An die Schwestern

[279] Schwestern, laßt euch's nicht verdriessen,

Daß uns keine essen sieht;

Danken würdet ihr uns müssen,

Wüßtet ihr, warum's geschieht.


Solltet ihr das Wunderbare

Uns'rer Tafellogen seh'n,[279]

O so glaubet mir, die Haare

Würden euch zu Berge steh'n.


Drachenzungen, Kröteneier,

Faul und stinkend, wie die Pest,

Alles, was bei'm Höllenfeuer

Satan selber kochen läßt;


Seine feu'rigen Pokale,

Und der Schwefel, der d'rin brennt,

Wären gegen uns're Mahle

Noch ein fürstlich Traktament.


Hört, wir sitzen in der Runde,

Essen mit dem Maul – o weh!

Was wir käuen, wird zur Stunde

Uns im Mund zum – Fricassee.


Wir zerschneiden, was wir finden,

Schonen keines Tafelstück's:

Ach, und aus der Schüssel schwinden

Uns die Speisen Augenblick's.


Selbst die Teller, glaubt's ihr Schönen,

Ritzen wir nicht selten wund;

Das Gefror'ne wird zu Thränen,

Und zergeht uns in dem Mund.


Doch das Schrecklichste aus allen

Würde unser Trank euch sein;

Denn bei ächten Maurermahlen

Trinkt man nichts – als Vier und Wein.


Was uns eingeweihte Zecher

Selbst oft Wunder nimmt, ist das:

Uns're Flaschen haben Löcher,

Doch der Wein rinnt – nur in's Glas.
[280]

Was ihr ohne Schrecken sehen

Könntet, wäre dies allein,

Daß wir euer'm Wohlergehen

Immer auch ein Gläschen weih'n.

Quelle:
Aloys Blumauer: Sämmtliche Gedichte. München 1830, S. 279-281.
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