Die 54. Histori sagt, wie Ulenspiegel zu Berlin macht einem Kürßner Wölff für Wolffsbeltz.

[156] Großlistig Lüt sein die Swaben, und wa die des ersten hinkumen umb Narung und die nit finden, da verdirbt ein anderer gar. Doch seind ihr etlich auch mer geneigt uff den Bierkrug und uff daz Suffen dann uff ihr Arbeit, deßhalben ihr Werckstat offt wüst ligen etc.

Uff ein Zeit wonte ein Kürßner zu Berlin, der waz ein Schwab und waz seins Amptes seer kunstreich und auch guter Anschläg. Und waz auch reich und hielt ein gute[157] Werckstat, dann er mit seiner Arbeit an ihm het den Fürsten des Lands, die Ritterschafft, vil guter Lut und Burger. Also begab sich, das die Fürsten des Lands einen grossen Hoff mit Rennen und Stechen des Winters halten wolten, darzu er sein Ritterschafft und andere Herren beschreib. Als dann keiner der Hinderst sein wil, wurden zu denselben Zeiten vil Wolffßbeltz bei dem vorgemelten Kürßner zu machen bestelt. Daz ward Ulenspiegel gewar und kam zu dem Meister und bat ihn umb Arbeit. Der Meister, der uff die Zeit Gesinds bedorfft, waz seiner Zukunfft fro und fragt ihn, ob er auch wol Wölff machen künd. Er sagt ja, daz wär er nit der minst im Sachßenland bekent. Der Kürßner sagt: »Lieber Knecht, du kumpst mir eben recht, kum her, des Lons wöllen wir uns wol vertragen.« Ulenspiegel sagt: »Ja, Meister, ich sihe Euch wol so redlich. Ihr wöllen selbs bekennen, wan Ihr mein Arbeit sehen. Ich arbeit auch nit bei den andern Gesellen. Ich muß allein sein, so kan ich mein Arbeit nach Wilen und ungeirt machen.«

Demnach gab er ihm ein Stüblin in und legt ihm für vil Wolffshüt, die gehäret unnd zu Beltzen bereit waren, und gab ihm die Maß von jetlichen Beltz, groß oder clein. Also begund Ulenspiegel die Wolffsfell anzegon und schneid zu und macht uß allen den Fellen eitel Wölff und füllet die mit Hew unnd macht ihn Bein von Stecken, als ob sie lebten. Da er nun die Fel all verschnittn het und die Wölff uß gemacht het, sprach er: »Meister, die Wölff sein bereit, ist auch etwaz mer zu thun?« Der Meister sprach: »Ja, mein Knecht, näg sie, als vil du daz imer thun kanst.« Mit dem gieng er ussin in die Stub, da lagen die Wölff uff der Erden, klein und groß, die sahe der Meister an und sagt: »Was sol[158] das sein? Das dich der Ritschit, waz hast du mir grosses Schaden gethon? Ich wil dich fahen und straffen lassen!« Ulenspiegel sagt: »Meister, ist das mein Lon dan, und ich hab das nach Üweren eigenen Worten gemacht. Ihr hiessen doch mich Wölff machen. Hätten Ihr gesagt, mach mir Wölffsbeltz, das hät ich auch gethon, und hät ich das gewüßt, das ich nit mer Danck solt verdient haben, ich wolt so grossen Fleiß nitt gebrucht haben.« Also schied Ulenspiegel von Berlin und ließ niergen guten Geruff hinder ihm, und zog gen Leipzig.

Quelle:
Ein kurtzweilig Lesen von Dil Ulenspiegel. Stuttgart 1978, S. 156-159.
Lizenz:
Kategorien: