[52] Krabbe. Fritze.
FRITZE steckt den Kopf zur Thür herein. Wenn nur der ole Magister nicht hier ist – Erblickt Krabbe. Hurrrjeh – da ist ein Anderer!
KRABBE sehr sanft. Was willst Du, mein Junge?
FRITZE näher kommend, für sich. Ne, des ist ene einzige Figur! Jott, wenn wir den im Klub hätten, der brauchte sich auf keenen Eckstein zu stellen, daß man ihn sähe.
KRABBE immer ängstlicher, sieht ihn von der Seite an, für sich. Was sieht mich der Bursche so verdächtig an? Laut. Liebstes Kind, was willst Du denn?
FRITZE. Kind? Na, ich dächte, das hätt' ich überstanden! Junge heeßt man mir, Mitglied vom Lindenklub, wenn ich bitten darf.
KRABBE für sich. Lindenklub? Himmlischer Vater, richtig wieder solch ein Krawaller! Laut. Wenn Du hier nichts zu suchen hast, so geh' Deiner Wege!
FRITZE. Na nu – man nich gleich so patzig! Ich suche den Herrn Julius Krabbe.
KRABBE. So? Der ist nicht zu Hause und kommt erst morgen früh wieder.
FRITZE. Erst morgen? Na, gut'n Morgen! Die Emma weint sich die Augen aus dem Koppe, wenn er ihr Billet nicht heute noch kriegt.
KRABBE sehr rasch. Die Emma? – Welche Emma?
FRITZE sieht ihn groß an. Na – unsre Emma – Tantens Tochter – meine Cousine.
KRABBE. Wer ist denn Deine Tante?[52]
FRITZE wie oben. Ih Herr Je, des wissen Sie nich? Das ist ja die Frau Försterin Klammer, Vaterns Schwester!
KRABBE. So? Aber wer ist denn Dein Vater?
FRITZE wie oben. Ih nun – das ist der Herr Portier in Geheimeraths Hause, Friedrichstraße Nummer 320.
KRABBE für sich. Ih der Kuckuk – schon wieder Friedrichstraße 320. Laut. Das ist wohl ein schönes Haus, mein Söhnchen?
FRITZE wichtig. Hurrrjeh! Zehn Fenster Front, drei Stockwerke, Hoff und Hinterhaus nebst sehr schönem Jartenvergnügen.
KRABBE eben so wichtig. So, auch Gartenvergnügen?
FRITZE. Woll! Da ist ja die Geschichte eben angegangen mit dem Julius und die Emma; sie hat ihr Zimmerchen nach'm Jarten; da ist er immer gekommen ganz heimlich in die Nacht – die Tante schläft nach die Straße und hat nischt nich gemerkt – und da haben sie geflüstert und haben phantasirt von dem silbernen Mond und die joldenen Sterne und die wohlzuschlafende Nacht! Und ich hab' mich denn immer auf den Hoff gestellt und gelauert.
KRABBE. Ei, das war nicht hübsch von Dir, daß Du sie belauscht!
FRITZE ernsthaft. Das geschah von wegen die Geistesbildung! Bedenken Sie man, ich werde von Ostern übers Jahr ingesegnet, da muß ich mir doch bekannt machen mit meinen Menschenpflichten! – Ach, Sie haben gar keinen Begriff nicht, wie schön der Herr Julius gesprochen hat: von die Tugend, von die Herzensreinigkeit und von die reellen Absichten – und die Emma hat die hellen Thränen geweint und dazu ihm die Hand hinausgereicht – und was hat er sie geküßt die Hand, daß es nur so schnallte! Hurrrjeh, des mach' ich man Alles och so![53]
KRABBE für sich. Nu, das wäre ja eine schöne Neuigkeit! Laut. Aber was soll's nun mit dem Auftrag für den Herrn Julius? Ich bleibe hier, bis er kommt, kann ich das nicht besorgen?
FRITZE sieht ihn lauernd an. Wer sind Sie denn?
KRABBE. Ich – ich bin ein alter Freund seines Hauses; Du kannst mir das Billet vertrauen, er soll es gewiß heute noch haben!
FRITZE sich hinter den Ohren kratzend. Na, hören Sie, wenn ich das wüßte! Vertraulich und geheimnißvoll. Sehen Sie, wenn er's nich kriegt, so kommt er heute Nacht unter das Fenster, und sieht die Emma heraus – so giebt's Keile, denn die ole Tante – na, die kann's! Und geht die Emma nicht, so weiß der Herr Julius nich, was los ist.
KRABBE ungeduldig. So gieb mir nur das Briefchen!
FRITZE unschlüssig, von einem Bein auf's andere tretend. Ja, ich möchte woll, wenn ich – Entschlossen. Können Sie mich nich sagen, was die Glocke ist?
KRABBE zieht die Uhr. Acht Uhr vorbei!
FRITZE erschrocken. Achte? Es ist die Möglichkeit! Da ist die Bürgerwehr schon vom Exerziren zurück – und nachher ist Klub angesagt an Kranzler's Ecke, und ich bin noch nicht dabei? – Hurrrjeh – wie habe ich mir versäumt! Er reicht Krabbe das Billet hin. Da, nehmen Sie, mir ruft das Vaterland! Grüßen Sie Herrn Julius Krabben und sagen Sie ihm, das Botenlohn kann er mich morgen per Stadtpost schicken, weil er doch nicht mehr in's Haus darf! Im Ablaufen. Aberscht frankirt, wenn ich bitten darf! Ab durch die Mitte.