Gralworte

[33] Ueber dem Dichten und Denken und Träumen,

Singen und Bilden und Bauen und Malen

Lasset uns nimmer säumen,

Uns, vom heiligen Geiste berufen,

Näher zu jenes Heiligthums Stufen

Die Völker zu führen, aus welchem strahlen

Als letzter und schönster Erdenlohn

Erlösung und Frieden hienieden schon.


Der lockende Traum, der uns umtanzt,

Von welchem immer die Menschen reden,

Als Eldorado, Atlantis, Eden –

Er ward uns in die Seele gepflanzt,

Daß wir d'ran hangen und d'ran glauben;

Nicht Noth,

Nicht Tod

Soll dieses himmlischste Kleinod rauben.


In ihm zu weben,

Mit ihm zu streben,

Ihn weiter zu geben,

Den hehren Gedanken, wie Kerzenlicht,[33]

Wann todreif unser Leib zerbricht,

Dies sei unser Leben,

Unser Ideal,

Heut und morgen, zu jeder Frist,

Bis die Erde geworden ist

Ein heiliger Riesentempel des Gral!

Quelle:
Wilhelm Arent (Hg.), Moderne Dichter-Charaktere. Leipzig 1885, S. 33-34.
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