Zweiter Akt.

[20] Dieselbe Dekoration. Um einen gedeckten Tisch rechts sitzen Barras, Talleyrand, den Federhut der Volksrepräsentanten auf dem Kopf, Theroigne und Madame Tallien. Danton am oberen Ende des Tisches erhebt sich soeben und bewillkommnet Hoche, der von links eintritt. Dort in der offenen Thür steht ein Grenadier-Wachtposten, der vor Hoche präsentirt.


DANTON stellt vor. General Hoche! Unser Jüngster und Größter!

THEROIGNE erhebt ihr Glas. Der Sieger von Weißenburg und Wörth!

MADAME TALLIEN geziert. O so viele Berühmtheiten! So viele gezähmte Löwen!

BARRAS stellt sie Hoche vor. Und Löwenbändigerinnen! Die Bürgerin Tallien ... von unserem Kollegen in Bordeaux!

THEROIGNE Hoche ins Ohr. Noch unverehelicht! Genire Dich nicht!

TALLEVRAND ölig. Unser Hoche in Paris? Der gehört doch an die Grenze zum Ruhm der französischen Waffen!

HOCHE setzt sich. Plötzlich herberufen! Carnot will den Feldzug besprechen.

THEROIGNE. Carnot? Die Puppe!

HOCHE. Was, der Organisator des Sieges?

BARRAS. Draußen bei euch, Du naiver Krieger! Daheim da unterschreibt er einfach, was Robespierre ihm vorschreibt und St. Just.[21]

HOCHE auffahrend. St. Just? Den kenn' ich ... nur zu gut!

THEROIGNE. War ja Diktator im Elsaß!

HOCHE. Und bei mir im Feldlager! Er zerbricht die Armee in meinen Händen. Ach, man jage uns Generale fort oder Euch Volksrepräsentanten! Talleyrand und Barras trinken ihm lächelnd zu.

MADAME TALLIEN. Ist's wahr, der junge St. Just ist ein Frauenhasser?

THEROIGNE. O wie unanständig!

BARRAS. Jeder hat seine kleinen Schwächen, St. Just keine.

TALLEYRAND. Da ist seine große Schwäche.

THEROIGNE. Und erst sein Meister! Eine Spukgestalt!

MADAME TALLIEN. Der Unbestechliche und Unerbittliche! Hu!

BARRAS. Seh' ich meinen Schatten, erschreck' ich, als schleiche Er hinter mir her!

DANTON heftig. Dieser Pfaffe im schwarzen Talar? Der Schafskopf ist nicht fähig, ein Ei zu kochen ... und gackert, als lege er das Ei des Columbus!

TALLEYRAND. Ei, der Schulfuchs versteckt sein Messer in glattpolirter Scheide, ein philosophischer Raubmörder. Früher schnurrte er wie ein Hauskater, heut fletscht er die Zähne wie eine Tigerkatze. Die Krallen bleiben dieselben!

THEROIGNE schlägt an ihren Säbel. Bah, wir haben Tatzen! ... Dieser heilige Knochenmann präparirt sich lebendig zur Reliquien-Mumie.

DANTON nachdenklich. Frau Roland auf dem Blutgerüst, mit ihr die ganze Gironde! Und Marat auch hinabgefahren ins ewige Nichts! Sei ihm die Erde leicht, auf der er so giftig herumkroch! Erhebt den Becher. Einer frißt den Andern. Wann kommen wir dran?

STIMME draußen. Präsentirt das Gewehr! Der Posten präsentirt.

DANTON. Wer naht so ungeladen?

ST. JUST von links, grüßt leicht, im Eingang. Danton amüsirt sich? Alle starren ihn an.

MADAME TALLIEN lacht. Der steinerne Gast im »Don Juan«!

DANTON faßt sich. Ah Du, St. Just? Du siehst ja feierlich aus wie ein Küster. Wie ist mir doch? Wer war gleich der Chevalier von St. Just, der sich mit dem Balletcorps herumtrieb und in die Garde-du- Corps eintrat und eine lüderliche Dichtung verfaßte ...[22]

ST. JUST feierlich. Ja, ich war der verlorene Sohn und nährte mich von Trüffeln in Gesellschaft unzüchtiger Weiber. Aber mein Tag von Damaskus kam, da ich Ihn, den Meister geschaut. Du vermagst nicht in das Mysterium einzudringen, also laß ab, daran zu deuteln!

DANTON klopft ihm auf die Schulter. Junger Mensch, Du bist ja verrückt!

ST. JUST zuckt auf, sieht über ihn weg auf Barras und Talleyrand. Sieh da, zwei Henker in Gala!

BEIDE auffahrend. Oho! Bleib' bei Dir selber!

ST. JUST immer stehenbleibend. Ew. Majestäten sind wohl nicht gerne hier? In den Provinzen lebte sich's flotter!

BARRAS. Zurückberufen ... wir wissen, wem wir's verdanken!

ST. JUST sich umschauend. Ich vermisse den Kollegen Collot.

DANTON. Wird noch erwartet.

ST. JUST. Ist's wahr, daß Lyon jetzt »Stadt ohne Namen« heißt?

BARRAS pompös. Das Weltgericht muß auf die Verräther fallen wie der Blitz und nur Asche übrig lassen. Lyon kämpfte gegen die Freiheit, Lyon ist nicht mehr.

ST. JUST kalt. Eine nette Wirthschaft ... Collot in Lyon, Tallien in Bordeaux Zu Barras. Du in Marseille Zu Talleyrand. Du in Toulon! Ihr habt ja gewüstet wie Heliogabal! Brennende Städte und Tafelmusik! Schauderhaft!

DANTON. Habe Dich doch nicht wie ein galvanisirter Frosch! Sollte man etwa Ritterfräuleins schicken, um die Leute zu schlagen? Nein, starke Geister ohne Skrupel!

ST. JUST. Ja, an Skrupeln leidet ihr nicht.

BARRAS. Du etwa?! ... Man mußte einen Begriff von der Erhabenheit unsrer Stellung einflößen. Hat das Volk sich nicht vor jedem Prinzen geduckt? Wieviel mehr vor uns, die so viel mehr sind als Prinzen: Volksrepräsentanten!

ST. JUST kalt. Ja, Ihr repräsentirt ... Euch selbst!

STIMME hinter der Scene. Präsent ...

COLLOT stürzt von links herein, wüthend, drängt den Posten bei Seite. Als er St. Just erblickt, wirft er sich auf ihn und will ihn würgen. Ah, da find' ich Dich! Brigant! Usurpator! Diktator! Er ist berauscht und stottert.

ST. JUST ihn abwehrend. Viel auf einmal. Geh' zu Bett![23]

MADAME TALLIEN. Was fehlt unserm theuren Collot?

COLLOT weinerlich. O theure Jungfrau – zittre, edle Frauen schauen auf Dich!

DANTON ungeduldig. Woher kommst Du?

COLLOT. Vom Jakobinerklub. Sie haben Hand gelegt an den Gesalbten des Volkes, sich vergriffen an der Majestät seines Erwählten ...

ALLE. Ein Attentat?

COLLOT groß. Nein, man hat mich geprügelt! Gelächter.

ST. JUST höhnisch. Das geht noch über die faulen Aepfel von Lyon!

COLLOT rasend, ringt mit ihm. Du lügst! Ronsin war's, der große Dramatiker, den man mit Aeppeln warf ... aber Dich werd' ich in den Staub werfen, Du ... Du Sejan des Tiberius!

DANTON unwirsch, drängt ihn fort. Verschlaf' Deinen Rausch!

ST. JUST. Wir kennen Deine Weinrechnungen in Lyon. Ich hab' sie revidirt, Du Spaßvogel!

COLLOT schluchzt. St. Just, Du hast kein Gemüth!

ST. JUST kalt und trocken zu dem Wachtposten links. Man geleite den Mann an die freie Luft!

COLLOT halb hinausgeworfen. Ich, der ich Tamerlan den Großen mit so durchschlagendem Erfolg ... Ab.

BARRAS hebt ein Papier auf, das St. Just beim Ringen mit Collot entfiel. Was ist denn das? ... Ah, die berühmte Aechtungsliste! St. Just will den Convent »säubern« ... die halbe Welt steht hier verzeichnet!

ST. JUST entreißt ihm das Papier und steckt es ein. Unterschlage gütigst kein fremdes Manuskript ... wenn Du auch sonst im Unterschlagen groß bist!

HOCHE stellt sich ihm vor. Wie geht es Dir?

ST. JUST kalt. Nicht gut. Und Dir?

HOCHE. Gut. Wir sahen uns zuletzt auf dem Schlachtfeld.

BARRAS laut, bedeutungsvoll. Heut' vielleicht auf der ... Schlachtbank!

DANTON der St. Just beobachtet hat, unwillig. Darf ich nun endlich fragen, Gebieter, weshalb Du mich beehrst?

ST. JUST setzt sich seitwärts auf den angebotenen Stuhl, schiebt aber ein Weinglas zurück. Wohlfahrtsausschuß ... Vollmacht von Robespierre. Bewegung. Erschreckte Pause.

THEROIGNE keck überm Tisch, Ellenbogen aufstützend. Wie geht's[24] mit der Gesundheit, St. Just? Dieser sieht sie kalt an und schweigt. Kennst Du mich nicht mehr?

ST. JUST kalt, schneidend. Ich kenne Deine Liebeskorrespondenz mit verschiedenen Banquiers.

THEROIGNE verlegen, faßt sich. Und war ich die Buhlerin des Reichthums, so hab' ich mein Gold dem Vaterland geopfert.

ST. JUST. Man bedarf nicht Deines Goldes, man bedarf der weiblichen Würde.

THEROIGNE. Wer stand in der vordersten Reihe, als man das Gitterthor der Bastille erbrach?

ST. JUST. Betrübend genug, wenn Du dies warst. Die Republik wünscht keine Mannweiber, sondern züchtige Hausfrauen. Du hast Deinen Lohn dahin, hast Dich in Genüssen und Ideen berauscht, die Revolution war Dir ein Hochzeitsfest.

THEROIGNE. War! Wirfst Du mich schon zu den Todten?

ST. JUST salbungsvoll. Der Tod ist der Sünde Sold.

THEROIGNE. Pedant! Was ist Sünde!

DANTON. Und was ist Wahrheit! Wir Alle rennen umher mit einem Visir. Und ihr wollt die Wahrheit pachten, ihr Theoretiker!

ST. JUST. O die Wahrheit hat ergreifende schreckliche Töne. Die Lüge kann sie so wenig nachahmen wie die Donnerkeile des Himmels! Auch verfrühte Wahrheiten sind Wahrheiten.

MADAME TALLIEN. Ist es schwachen Menschen erlaubt, sich zum Henkersknecht der Wahrheit aufzuwerfen?

HOCHE. Hüte sich, wer das Schwert schwingt! Es ist zweischneidig und kehrt sich gegen ihn selber.

ST. JUST trocken, auf Hoche's Säbel blickend. Du liebst das Schwert nicht? Dafür kann Rath werden!

HOCHE. Was soll das heißen?

BARRAS. Eine kleine Ueberraschung? Was will der gute Mann?

DANTON. Sei ruhig! Nach so vielen Diensten, die Du dem Staat geleistet ...

ST. JUST. Der Staat! Was ist das für ein Ding? Der Staat ist das Volk.

STIMME hinter der Scene. Präsentirt das Gewehr! Draußen Trommelwirbel.

DANTON. Was soll's schon wieder? Geht an die Rampe und blickt hinaus. Pest und Schwefel! Ein Bataillon um den Palast? Warum?[25]

ST. JUST gelassen. Was weiß ich! Wohl eine Parade. Frag' Henriot!

HENRIOT soeben mit zwei Adjutanten von links hereinpolternd. Da is er schon! ... Stillgesessen, Bürger und Bürgerinnen! Bruder Danton, hier ist's gemüthlich, Du Saukerl! Da sagt' ich zu mir in meinem Gemüthe: willst mal raufsteigen und zugucken, wie Danton säuft! Brüder Patrioten, wo's fidel ist, da bin ich alle Mal Derjenige welcher! Geräuschvoll verlegene Begrüßung. – St. Just bleibt sitzen, Henriot grüßt ihn devot. Zu Hoche. Ah, Kamerad Hoche! Hoche nickt kalt und vornehm. Wie geht's, wie steht's da draußen im Felde? Ja wir, Kamerad, machen auch gute Arbeit daheim. Stellt sich ihm vor. Der kommandirende General der Gewaltsarmee von Paris!

HOCHE verächtlich. Ja, ihr seid eine gewaltige Gewaltsarmee ... gegen Wehrlose.

HENRIOT rasselt mit dem Säbel. Ein Aristokrat, he?!

DANTON. Halt's Maul! Respekt vor dem Vertheidiger des Vaterlandes!

HENRIOT. Das Zivil schweige! Mustert den Tisch. Na, hier geht's ja hoch her! – Bürger Adjutanten des kommandirenden Generals der Gewaltsarmee, notiren Sie meinen Tagesbefehl: Die Adjutanten notiren eifrig in Schreibtafeln. »Bürger, Soldaten! Vor Paris nichts Neues. Mögen die Tyrannen Paläste bauen, wir wollen als Asyl nur eine Hütte Rülpst. na ... als Reichthümer reine Sitten.«

THEROIGNE lacht. Er meint wohl seine Loge in der komischen Oper!

DANTON bitter zu Barras. Eine neue fixe Idee! Der Säuferwahnsinn!

HENRIOT donnert. Das Zivil schweige! Trinkt. Na, Prost! Den Mein mißbilligend. Du ... der ist verdächtig! Zu St. Just. Fahre in Deiner schönen Ergießung fort, ehrwürdiger Vater des Volkes! Ich bin Dein lieber Sohn, an dem Du Wohlgefallen hast! Meine Adjutanten, hierher zu meiner Rechten und zu meiner Lenken! Lauschen wir gemeinsam den Orakeln!

MADAME TALLIEN vornehm zu Danton, halblaut. Man muß den Menschen hinausbringen!

DANTON. Hör mal Du – hier wird keine Volksversammlung abgehalten![26]

HENRIOT schlägt sich auf die Brust. Henriot in eigener Person genügt für eine Volksversammlung!

HOCHE barsch. Lärmmacher! Stillgestanden im Dienst! Ich bin Dein Vorgesetzter im Rang.

HENRIOT. Wa – as? Wo hat sich dieser Fremdling herverirrt?

HOCHE zornig zu St. Just. Ein Hexenkessel, dies Paris! Zuckungen wie Todeskrämpfe, Labyrinth voll herzloser Teufel – und wo der Ariadnefaden?

ST. JUST. Gerechtigkeit. Wer strauchelt, der falle nur!

HOCHE. Gerechtigkeit ist kein Brot. Das Volk hat nichts zu essen.

ST. JUST. Der Mensch lebt nicht von Brot allein.

HOCHE. Sondern von jeglichem Wort, das aus dem Mund Robespierres gehet? Verwandle lieber Steine in Brot, wenn Du Messias bist!

ST. JUST. Ich bin nur Apostel.

HOCHE. Petrus, der dreinschlägt?

THEROIGNE. Tugendapostel mit Wasser in den Adern! Nehmt euch in Acht, Robespierre hat eure Tugend gewogen und – na, ihr wurdet zu leicht befunden.

HOCHE faßt sich. Man soll nie gegen sein Vaterland murren. Es bleibt uns're Mutter, auch wenn es uns stiefmütterlich behandelt.

ST. JUST ist aufgestanden, legt seine Hand auf Hoches Schulter. General, es will Dich Jemand sprechen.

HOCHE aufspringend. Wer, wo?

ST. JUST kalt, tückisch. Draußen vor der Thür. Wer? – weiß nicht.

HOCHE begreift; laut. Man meldet mir, das Vaterland wünsche mich zu sprechen. Betretene Bewegung.

HENRIOT hohnvoll gravitätisch. Gestatte, daß ich Dich begleite!

HOCHE hoch herab. Ich führte die Heere der Republik zum Sieg, ich bin nicht gewohnt, geführt zu werden Halblaut. zum Tode. Ab nach links.

BARRAS laut, grimmig. Auch ich würde auf solch Geleit verzichten.

ST. JUST gedehnt. Wirklich?

THEROIGNE halblaut. In diesem Ton klirrt das Beil.

TALLEYRAND mit Barras beiseit zu Danton. Was wird das?

DANTON. Euch Beiden will er ans Leder. Doch noch bin[27] Ich die Arche Noah! Ich rett' euch aus der Sintflut! Zu St. Just. Was that euch Hoche?

ST. JUST. Ehrgeiz ist eine schöne Gottesgabe, aber Alles mit Maß. Der eitle Kriegsruhm ist immer verdächtig.

DANTON. Ihr werdet bald keine Generale mehr haben.

HENRIOT reckt sich. Oho! Bürger-Generale!

ST. JUST boshaft. Du übertreibst. Wir haben z.B. Biron .. ja, Der ist übel auf Dich zu sprechen .. ich beklage es. Du erinnerst Dich wohl seiner Cousine – wie hieß sie doch?

DANTON zusammenschauernd. O! Auf St. Just los, heftig. Spaziert zum Monde zurück, woher ihr kommt! Eure Allmacht ist die Ohnmacht!

ST. JUST boshaft. Liebhaber der Freiheit! Bist Du eifersüchtig?

DANTON brüllt die Faust auf den Tisch schlagend. Jetzt haben wir adlige Passionen, ja wir Plebejer! Seht mich an, den Grandseigneur der Ohnehosen!

ST. JUST zimperlich. Schone meine Ohren!

DANTON. Erröthen sie so leicht? Hier singt man keine Sonnette von Petrarka! Sich in Positur werfend, hochmüthig St. Just messend. Danton – und wer bist Du?!

ST. JUST erhebt sich gleichfalls, stolz. St. Just – und was bist Du?! Heftig. Eiserne Stirn und eiserne Stimme! Wer wärest Du im bürgerlichen Leben? Ein Räuberhauptmann, der eine Bande sucht! Danton will sich auf ihn stürzen, Henriot tritt dazwischen.

DANTON sucht nach einem Schimpfwort. Du .. Du freundlicher Jugendgreis!

ST. JUST elegisch. O ich weiß, mein Meister und ich, wir schleifen uns tausend Dolche, wir überliefern uns den Verruchten!

TALLEYRAND. Die sind froh, wenn Du sie nur zufrieden läßt!

ST. JUST. Wir werden den Tod wie eine Wohlthat empfangen, nachdem unser ganzes Leben ein Opfer war!

TALLEYRAND faltet die Hände. Thu uns die einzige Wohlthat und verschone uns als Opfer!

ST. JUST seufzt. Ach, mein Untergang naht sich mit schnellen Schritten! Bin ich Kain? Ach, ich bin Abel.

DANTON. O Du Gottergebener! Verschone uns mit duftigen Poesieen! Ich wittere Leichenduft. Ausbrechend. Wessen Kopf willst Du?

ST. JUST düster. Es müssen wohl noch viele Köpfe fallen.[28]

DANTON. Macht nur so weiter! Bald wird Frankreich eine Wüste sein, wo nur Trappisten murmeln: Memento mori!

ST. JUST steht plötzlich auf; drohend, scharf. Und wenn sie sich in die Eingeweide der Erde verkröchen, wir werden die Würmer mit Schwertstreichen herausschneiden.

BARRAS zu Talleyrand. Er verschlingt uns schon mit den Augen, der herzige Junge!

ST. JUST gesteigert. Wenig liegt daran, wieviel Eitelkeiten man in das Nichts zurückschickt. Man wird Bescheidenheit lernen und Redlichkeit.

DANTON. Du wärst mir der Rechte dazu!

TALLEYRAND zu Barras, ironisch ängstlich. »Redlichkeit?« uns gilt's!

BARRAS unwirsch. Fühlst Du Dich getroffen?

ST. JUST. Nein, wir wollen kein Vorrecht, wir wollen keine Götzen.

BARRAS aufspringend. Jetzt kommt der Schlag!

DANTON ruhig. Nur Muth, ich schütze euch!

ST. JUST. Noch lebt ein Einzelner unter uns, der sein Cyklopenhaupt emporreckt über die heilige Gleichheit – es soll fallen!

HENRIOT mit beiden Adjutanten plötzlich Danton ergreifend. Im Namen der Republik! Bürger Danton ..


Der Vorhang fällt.


Quelle:
Karl Bleibtreu: Weltgericht. [Berlin-] Charlottenburg [o.J.], S. 20-29.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Jean Paul

Flegeljahre. Eine Biographie

Flegeljahre. Eine Biographie

Ein reicher Mann aus Haßlau hat sein verklausuliertes Testament mit aberwitzigen Auflagen für die Erben versehen. Mindestens eine Träne muss dem Verstorbenen nachgeweint werden, gemeinsame Wohnung soll bezogen werden und so unterschiedliche Berufe wie der des Klavierstimmers, Gärtner und Pfarrers müssen erfolgreich ausgeübt werden, bevor die Erben an den begehrten Nachlass kommen.

386 Seiten, 11.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Romantische Geschichten. Elf Erzählungen

Romantische Geschichten. Elf Erzählungen

Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Michael Holzinger hat für diese preiswerte Leseausgabe elf der schönsten romantischen Erzählungen ausgewählt.

442 Seiten, 16.80 Euro

Ansehen bei Amazon