Die 30. Historie sagt, wie Ulenspiegel zu Sangerhusen, im Land zu Düringen, den Frauwen die Beltz wusch.

[88] Ulenspiegel kam in daz Land zu Düringen geen Nigestetten in daz Dorff und bate da umb ein Herberg. Da kam die Wirtin herfür und fraget ihn da, was er für ein Gesell wär. Ulenspiegel, der sprach: »Ich bin nicht ein Handtwercksgesell, sunder ich pfleg die Warheit zu sagen.« Die Wirtin, die sprach: »Die herberge ich gern und bin ihn sunderlich günstig, denen, die die Warheit sagen.« Unnd als Ulenspiegel umb sich sahe, so sicht er, das die Wirtin schilet,[89] und sprach also: »Schele Fraw, schele Fraw, war sol ich sitzen und wa leg ich mein Stab und Sack hin?« Die Wirtin sprach: »Ach, daz dir nimmer Gutz geschehe! Al mein Lebtag hat mir niemant verwissen, daz ich schele bin.« Ulenspiegel sprach: »Liebe Wirtin, sol ich allzeit die Warheit sagen, so kan ich daz nit verschweigen.« Die Wirtin waz des da zufriden und lacht darmit. Als nun Ulenspiegel die Nacht da bleib, da ward er mit der Wirtin reden, daz sie zu Red kamen, daz er alt Beltz künd weschen, wann daz gefiel den Frauwen wol. Und bat ihn, das er die Beltz wolt weschen. Sie wolte es ihren Nachburen sagen, das sie ihr Beltz alle brächten, daz er sie wüsch. Ulenspiegel sprach ja. Die Fraw samlet ihr Nachbürin zusamen und brachten all ihre Beltz. Ulenspiegel sprach: »Ihr müßen darzu Milch haben.« Die Frauwen wurden verlangen und hetten ein Lust nach den neuwen Beltzen und holten alle die Milch, die sie in den Hüsern hetten. Und Ulenspiegel, der satzte drei Kessel zu dem Feuer und goße die Milch darein und stieß die Beltz darzu und ließe sie sieden und kochen. Also nun ihn gut duchte, so sprach er zu den Frauwen: »Ihr müßen zu Holtz gon und müßen mir weißes Lindenholtz holen, des jungen, unnd schleissen das ab. Indem das ihr widerkummen, so wil ich die Beltz ußheben, dann sie seind nun genug gebucht und wil sie dann ußweschen, und darzu muß ich das Holtz haben.« Die Weiber giengen willigklichen nach dem Holtz, und ihre Kinder lieffen bei ihn her und namen sie bei den Händen und Sprüngen und sungen: »O ho, gute nüwe Beltz! O ho, gute nüwe Beltz!« Und Ulenspiegel stund und lacht und sprach: »Ja beiten, die Beltz seint noch nitt recht.« Als sie nun in dem Holtz waren, stieß Ulenspiegel als je mer under und ließ den Kessel mit den Beltzen[90] ston unnd gieng uß dem Dorff und gieng hinweg und sol noch widerkumen und die Beltz ußweschen. Und die Frawen kamen wider mit dem Lindenholtz und funden Ulenspiegel nit und vermeinten, das er hinweg wär. Da wolt je eine vor der andern ihren Beltz uß dem Kessel thun, da waren sie gar verbucht, das sie voneinanderfielen. Also liessen sie die Beltz ston und meinten, er käm noch wider unnd würd ihn die Beltz ußweschen. Also danckt er Got, das er also mit Glimpfft darvonkam.

Quelle:
Ein kurtzweilig Lesen von Dil Ulenspiegel. Stuttgart 1978, S. 88-91.
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