Prinz Ludwig Ferdinand

[23] 1806.


O Nixe von der Saale,

Was röthet dein Gewand,

Hast du beim Burschenmahle

Den Becher umgewandt?


»Der Becher ist geleeret,

Der Geist ist schon dahin,

Ich laufe ganz zerstöret,

Weil ich nicht bei mir bin.«


Nun weiß ich was geschehen,

Warum sie floh daher,

Nicht wagte umzusehen,

Sich stürzte in das Meer.


Warum die Blumen erbleichen

Auf ihres Pfades Spur,

Unschuldig Blut kann weichen

Der schuld'gen Rache nur.[23]


Er ist bei ihr getödtet

Bei ihr, sie stürzt ins Meer.

Held Ocean erröthet

Und seufzet auf so schwer.


Also der Feinde Flotte

Wirft aus am fernen Strand!

»Sei frei beim Wellengotte,

Da Sklaverei im Land!«


Wer's mit dem Blut bewähret,

Der ist ein Prinz vom Blut.

Prinz Ludwig war bescheeret

Und wie ein Schutzgott gut.


Auf seinem leichten Schimmel,

Auf seiner Tigerdeck,

Da kam er wie vom Himmel

So sicher und so keck.


Er war bei allen Dingen

Mit seiner ganzen Seel,

Mocht es ihm wohl gelingen,

Mocht es ihm schlagen fehl.


Er war bei allen Dingen

In allem gleich geschickt.

Mit Feinden konnt er ringen,

Durch Saitenklang beglückt.


Die Meister ihn umstanden

In Demuth bei dem Spiel,

Und seine Worte fanden

Wie spitz'ge Pfeil ihr Ziel.[24]


Mit seinem hohen Leibe,

Mit seinem Stern und Glück

Stellt er sich hin als Scheibe,

Ob heilig unser Geschick? –


Nur für sich selbst kann stehen

Der edle, kühne Mann,

Ob er die Welt gesehen,

Das prüft er, wo er kann.


Nicht in den Weg zu treten

Der großen Weltenseel,

Darum will er nicht beten,

Er bleibet ohne Fehl.


Denn was zum Heil begonnen,

Das fängt sich an mit Glück,

Die Opferthiere sonnen

Sich in der Mordaxt Blick.


Er läßt die Locken schneiden

Für die Geliebte sein,

Damit wenn er sollt scheiden,

Ihr blieb von ihm ein Schein.


»Umlockt vom Lorbeerkranze

Komm ich zurück zu dir,

Sonst seh ich in dem Lenze

Nicht mehr die grüne Zier!«


Betäubt der Trommel Schallen!

Was du voraus gesagt,

Die Guten werden fallen,

Ihr Fall bleibt unbeklagt![25]


Ihr Fall wird nicht mehr nützen,

Sie fallen nach der Zeit,

Die Thoren werden sitzen

Mit klugem Spruch bereit.


»Es sei! Doch nicht erblicken

Will ich die Schmach der Welt,

So nimm mein letzt Entzücken,

Ich sieg, ich fall als Held!«


Quelle:
Achim von Arnim: Sämtliche Werke. Band 22: Gedichte, Teil 1, Bern 1970, S. 23-26.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Diderot, Denis

Die Nonne. Sittenroman aus dem 18. Jahrhundert

Die Nonne. Sittenroman aus dem 18. Jahrhundert

Im Jahre 1758 kämpft die Nonne Marguerite Delamarre in einem aufsehenerregenden Prozeß um die Aufhebung ihres Gelübdes. Diderot und sein Freund Friedrich Melchior Grimm sind von dem Vorgang fasziniert und fingieren einen Brief der vermeintlich geflohenen Nonne an ihren gemeinsamen Freund, den Marquis de Croismare, in dem sie ihn um Hilfe bittet. Aus dem makaberen Scherz entsteht 1760 Diderots Roman "La religieuse", den er zu Lebzeiten allerdings nicht veröffentlicht. Erst nach einer 1792 anonym erschienenen Übersetzung ins Deutsche erscheint 1796 der Text im französischen Original, zwölf Jahre nach Diderots Tod. Die zeitgenössische Rezeption war erwartungsgemäß turbulent. Noch in Meyers Konversations-Lexikon von 1906 wird der "Naturalismus" des Romans als "empörend" empfunden. Die Aufführung der weitgehend werkgetreuen Verfilmung von 1966 wurde zunächst verboten.

106 Seiten, 6.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Große Erzählungen der Hochromantik

Große Erzählungen der Hochromantik

Zwischen 1804 und 1815 ist Heidelberg das intellektuelle Zentrum einer Bewegung, die sich von dort aus in der Welt verbreitet. Individuelles Erleben von Idylle und Harmonie, die Innerlichkeit der Seele sind die zentralen Themen der Hochromantik als Gegenbewegung zur von der Antike inspirierten Klassik und der vernunftgetriebenen Aufklärung. Acht der ganz großen Erzählungen der Hochromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe zusammengestellt.

390 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon