An lichtgewobener Kette

[52] An lichtgewobener Kette muß ich hängen

Aus hohen Himmeln in das trübe Leben,

Genötigt hin und her zu schweben,

Weil sanfte Ätherwellen mich bedrängen.


Man haucht mich an mit Worten und mit Klängen,

Und schon will meine Flügelwaage beben.

Um die Erschütterungen aufzuheben,

Dreh ich mich in den ewigen Gesängen.


So sieht man wohl in frommen Kemenaten

Aus Watte und aus Werg an einem Faden

Die Geistestaube schweben im Geviert.


Sie lauschet unter Kerzen und Gebeten

Den sieben Gaben und den scheuen Reden,

Dieweil ein Krönlein ihre Haube ziert.
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Hugo Ball: Gesammelte Gedichte. Zürich 1963, S. 52-53,67.
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