Psalm der Freude

[267] Wenn auf der Bergeshöh'

Unter dir Wolken ruh'n,

Schleichende Wolken zieh'n –

Reißen die Stürme hinein,

Fern durch den Wolkenspalt

Glänzt dir ein Sonnenthal

Schimmernd wie goldner Traum –

Wenn dich herrlich umkrönt

Mit dem Flammenkranz

Allliebender Sonne

Wärmender Strahl,

Daß du leuchtest

Ueber den Wolken –

Wenn all' die Lust

Und die Seligkeit

Athmender Menschenkinder im Thal

Mächtig zum Busen dir drängt,

Im Busen dir wiederklingt:


O, wie groß, du gewaltige

Welt des Staubs! –

Ja, Herz, du darfst in Demuth still

Verehren all' das Himmlische,

Du darfst es; streben, heilig Herz,

Des Guten all' und Schönen dieser Welt

Dich würdig zu erweisen:

Darfst sinken betend hin

Vor der gewaltigen Feste des Alls

Und Erd' und Himmel schauen,

Danken mit Wonneblick,

Leuchtend im Wolkenreich

Flüstern: o Glück

Ein Mensch zu sein. –

Quelle:
Wilhelm Arent (Hg.), Moderne Dichter-Charaktere. Leipzig 1885, S. 267-268.
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