|
1819
22. April: Friedrich Martin von Bodenstedt wird in Peine/Hannover als Sohn eines Brauers geboren.
1834
Bodenstedt ist Kaufmannslehrling, bevor er in Göttingen kurze Zeit Geschichte und Fremdsprachen studiert. Seine ersten poetischen Versuche finden weder beim Vater noch beim Lehrer Verständnis. Er verbringt viele Stunden in der Einsamkeit eines nahegelegenen Klosters und eines Mönches.
1835–1840
Bodenstedt studiert in Göttingen, München und Berlin.
1840
Bodenstedt reist nach Moskau, wo er Privatlehrer im Haus des russischen Fürsten Galizin wird.
1843
Er wechselt als Gymnasiallehrer nach Tiflis und erlebt die Kämpfe der Bergvölker gegen die Russen, studiert ihre Sitten, Sprachen und die Literaturen des Morgenlandes.
Die Eindrücke dieser Zeit beschreibt er in »Die Völker des Kaukasus und ihre Freiheitskämpfe gegen die Russen«.
»Die poetische Ukraine« (Übersetzung).
Er bereist Kleinasien (vergleiche den kulturgeschichtlich-ethnographischen Reisebericht »Tausend und ein Tag im Orient« Teil 1, Berlin 1849–1850).
Durch seinen Kollegen Mirza Schaffy wird Bodenstedt in tatarische, persische, georgische und armenische Sprachen eingeführt.
1845
Er kehrt über Konstantinopel, den Balkan und Triest in die Heimat zurück. Seine gefährliche und abenteuerliche Reise schildert er in seinen Schriften biographischen Charakters.
1846
In Schloß Eschenberg bei Kassel, wo der kurhessische Mäzen Karl von Eschenberg viele Schriftsteller um sich versammelt, schreibt Bodenstedt an dem Reisebericht »Die Völker des Kaukasus und ihre Freiheitskämpfe gegen die Russen« der in Frankfurt am Main 1848 erscheint.
»Tausend und ein Tag im Orient« (Reisebericht, Teil II 1849/1850).
»Die Lieder des Mirza Schaffy« (1851).
Nach seiner Rückkehr nach Deutschland versucht er, sich literarisch bei Cotta zu betätigen; seine literarischen Bemühungen bleiben jedoch vergeblich. Er wohnt, rastlos den Aufenthalt wechselnd, in München, Triest, Berlin, Frankfurt/Main, Bremen, Kassel und Thüringen als Mitarbeiter verschiedener Zeitungen.
In Augsburg, München und Stuttgart lernt er Cotta, G. Schwab, G. Pfizer und Dingelstedt kennen; seine orientalischen Studien bringen ihn mit Fallmeyer und M. J. Müller zusammen, zugleich wird er Vertrauter des Nationalökonomen Friedrich List. Er lernt in dieser Zeit auch seine künftige Gattin, die »Edlitam« seiner Lieder, kennen.
In Deutschland sieht er seine materielle Existenz durch den Bankrott seines Verlegers bedroht, wird in Triest Chefredaktuer des »österreichischen Lloyd« und betätigt sich auf politischem und journalistischem Gebiet.
Der Zeitungsverlag wird nach Wien verlegt; hier wird Bodenstedt in die Ereignisse der Wiener Revolution notgedrungen hineingedrängt; er muß als Redakteur eines österreichischen Blattes oft sogar für sein Leben kämpfen. Er macht mit Karl Beck, Berthold Auerbach, Friedrich Hebbel, Kaufmann und Kuranda Bekanntschaft. Mit dem Dichter Hieronymus Lorm pflegt er eine tiefe Freundschaft und trifft dann und wann auch mit Betty Paoli, M. Pollac und Luise Neumann zusammen.
Internationale Beachtung findet Bodenstedt allein mit seinen Liedern des Mirza-Schaffy (Berlin 1851, Neuauflage 1917), die von ihm als Übersetzungen seines Lehrers in Tiflis ausgegeben werden. Die Lieder sind seine Reaktion auf die politischen Verhältnisse des Nachmärz und vermitteln orientalische Lebensweise nach dem Vorbild von Goethes »Diwan«.
Reise nach Italien, Aufenthalt in Rom. Bodenstedt verkehrt hier mit Willibald Alexis, G. von Putlitz, J. von Unger und Levin Schücking. Er unternimmt Reisen in die Campagna und das Albanergebirge. Bei seiner Rückreise gerät er in Oberitalien in die Kampfzone zwischen der österreichischen und der italienischen Armee. Er wird in Venedig als verdächtiger Spion verhaftet, durch den Dichter Heinrich Stieglitz erlangt er doch die Befreiung.
März 1851-Mai 1852
Er lebt in Bremen und redigiert die »Weserzeitung«. In Eschelbach und Kassel wartet er vergeblich auf eine in Aussicht gestellte Professur in Göttingen.
Auf dem Frankfurter Friedenskongreß vertritt er die schleswig-holsteinischen Interessen.
1852
»Gedichte«.
»Ada die Lesghierin«.
1853
Er verbringt eine Weile in Thüringen und genießt in Gotha die Gunst des Herzogs.
1854
»Demetrius«.
»Aus der Heimat und Fremde«.
König Maximilian II. von Bayern beruft ihn nach München, wo er eine Honorarprofessur für slawische Sprachen innehat.
1858–1866
Bodenstedt hat eine Professur für englische Literatur inne und wird Mitglied der Dichtergesellschaft »Krokodile«. Er verkehrt mit den Dichtern Hermann Lingg, Melchior Meyr und Julius Grosse und führt ein sehr aktives gesellschaftliches Leben.
Er übersetzt Dramen altenglischer Dichter und arbeitet an einer Shakespeare-Neuausgabe mit (9 Bände, Leipzig 1866–1872).
In Berlin findet er im literarischen Kreis von Friedrich von Raumer, Varnhagen von Ense, Gumprecht, Vichow, Alexis und anderen geistige und soziale Anregung.
In einem kurzen Aufenthalt in Paris tritt er als preußischer Bevollmächtigter für den Internationalen Freihandelskongreß mit Victor Hugo zusammen.
1859
»König Authari's Brautfahrt«.
Er ist in München als Professor für Altenglische Literatur und Sprache tätig.
1862
»Epische Dichtungen«.
»Gesammelte Schriften« (12 Bände 1865–1869).
1866
Bodenstedt siedelt als Intendant des Hoftheaters nach Meiningen über.
Er wird vom Fürsten geadelt, nennt sich ab jetzt von Bodenstedt.
Bodenstedt ist nicht nur Reiseschriftsteller, sondern auch Vermittler östlicher Dichtung und versucht sich an Übersetzungen von Werken von Puskin, Lermontov, Turgenjew, Shakespeare und Zeitgenossen wie Hafez, 'Omar Chayyam.
1867
Er verläßt München, um auf Verlangen des Herzogs in Meiningen die Leitung des dortigen Hoftheaters zu übernehmen.
1869
Er tritt wegen seines schlechten Gesundheitszustandes von seinem Intendantenposten zurück. Nach der Niederlegung dieses Postens versucht Bodenstedt sein Glück in verschiedenen Städten Deutschlands, jedoch ohne großen Erfolg.
1871
»Erzählungen und Romane« (7 Bände, Berlin 1871–1872).
1874
»Aus dem Nachlasse Mirza Schaffy's. Neues Liederbuch« (Berlin 1874).
Seit 1876
»Einkehr und Umschau« (Dichtungen).
»Alexander in Korinth« (Drama).
»Theater«.
1878
Bodenstedt zieht nach Wiesbaden, wo er endlich seßhaft wird. Er verdient seinen Lebensunterhalt mit seinen Schriften.
1879
»Aus meinem Leben«.
1880–1882
Er unternimmt eine Reise in die Vereinigten Staaten (vegleiche »Vom Atlantischen zum Stillen Ozean« Leipzig 1882).
1881–1888
Herausgeber und Gründer der »Täglichen Rundschau«.
1887
»Sakuntala« (Dichtungen).
»Erinnerungen aus meinem Leben« (2 Bände 1888–1890).
1892
18. April: Friedrich von Bodenstedt stirbt in Wiesbaden. Seine Grabstätte befindet sich in Wiesbaden auf dem Nordfriedhof. Posthum erscheint: »Ein Dichterleben in Briefen« (1850–1892, herausgegeben von Gu stav Schenk, Berlin 1893).
Buchempfehlung
Der in einen Esel verwandelte Lucius erzählt von seinen Irrfahrten, die ihn in absonderliche erotische Abenteuer mit einfachen Zofen und vornehmen Mädchen stürzen. Er trifft auf grobe Sadisten und homoerotische Priester, auf Transvestiten und Flagellanten. Verfällt einer adeligen Sodomitin und landet schließlich aus Scham über die öffentliche Kopulation allein am Strand von Korinth wo ihm die Göttin Isis erscheint und seine Rückverwandlung betreibt. Der vielschichtige Roman parodiert die Homer'sche Odyssee in burlesk-komischer Art und Weise.
196 Seiten, 9.80 Euro
Buchempfehlung
Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Michael Holzinger hat für den zweiten Band eine weitere Sammlung von zehn romantischen Meistererzählungen zusammengestellt.
428 Seiten, 16.80 Euro