Abschied für immer

[274] Ist's ein Wunder, daß dich alle lieben,

Die nach meinem Scheiden sich dir nahen,

Meine Seufzer sind bei dir geblieben

Und als Luftgeist sehnlich dich umfahen,

Wer zu athmen wagt an deinem Munde

Zieht sie unbewußt zu seinem Herzen,

Diese Seufzer mancher trüben Stunden,

Diese Geister, mir entflohn in Schmerzen.


Zu lebendig war des Herzens Hoffen,

Es vergeht nicht mit den Schmerzenstagen,

Ja es liegt die Welt jetzt vor mir offen,

Meine Liebe fühl' ich drinnen schlagen;[274]

Leb' ich nun in Andern, die dich lieben,

Mag ich wohl der armen Mutter gleichen,

Die ihr Kind von ihrer Brust vertrieben,

Ihre Brust dem fremden Kind zu reichen.


Hoffnungsgeister, die mit schönen Bildern

Mich getäuschet wie die Jugendzeiten,

Meiner Nächte Einsamkeit zu mildern,

Ich entlaß euch in die blauen Weiten,

Einen Händedruck gebt noch zum Scheiden,

Sei's die Jugend, die ich heut entlassen,

Was auch komme, nichts will ich vermeiden,

Was vorbei, das läßt sich nicht mehr fassen.

Quelle:
Achim von Arnim: Sämtliche Werke. Band 22: Gedichte, Teil 1, Bern 1970, S. 274-275.
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