V. Stern und Steuermann

[28] Schöne Namen für ein Lustspiel von Clauren oder für eine Erzählung von Laun, und es ist eine wahre Verschwendung, daß sie hier dazu dienen müssen, einen verwachsenen diplomatischen Bericht zu zieren! Im Palais[28] Royal, auf dem Boulevard des Italiens und an einigen anderen Orten zieht jeden Abend der Schein zweier Laternen die Aufmerksamkeit der Vorübergehenden an; denn ihr Licht fällt durch ausgeschnittene Buchstaben, die mit ölgetränktem, rotgefärbten Papiere überzogen sind. Die eine Laterne zeigt einen Stern (l'étoile) und darunter die Worte: Journal du Soir; die andere gibt zu lesen: le Pilote, Journal du Soir. Die Etoile ist ein Ultra-, der Pilote ein liberales Blatt. Vier Wochen hindurch habe ich kaum einen Abend versäumt, mich in der Nähe der Laternen zu setzen und aufzupassen. Ich kann auf Ehre versichern, daß gegen ein Exemplar der Etoile vierzig Exemplare des Pilote verkauft werden! Wenn man den Zeitungskrämern die Hand fordernd hinreicht, ohne sich zu erklären, welches Blatt man verlangt, geben sie einem immer den Etoile. Ja mir, da sie meine Ausländerei gemerkt, gaben sie verschiedene Male das Ultrablatt, ohngeachtet ich den Pilote gefordert. Beweis, daß sie an ersterem mehr verdienen, weil man es ihnen wahrscheinlich unentgeltlich gibt. Die andern Nutzanwendungen kann man sich von selbst machen – sapienti sat, sagt der Lateiner ... Das geht die Leserinnen nichts an.

Quelle:
Ludwig Börne: Sämtliche Schriften. Band 2, Düsseldorf 1964, S. 28-29.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Schilderungen aus Paris
Gesammelte Schriften: Band 3. Schilderungen aus Paris (1822 und 1823)