius reflektieren. »Einer von uns beiden mußte ins Dunkel.«

74 Seiten, 3.80 Euro

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Romantische Geschichten II. Zehn Erzählungen

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Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Michael Holzinger hat für den zweiten Band eine weitere Sammlung von zehn romantischen Meistererzählungen zusammengestellt.

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