Lob des Hahn's

[129] Verleihe mir nun auch, du aller Hühner

Erlauchter Großsultan

Ein gütig Ohr, und höre deinen Diener

In hohen Gnaden an!


In deinen starken, ungeschwächten Lenden

Zeigt noch die Mannheit sich

Die, ach, entnervt von buhlerischen Händen,

Von Hermanns Enkeln wich.


D'rum sieht auch manches Weibchen, dessen Gatte

Im Bett nur schlafen kann,

Der stolzen Henne Glück auf ihrer Latte

Mit neid'schen Augen an.


Selbst die Natur hat schon dich, wie ich glaube,

Zum Ritter auserkohr'n;

Sie gab dir einen Kamm als Bickelhaube,

Und Federbusch und Sporn.


Du kündigst Muth und ächte Rittersitte

In jeder Miene an,

Dein Gang ist stolz, und jeder deiner Schritte

Verräth den braven Mann.


Du scheust, wenn du ergrimmst, im Duelliren

Nicht Wunden und nicht Blut:

Ganz Engelland bewundert in Turnieren

Noch immer deinen Muth.


Allein die grossen Herr'n der Schöpfung schämen

Ob deiner Mannheit sich:

Sie suchen dir den Ritterschmuck zu nehmen,

Und degradiren dich;


Damit du so, wie sie, dich auf der Bühne

Der Welt nur mästen läßt,[130]

Und so, wie sie, früh hinter der Gardine

Kastratenartig krähst.


D'rum denket, hört er dich den Tag verkünden,

Jetzt mancher Ehemann,

Wie Petrus einst, an seine Jugendsünden,

Und seufzt: Wär' ich ein Hahn!

Quelle:
Aloys Blumauer: Sämmtliche Gedichte. München 1830, S. 129-131.
Lizenz:
Kategorien: