Purgatorio

[96] Zieh' ein, o Schmerz,

Und weihe dies Herz,

Das lange sich deiner gewehrt hat!

Und in flammendem Groll

Gegen des Lebens Zoll,

Gegen deine Macht sich empört hat!


Zieh' ein, o Schmerz,

Und läut're dies Herz –

Ich geb' es besiegt dir zu eigen!

Und erbarmungslos

Entlös' deinem Schooß

Der Qualen nachtlockigen Reigen!


Zieh' ein, o Schmerz,

Und heil'ge dies Herz –

Furch' deine Flammenspuren!

Was morsch ist, zerbrich,

Bis das Gemeine entwich,

Und die Flitter von dannen fuhren!
[96]

Zieh' ein, o Schmerz,

Und pflanze in's Herz

Der Weltenräthsel Erkenntniß!

Was gesucht ich so lang'

In glühendem Drang,

Entschlei're in ernstem Geständniß!


Zieh' ein, o Schmerz,

Entsünd'ge dies Herz –

Ich geb' es besiegt dir zu eigen! –

Bis in flammender Pracht

Aus Schlünden der Nacht

Der Erlösung Sonne wird steigen!

Quelle:
Wilhelm Arent (Hg.), Moderne Dichter-Charaktere. Leipzig 1885, S. 96-97.
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