Die 72. Histori sagt, wie Ulenspiegel zu Bremen seinen Gästen den Braten uß dem Hindern bedrosst, den niemans essen wolt.

[209] Als nun Ulenspiegel dise Büberei zu Bremen het ußgericht, ward er gantz wol bekant. In der Stat zu Bremen waz so, das ihnn die Bürger wol leiden möchten unnd ihn in allen Schimpffen haben wolten. Unnd Ulenspiegel was da lang in der Stat. Da was dann ein Sammelung von Bürgern und auch von Inwoneren, als dann Kouflüt, die hetten ein[210] Colation undereinander, daz einer zu voruß einen Braten gab, Käß und Brot, und welcher nit käm sunder groß Not, der müst dem Wirt die Ürten gar bezalen, als uff Bremer Marckt. Und uff dis Geloch kam Ulenspiegel, und sie namen ihn zu ihnen für ein Schimpffman, das er mit ihnen Colacion hielt. Als nun daz Geloch ringesweiß umbhargieng, kam es uff Ulenspiegeln auch. Da lud es ein Zergesellen in sein Herberg und koufft ihn ein Bratten und legt ihn zu Feur. Als es nun bei Imbiß wolt werden, da kamen die Zergesellen bei dem Markt zusamen und sprachen undereinander, wie sie wolten Ulenspiegeln zu Eeren gon, und einer fragt den ander, ob niemans wüßt, ob er auch etwaz gekocht hät oder nit, das sie nit fürgebens dar kämen. Und wurden eins, daz sie zusamen wolten dahin gon, besser entpfingen sie den Spot sampt dan einer allein. Also nun dise Zergesellen für die Thür kamen, da Ulenspiegel in zu Herberg waz, da nam er ein Stück Buttr und stiß das hinden in Kerben und kert den Arß hinden zu dem Feür uber den Braten und bedrofft also den Broten mit der Butern uß der Kerben. Und da die Gäst für die Thür kamen und stunden und wolten vermercken, ob er etwas gekocht hät, da sahen sie, das er also stund bei dem Feür und bedroufft den Braten. Da sprachen sie also: »Der Teüffel sei sein Gast, ich iß den Braten nit.« Und Ulenspiegel mant sie umb die Ürten, die sie ihm alle gern gaben, uff das sie von dem Braten nit essen dorfften.

Quelle:
Ein kurtzweilig Lesen von Dil Ulenspiegel. Stuttgart 1978, S. 209-211.
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