Werd ein Kind

[284] Historie der Wiedergebornen. 1742. S. 18.


Klein und arm an Herz und Munde

Mußt du seyn, wenn Christus soll

Gehen auf in deinem Grunde:

Denn die Rose und Viol

Wächst im Thal der niedern Seelen,

Die nichts hohes hier erwählen!


Mögst du nur so seyn demüthig,

Wie die niedre Sarons Blum,

Dennoch stehen ehrerbietig

Und vor Gott gebücket krumm:

Also mögst du bald die Gaben

Seines Geistes in dir haben.


Wenn dich aber hoch beflecket

Deiner Weisheit stolzer Witz,

Sich alsdann vor dir verstecket

Wahrer Wahrheit klarer Blitz:

Wenn der Buchstab dich gefangen,

Kannst du nicht zum Geist gelangen.


Werd ein Kind, werd arm und kleine,

Sey nicht hoch noch weis' bei dir,

Setze dich in Staub und weine,

Bis dich Gott zur Schule führt,

Da sein Geist die Arm' und Blöden

Weislich lehret von ihm reden.[284]


Quelle:
Achim von Arnim und Clemens Brentano: Des Knaben Wunderhorn. Band 1, Stuttgart u.a. 1979, S. 284-285.
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