Achte Szene

[50] Zimmer im Hause des Bindermeisters.

Therese tritt zu einer Tür ein. Redlich zur anderen.


REDLICH. Was macht Käthchen?

THERESE schluchzt. Es ist ihr wohl.

REDLICH. Warum weinst du?

THERESE. Soll ich nicht weinen? Du wendest dein Herz von mir, du siehst mich wie eine Fremde an; dein Auge ist finster, ich erwarte Vorwürfe, soll ich nicht weinen?

REDLICH. Was hast du getan, daß du Vorwürfe erwarten kannst?

THERESE. Du weißt ohnehin schon alles.

REDLICH. Also kann ich freundlich sein? Bist du denn noch das Weib, das du warst? Hast du deine Pflichten erfüllt? Mit einem schlechten Kerl im Bunde warst du die Verführerin deiner rechtschaffenen Tochter, seinem Gelde hast du deine Ehre geopfert. Die Folgen waren schrecklich; ich darf nicht daran denken. Wo ist der Schmuck?

THERESE holt ihn aus einem Tische. Hier ist er!

REDLICH. Törin, Verblendete, da sieh her, Er eröffnet das Futteral. da betrachte, was du getan hast, um diesen Schmuck konntest du dein Kind aufs Spiel setzen? Sieh her und staune, das sind böhmische Steine, die er dir für Brillanten verkaufte.

THERESE. Ist es möglich!

REDLICH. Leider! Nur zu sehr! – Du mußt nun daran denken,[50] deine unüberlegte, herzlose Handlung gutzumachen; was wirst du tun?

THERESE. Ich will meiner Tochter an die Hand gehen, einen rechtschaffenen Mann zu wählen. Ich will ihr raten, den jungen Dichter zu heiraten; er hat sich bei mir ausgewiesen, daß er eine Frau ernähren kann, er hat ihr die Ehre und das Leben gerettet, ich will ihr selbst den Bräutigam zuführen.

REDLICH. Willst du das? Nun, so laß dir den Vorfall zur Witzigung dienen, sei wieder ein braves Weib.

THERESE. Bist wieder gut, so gib mir deine Hand.

REDLICH. Da hast du sie.

THERESE fällt ihm um den Hals. Ach Gott! Wie war ich so verblendet, ich will alles gutmachen.

REDLICH. Nun bin ich wieder versöhnt. Er umarmt sie heftig. Denk nun an das Glück deiner Kinder.


Quelle:
Das Wiener Volkstheater in seinen schönsten Stücken. Leipzig 1960, S. 50-51.
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