Fortuna heißt mein Schiff

[370] Fortuna heißt mein Schiff, die goldene Galeere;

In ihrem Bauch sitzt meiner Feinde Schar

Und rudert mich voll Wut hin über alle Meere

Und flucht und keucht und hofft auf Sturm. Ich aber kehre

Erfrischt nach Haus zurück aus jeglicher Gefahr.


Fortuna winkt am Bug. Um ihre goldnen Brüste

Klatscht Wogendrang und -Wut. Das ist ihr Spiel.

Sie lächelt mir voran, Laterne meiner Lüste

Und Sinnbild meiner Sehnsucht nach der letzten Küste,

Dem steinern einsam ruhevollen Ziel.


Zypressen ragen dort, die dunkelgrünen, steilen

Flammen erstarrter Kraft, rings um ein schwarzes Haus.

Gott Hypnos winkt am Tor: mit einem Traum zu heilen,

Was mir das Leben schuf an Wunden mit den Pfeilen

Der Lust: der Last. Er löscht die Flamme gütig aus.

Quelle:
Otto Julius Bierbaum: Gesammelte Werke. Band 1: Gedichte, München 1921, S. 370.
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