Die 31. Histori sagt, wie Ulenspiegel mit einem Todtenhoupt umbzoch, die Leut damit zu bestreichen, unnd vil Opffer darvon uffhub.

[91] In allen Landen het sich Ulenspiegel mit seiner Boßheit bekant gemacht, und wa er vor einmal gewesen waz, da waz er nit wilkum, es wär dann, das er sich vercleidet, daz man ihn nit kant. Also gieng es an demselben End mit ihm zu, das er sich mit Müsiggon nit mer trüwt zu ernären und waz doch guter Ding von Jugent uff gwesen und Gelts gnug uberkumen mit allerlei Gükelspil. Da aber sein[92] Schalckeit in allen Landen bekant ward und ihm sein Narung hinder sich gieng, da gedacht er, waz er treiben solt, daz er gut überkam mit Müssiggon, und nam ihm für ein Statzinierer ußzuthun und mit dem Heiltumb im Land umherzureiten. Und cleidet sich mit einem Schuler in eins Priesters Gestalt und nam ein Todtenkopff und ließ ihn inn Silber fassen. Und kam ins Land Bummern, da sich die Priester me an daz Suffen halten dann an daz Predigen. Und wa dann etwan in einem Dorff Kirchweihung waz oder Hochzeit oder andere Versamlung der Landlüt, da macht sich Ulenspiegel hin zum Pfarrer, das er wolt predigen und den Buren daz Meilthumb verkünden, daz sie sich ließen bestreichen. Und waz er für Opffer uberkäm, daz wolt er ihm halber geben. So waz nun den ungelerten Pfaffen wol darmit, daz sie nit mer dann Gelt uberkämen. Und so allermeist Volck in der Kirchen waz, so steig er uff den Predigstul und sagt etwaz von der alten Ee und zoch die nüwe Ee darein mit der Archen und dem guldnen Eimer, da daz Himmelbrot in lag, und sprach dazu, daz es daz gröst Heiltumb wär. Und derweilen sagt er von dem Haubt Sant Brandonus, der ein heilig Man gewesen wär. Das Haubt er da hät, und daz ihm befolhen wär, damit ze samlen, um ein nuwe Kirch zu buwen, und das thun mit reiner Güte, und bei seinem Leben kein Opffer nemen solte von keiner Frauwen, die ein Eebrecherin wär. Und welch solche Frauwen seind, die sollen stilston. »Dann so sie mir etwas opffern werden, so sie schuldig seind in dem Eebruch, ich nim das nit, und sie werden vor mir verschempt. Darnach[93] wissen uch zu richten«, und gab den Lüten das Haubt zu küssen, das villeicht eins Schmidß Haubt geweßen wer, das er uff einem Kirchoff genummen het. Und gab den Buren und Bäurin den Segen und gieng ab der Cantzel für den Altar ston, und fieng der Pfarrer an zu singen und sein Schellen klingen. Da giengen die bößen mit den guten Weibern zum Altar mit ihrem Opffer, trugen sich zu dem Altar, das sie keichten. Und der ein böß Gschrei hät – und da auch etwaz an was –, die wolten die ersten sein mit ihrem Opffer. Da nam er das Opffer von bößen und von guten und verschmacht nüt. Und so fast glaubten die einfältigen Frawen an sein listige, schalckhafftige Sach, das sie meinten: »Welch Fraw stil war gestanden, sie wär nit frum gesein.« Desselbengleichen: Welche Fraw kein Gelt hät, die opffert ein guldin oder silbrin Ring. Und je ein het acht uff die ander, ob sie auch opffert. Und welche geopffert, die meint, sie hätt ihr Eer bestätigt und ihr böß Geschrei damit genumen. Auch waren ettliche, die zwei- oder dreimal opfferten, uff das das Volck das solte sehen und sie uß ihrem bösen Geschrei solten lassen. Und er uberkam das schönste Opffer, desgleichen vor nie gehört ist worden. Und da er das Opffer hinweg het genummen, da gebot er bei dem Bann allen denen, die ihm geopffert hetten, das sie nit mer mit Büberei solten umbgon, dann sie wärent deshalben gantz frei. Und wären etlich derselben dagewesen, er wolte das Opffer nicht von ihnen entpfangen haben. Also warden die Frauwen allenthalben fraw. Und wa Ulenspiegel hinkam, da prediget er. Und dadurch ward er reich, und Lüt hielten ihn für ein frumen Prediger, so wol kund er die Büberei verhellen.

Quelle:
Ein kurtzweilig Lesen von Dil Ulenspiegel. Stuttgart 1978, S. 91-94.
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