Gegenstück zu Bürger's Lied:

Herr Bachus ist ein braver Mann, u.s.w.

[137] Herr Bachus ist ein schlechter Mann,

Ein schmutz'ger, grober Bengel,

Und Herr Apoll, der Leyermann,

Ist gegen ihn ein Engel.


Zwar weiß der Saufbold auf dem Faß

Gar mächtig sich zu brüsten,

Und thut, als wenn von seinem Naß

Wir alle leben müßten.


Allein guckt man in's Faß hinein,

Auf dem der Prahler reitet,

So ist's nur saurer Apfelwein,

Mit Hefen zubereitet.


Doch sitzt er d'rauf, wie angepicht,

Mit immer vollem Glase,[137]

Dickwanstig, Bausback' im Gesicht,

Rubinen auf der Nase.


Und wird der Tummler ihm zu klein,

So legt er, wie von Sinnen,

Sich unter'n Schlauch, und läßt den Wein

Sich in die Gurgel rinnen.


Bei Tische lärmt und schreit und singt

Herr Bachus, wie von Sinnen,

Und läßt wohl gar oft, was er trinkt,

Vor allen Leuten rinnen.


Im Rausch zertrümmert und zerpufft

Er Schüssel, Glas und Teller,

D'rum schmiß man auch den groben Schuft

Zu Kutschern in den Keller.


Nur pflegt er jetzt noch dann und wann

In Klöster zu gerathen,

Und spielt, mit Seide angethan,

Den trunkenen Prälaten.


Vor Zeiten lief er gar ohn' Hemd'

Herum auf allen Strassen,

Und ließ die Mädchen unverschämt

Erröthen und erblassen.


Dabei ist er nach altem Brauch

Ein Grobian von Sitten,

D'rum war er bei den Mädchen auch

Von je so schlecht gelitten.


Dagegen weiß gar wundersüß

Apoll zu karessiren,

Ist artig, und läßt überdies

Sich alle Tag' frisiren.


An den Toiletten, auf dem Ball,

Bei Spiel und Assembleen,[138]

Bei Serenaden – überall

Ist er recht gern gesehen.


Er reicht die Papilloten dar

Bei Schönen, die sich putzen,

Und die erlauben ihm sogar

Die Freiheit – sie zu dutzen.


Da mag Herr Bachus immerhin

Die grossen Brüder schelten,

Apollo hat es mehr Gewinn,

Bei Mädchen was zu gelten.


Dafür ist er auch ganz gemacht,

Den Schönen zu gefallen:

Geht Chapeau bas, tanzt, singt und lacht,

Und kos't und scherzt mit allen.


Den neu'sten Schnitt wählt sich der Mann

Zu jedem seiner Kleider,

Und ist – wer säh' ihm so was an?

Dabei sein eig'ner Schneider.


Die lust'gen Mädchen amüsirt

Er wie ein Wiener Herrchen,

Bei Spröden seufzt, bei Sanften girrt,

Bei Trägen singt er Mährchen.


Die Damen alle lieben ihn,

Und rufen – wie besessen –

O hätt' er nur auch Haar um's Kinn,

Er wär' ein Mann zum Fressen!

Quelle:
Aloys Blumauer: Sämmtliche Gedichte. München 1830, S. 137-139.
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