[51] Vorige. Graf Marquard.
HERZOG. Ei mein alter Marquard, würdiger Freund! Ihr kommt, da unser Fest beendet! Ist Euch denn meine Ladung nicht zugekommen?[51]
GRAF nachdem er die Herzogin feierlich begrüßt. Das will ich meinen, mein gnädigster Herr! Und wär's auch nicht, ohne Ladung würde ich nicht gefehlt haben in dieser feierlichen Stunde! Aber, diesmal war ich wie behext! Erstens, meldet sich mein altes Uebel, das böse Zipperlein wieder an, und ich muß mich nolens volens in eine Sänfte packen lassen, um zu guter Zeit hier anzukommen. Das ging denn auch ganz prächtig, bis zum Kreuzweg, zwei tausend Schritte vor der Stadt – da wird einer meiner Hengste stutzig, und als wäre der Satan drein gefahren, ist er nicht mehr von der Stelle zu bringen. Ich steige aus der Sänfte und denke: besser langsam vom Fleck, als gar nicht – und gehe so frisch Feld ein, indeß Konrad bei den Pferden bleibt, da aber, ja seht, da begegnet mir ein seltsamer Casus. An der Landstraße finde ich ein junges hübsches Weib in einem Zustande, der mein Mitleid auf eine solche Weise erregt, daß ich sie mir nichts dir nichts aufpacke, und so schon langsam den Weg nach der Stadt beende.
HERZOGIN scherzend. Ein junges hübsches Weib! Ei, ei! Graf Marquard! Was meinst Du dazu, mein Sohn?
GRAF. Hat sich was zu meinen! Mit Verlaub, Frau Herzogin! Euch bringe ich das Weibsen und denke sie Eurem milden Herzen zu empfehlen. Ich weiß nicht recht, ist sie gescheidt oder verrückt; denn seit sie sich erholt, spricht sie ganz vernünftig, sobald man sie aber fragt, woher sie kommt, und wer sie ist, will sie verzweifeln, weil sie versichert, dieses nicht zu wissen. Mir kommt die Sache absonderlich vor; denn für eine Betrügerin mag ich sie nicht halten, – sie sieht so ehrlich aus, so recht herzensgut und brav!
HERZOGIN. Nun wackerer Graf, so bringt die Aermste uns vor's Antlitz, wir wollen heute Gnaden spenden in reichem Maaße, da Gott uns so hoch begnadet.[52]
GRAF. Wirklich? Darf ich, edle Frau? Nun seht, das ist schön und brav, das ist recht ein Einfall, der Euch ziemt. Ich hole sie, und gebt Acht, Ihr werdet des alten Marquard von der Eiche nicht ferner spotten, weil er ein weiches Herz hat. Eilt ab.
HERZOGIN. Wackerer Mann! Du gestattest mir's doch, mein Sohn?
HERZOG. Wohlthun ist das Gebiet einer edlen Seele; wer möchte Euch verwehren, meine Mutter, in Eurem angebornen Reiche zu herrschen?