Schwesterngesundheit am Namenstage des Hochw. Großm. von B*n

[281] 1783.


Wenn unser Meister Ignaz heißt,

Und unser Mund den Namen preist,

So müßt ihr d'rum nicht glauben,

Daß wir auch Jesuiten sind,

Und gerne jedem schönen Kind

Die jungen Männer rauben.


Nein, Schwestern, unser Ignaz hat

Noch keinen Heiligenornat

Vom obern Kirchenhirten;

Doch schätzen wir den Edlen sehr,

Und lieben ihn unendlich mehr

Als den Canonisirten.


Der Orden, dem wir zugethan,

Baut nicht am röm'schen Vatican,

Baut Menschenwohl hienieden,

Und alle seine Satzungen

Sind von den Jesuitischen

Gar himmelweit verschieden.
[281]

Sankt Ignaz schuf aus Ueberdruß

Ob seinem Loch im rechten Fuß

Sich seinen neuen Orden;

Der uns zusammen hat gesellt,

Ist nicht aus Spleen und Haß der Welt

Zum Logenstifter worden.


Sankt Ignaz war den Mädchen gram,

Und wo ihm ein's nur nahe kam,

Da fing er an zu lästern;

Wir hegen keinen solchen Groll,

Wir feuern oft auf euer Wohl,

Und nennen euch gar Schwestern.


Wir prüfen unsern Heldenmuth

Durch Wind und Wasser, Feu'r und Blut,

Und wagen Leib und Leben;

Sankt Ignaz, daß er Muth bewies,

Ließ in der Schule zu Paris

Sich einen Schilling geben.


Sankt Ignaz sandte Jünger gar

Nach Indien, der Heiden Schaar

Zu tödten und zu plündern;

Wenn Maurer nach den Ländern zieh'n,

So werden sie die Heiden d'rin

Eh' mehren, als vermindern.


D'rum, daß wir nicht wie Ignaz thun,

Das glaubt ihr, liebe Schwestern, nun

Wohl ohne mein Betheuern:

Denn stünden wir in seiner Pflicht,

Wir würden aus Kanonen nicht

Auf eurer Wohl jetzt feuern.

Quelle:
Aloys Blumauer: Sämmtliche Gedichte. München 1830, S. 281-282.
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