Geschwindigkeit

[85] Göttlich ist auf Erden die Geschwindigkeit,

Sie besiegt den weiten Raum, die enge Zeit,

Gegenwärtig macht sie überall zugleich

Spiegelnd hoher Götter ewig Reich;

Mit dem Anfang eint das Ende ihre Hand

Sich zum Siegeskranze; wie der Feuerbrand,

Schnell geschwungen, wird zum Feuerkreise,

So erscheinen ihres Wagens Gleise;

Eh das Auge aufblickt ist ihr Bogen

Durch die weite Rennbahn hingezogen.

Ihr gehört die Schönheit, weil sie flüchtig,

Der Gestirne Wallen, ruhlos richtig,

Ihr vertraut der Gott die mächt'gen Worte

In dem Blitzstrahl aus der Himmelspforte,

Die da aufschlägt, Schauende verblendet,

Eh sie zuschlägt, schon ihr Leben endet.

Träger rollt nach ihrer Flammengeißel Schwung

Donner über alle zur Erinnerung,

Träger rollen sich die schwarzen Wolken auf

Nach des glühen Donnerwagens Lauf;

Ja die Welt erschiene todt in Leere,

Hübe nicht Geschwindigkeit die Schwere.


Quelle:
Achim von Arnim: Sämtliche Werke. Band 23: Gedichte, Teil 2, Tübingen und Berlin 1976, S. 85-86.
Lizenz:
Kategorien: